Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
Dein enttäuschtes Gesicht, wenn Du morgen Sonntag keine Post von mir vorfindest und dieser Brief erst Dienstag oder Mittwoch bei Dir eintrifft. Aber diesmal bin ich wieder ohne Schuld, denn jetzt, nachdem ich wieder in Zwolle und alles in Ordnung ist, kann ich Dir nun mitteilen, dass ich die ganze Woche in Amsterdam im Lazarett gelegen habe. In meinem letzten Brief hatte ich Dir ja bereits geschrieben, dass ich immer so fror und bin ich am vorigen Sonntag früh hier in Zwolle zum Standortrevierarzt gegangen und hab mich untersuchen lassen, denn ich nahm an, nachdem ich Beschwerden beim Wasserlassen hatte, dass dies von einer Erkältung herrühren könnte. Da der Doktor sich wahrscheinlich nicht ganz im Klaren war, ob es sich um eine Harnröhren- oder Nierenentzündung handelte, musste ich noch am gleichen Tage nach Amsterdam ins Lazarett zur Beobachtung. Du kannst Dir denken, dass ich sehr schlecht gelaunt war, denn es gefällt mir doch hier ganz gut und dazu noch Lazarett, na, ich hatte jedenfalls den Kanal voll und ausserdem noch eine Menge Lauferei, bis ich nachmittags 4 Uhr im Zug sass. Nach vier Stunden Fahrt kam ich in Amsterdam an und bin gleich nach dem Luftwaffenlazarett rausgefahren, wo ich dann sang- und klanglos meinen Einzug hielt. Am anderen Tag Untersuchung, was einem fehlt, erfährt man nicht, Dienstag Spritze, die bis zum Mittwoch mich k.o. setzte, jeden Tag Wasseruntersuchung, jedenfalls war ich froh, wenn ich wieder in der Koje lag und der Arzt am Donnerstag sagte, am Sonnabend, also heute früh, könnte ich wieder zur Truppe fahren. Es ist ja auch besser geworden, aber ich wäre auch halbtot hierher gefahren. Das Essen war knapp und geschmacklos, dazu habe ich mir wieder den Schnupfen geholt und die Luft da drinnen war zum Kotzen. Heute früh um 10 Uhr bekam ich meinen Laufzettel und um 12 Uhr war ich bei allen in Frage kommenden Stellen abgemeldet. Da bin ich dann gleich zum Bahnhof und habe mich nach dem Zug erkundigt und da ich noch etwas Zeit hatte, bin ich in Amsterdams grösstes Warenhaus und habe mir diesen Block gekauft, wo Du nun den ersten Brief davon bekommst. Als ich mich im Lazarett beim Rechnungsführer abmeldete, habe ich mich nochmals wegen der Geburtsbeihilfe erkundigt und auch dieser sagte mir, dass nicht nur aktive, sondern auch Reserveunteroffiziere eine solche bekämen. Er meinte, dass dazu nur die Unterlagen der angeschafften Sachen sowie der Taufschein notwendig wäre. Von einer Bescheinigung eines Truppenarztes wusste er nichts. Aber wie ich Dir schon durch Frau Kolbe mitteilte, ruf nochmals das Standortkommando an und lass Dir einen Truppenarzt nennen und geh zu diesem hin und lass Dir eine Bescheinigung, dass Du Dich bei ihm gemeldet hast, geben. Wenn er es nicht macht, dann haben wir wenigstens nichts versäumt und können dies bei unserem späteren Antrag auf Geburtsbeihilfe mit angeben.
Um 13 Uhr bin ich dann von Amsterdam weggefahren um war um 17 Uhr hier wieder in Zwolle. Ich bin gleich auf meine Dienststelle, wo ich mit grossem Hallo ob meiner eiligen Rückkehr begrüsst wurde. Ein Mann von den zwei, die mit mir gekommen sind, ist schon wieder zur Kompanie zurück und hat dort, so gut er es schon kann, den Betrieb aufgenommen. Ich war dann gleich auf der Abteilung und habe mich zurück gemeldet, dann hab ich meine Sachen mir wieder auf mein altes Zimmer bringen lassen und bin dann ins Wehrmachtsheim und habe mit grossem Genuss Kaffee getrunken. Nach einem kleinen Spaziergang, das Wetter ist jetzt hier wunderbar, Baumblüte und alles grün, bin ich nun dabei, Deine vorgefundenen Briefe zu beantworten. Morgen früh muss ich hier nochmals zum Truppenarzt, da ich ja bis zur völligen Genesung in Behandlung bleibe und anschliessend, das heisst, nach der Vorstellung beim Arzt, gehe ich zum Dienst, denn ich muss ja eine Woche nachholen. Aber wie gesagt, mach Dir keine Sorgen mehr, wenn es etwas Ernstliches wäre, hätte man mich in A. nicht entlassen.
So, nun erst mal recht vielen Dank für Deinen lieben Brief vom 4. u. 5. 5. Die Post habe ich mir heute gleich als erstes überreichen lassen und waren Deine lieben Zeilen ein schöner Empfang für mich hier in Zwolle. Siehst Du, ich fehle doch zu Hause, damit ich Dich wegen Deiner Schmerzen trösten kann, aber in eineinhalb Woche, kleiner Hase, hast Du es ja geschafft und dann wirst Du für alles, was Du bis jetzt und bis zur Entbindung an Schmerzen hast leiden müssen, sicher entschädigt. Und ich habe schmerzlos dann
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