Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
Rang 2. Reihe. Ich freue mich schrecklich mal wieder aufs Theater. Hast Du da nicht auch mal Lust? Hoffentlich ist eine gute Besetzung. Dann war ich heute noch mal in der Nürnberger, denn Mutti hat Mittelohrvereiterung und ist nun heute in der Klinik gewesen. Auf dem einen Ohr hatte sie es ja früher schon mal, da ist es versaut worden und hört sie nun auf dem einen Ohr fast nichts. Hoffentlich wird das andere wieder richtig gut. Halte mal ein bissel Daumen mit. Morgen will ich auch noch mal mit zum Kinderwagenfritzen, denn der hat jetzt Wagen mit Korbplane und Korbumrandung bekommen. Kostet 20 M mehr als meiner. Wenn er meinen umtauscht, schaffe ich meinen wieder hin. Halte also auch dafür die Daumen mit.
Von den Päckchen ist nun noch nichts eingetroffen, und habe ich auch keine Hoffnung für Wäsche und Butter mehr. Deine Mütze ist schon 14 Tage da, das hatte ich Dir doch schon lange geschrieben. Aber nach Butter bin ich wirklich richtig lüstern. Denn es ist wirklich schon lange her, seit ich die letzte Butter bekam, in der Zeit haben die Eltern schon zweimal welche bekommen. Hast Du eigentlich noch Gretes Geld dort? Vielleicht kannst Du mal eine Garnitur für sie erwischen. Und wie sieht es mit dem Morgenrock aus? Ich meine natürlich nicht für mich, sondern auch für Grete. Damit sie mal was für ihr Geld sieht. Sie hat nun im Geschäft gekündigt, Diermann hat nun aber die Kündigung nicht angenommen und machen wir nun ein Gesuch an das Arbeitsamt, denn sie möchte nun wieder nach Hause. Ich möchte Dir jetzt noch mal Geld schicken, kann ich das jetzt auch noch an 26308 schicken, oder wie soll ich das machen. Schreib mir das doch schnell mal.
Nun will ich aber für heute schließen, jetzt will ich noch meine Strümpfe stopfen. Ich will hoffe, daß Du einen angenehmen 1. Mai und schönen Sonntag gehabt hast. Hast Du meine Karte mit den Bildern erhalten. Nun bleib hübsch gesund und behalt recht lieb und nimm viele herzliche Grüße von
Deiner kleinen Lenifrau.
Grüße von Mutti, Papa und Frau Kolbe.
Leipzig, 7.5. 1942
Mein lieber Hans!
Die Karte hast Du wohl nun erhalten, und hoffentlich schafft es der Brief nun auch noch bis Sonntag. Ich sitze nun das erste Mal auf unserem Balkönchen und schreibe und sonne mich gleichzeitig. Es ist aber auch heute ein ganz wunderbares Wetter. Die Linden in der Steubenstraße sind schon grün und hinten im Viereck blühen schon verschiedene Bäume. Der Frühling ist doch schön, nur dürfte ich nicht so kaputt auf den Beinen sein, aber in 14 Tagen ist auch das vorbei, denn auch mein blaues Mäntelchen wird mir jetzt sehr warm. In 14 Tagen soll mir Grete vom Gärtner Blumen in die Kästen setzen und dann ist auch das erledigt. Für Deinen heutigen Brief danke ich Dir recht herzlich, aber die angekündigte Regelmäßigkeit Deiner Briefe habe ich vermißt, denn seit dem letzten Brief sind es trotzdem wieder acht Tage. Jetzt haben wir nun glücklich alles hinter uns. Frau Kolbe hat am Dienstag unsere ganze Wäsche weggeplättet und ich habe das Bettchen hergerichtet. Sieht wirklich ganz entzückend aus. Du solltest es nur mal sehen. An den Seiten die Gardinen gespannt. Kopfkissen, Bezug und Steppdecke bezogen und die Wäsche, die es bei seinem Eintritt in die Welt anziehen soll, bereit gelegt. Jetzt steht das Bettchen schön zugedeckt in unserer Schlafstube und harrt der Dinge, die da kommen sollen. Was ich am Montag in der Stadt alles eingekauft habe, hatte ich Dir ja schon geschrieben. Der Kinderwagen ist mir nicht umgetauscht worden, und als ich nun daraufhin meinen zu Hause ausgepackt hatte, hatte er eine große Schramme an der Seite. Da bin ich Dir vielleicht hin mit dem Wägelchen, und haben sie mir daraufhin den Wagen repariert. Am Dienstag früh brachten Mutti und Tante Hedwig den Wagen dann rausgekurvt. Am Dienstag Abend war ich dann allein zum Spielen, denn Grete hatte noch zu plätten und hat mich dann nur abgeholt. Herbert ist nun in Rußland und hat es ganz schrecklich satt. Sie marschieren den Tag über 40-50 Kilometer, und sind nun schon seit Wochen nicht aus den Stiefeln gekommen. Ein Genuß und Luxus war es, als sie sich einmal an einem Bach waschen und rasieren konnten. Ich danke wirklich Gott, daß das Dir bis jetzt erspart geblieben ist. Arthur ist in der Champagne auf einem Truppenübungsplatz und sind auch Fronttruppe. Auch er hatte es jetzt mal gewaltig satt, als er merkte, daß man ihm seine gesparte Wurst, eine Büchse Fisch u.
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