Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
ähnliches gestohlen hatte. Da war er wirklich ganz verzweifelt, war aber bald wieder obenauf, als man den Dieb erwischt hat und er sein Zeug unerwartet wiederbekommen hatte. Es ist ja auch eine ganz große Gemeinheit, wenn Kameraden sich untereinander so bemausen.
So – jetzt hatte ich erst mal das Schreiben unterbrechen müssen, Kartoffeln, Milch, Salat, Zigaretten eingeholt. Von letzteren habe ich schon wieder einen ganz hübschen Vorrat. In der Hauptsache bleibt er aber wieder stehen, bis Du auf Urlaub kommst. Gestern war ich nun noch mal bei Frau Dr. Weise. War ½ 11 Uhr dort und bekam die Nr. 23. Habe bis 12 Uhr gewartet und als dann die Nr. 3 dran war bin ich einstweilen zurück und bin zu Mutti. Habe dann dort mit Helenchen bis 3 Uhr geschlafen und war ½ 4 Uhr wieder bei der Ärztin. Um 5 Uhr war ich dann glücklich dran. Sie hat diesmal noch mal untersucht und sagte mir, soweit man es beurteilen und überblicken könnte, läge alles gut. In zwölf Tagen könnte ich schon damit rechnen. Du siehst, die Zeit rückt nun immer mehr in greifbare Nähe. Die Schmerzen und Stechen im Leib, die ich jetzt immer habe, sind schon Senkungswehen.
Wie ist das eigentlich? Telegraphisch kannst Du wohl nicht verständigt werden mit Feldpostnummer. Oder doch? Sonst mußt Du eben warten, bis Dir jemand das Ereignis brieflich mitteilt. Auf dem Nachhauseweg habe ich mir für 50 Pfennige Eis geleistet, und dann war noch Lotte bis gegen ½ 9 Uhr da. Bei dem schönen Wetter haben wir sie noch ein Stück gebracht, denn es ist wirklich wunderbar draußen. Mutti war am Sonntag in der Klinik und hat sie ganz schöne Schmerzen im Ohr, war auch am Montag ganz verzweifelt, weil sie nun schon auf dem einen Ohr nichts hört. Hoffentlich wird es bald besser. Mit Papa war es am Sonntag ganz schlecht. Er hatte Fieber und brach und war ganz teilnahmslos. Lisa war ganz fassungslos und weinte herzzerbrechend. Ich hatte wirklich nicht geglaubt, daß Lisa so an Papa hängt. Sie hätte niemanden mehr, an keinem einen Halt und der Papa sollte doch wenigstens ihr zu Liebe zum Arzt gehen. So ist er dann am Montag mit Lisa früh zu Friedrich, dort wo Hanna ist. Magen ausge...., zwei Stunden geröntgt, Herz und Blut untersucht. Papa hat ein Geschwür am Zwölffingerdarm und muß er ganz Diät leben. Es ist enorm, was er alles nicht essen darf, und was er essen darf, gibt es jetzt nicht zu kaufen. Da bin ich wirklich heilfroh, daß jetzt immer mal von Dir ein bißchen Butter da ist. Da hat er doch wenigstens was Zusätzliches. Ich will Dir auch bald wieder Geld zuschicken. Schreib mir nur mal, an welche Feldpostnummer ich das Geld schicken kann, ganz schnell, ja, kleiner Mann? Nur verstehe ich nicht, wie Du mit dem Geld schon wieder fertig bist. Du hast doch von Grete die 100 Gulden und meine letzten 50 oder 60 Mark. Aber trotzdem wird es schon stimmen, wenn ich es mir so überschlage. Ich würde das Geld schon heute wegschicken, wenn ich wüßte, ob ich es an die alte Nummer oder nach Zwolle schicken soll. Also schreibe ganz schnell, da kannst Du es schon am 20.5. mit ausbezahlt bekommen. Werde Dir da gleich mal 150 schicken, damit Du etwas Spielraum hast. Übrigens gebe ich das Wäsche- und Butterpäckchen nun auch endgültig verloren. Wie Du aber bloß auf die Idee kommst, es mir ausdrücklich zu versichern, daß Du es auch wirklich abgeschickt hast. Als ob ich schon jemals die leisesten Zweifel darein gesetzt hätte. Ich möchte sowas wirklich nicht noch mal hören. Übrigens hat sich jetzt Vater auf der Ortskrankenkasse wegen der Bescheinigung des Arztes für Eure Kompanie erkundigt. Von denen aus muß ich erst nach der Geburt des Kindes die Geburtsurkunde bringen und dann zahlt die Ortskasse den Ausgleich. Ich finde mich da bald nicht mehr zurecht und sollen sie mir nun bald alle gestohlen bleiben. Was meinst Du dazu?
Daß es Dir in Zwolle gefällt, kann ich mir gut vorstellen und das Verladen und der Schiffsverkehr ist ja was für Dich. Da kann ich mir gut vorstellen, wie Du da rumstreuselst. Wie lange bleibst Du eigentlich noch dort?
Nun will ich für heute schließen, kleiner Mann. Ich wünsche Dir einen recht schönen und angenehmen Sonntag, mit viel Sonne, einer guten Tasse Kaffee und Kuchen und schönen freien Stunden und grüße Dich recht recht herzlich und auch einen schönen Süßen.
Dein Robert.
Einen Gruß von Grete, den Eltern, Mutti und Papa.
O.U., d. 9.5. 42
Meine liebe kleine Lenifrau1
Ich sehe schon im Geist
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