Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
heute fertig. Schreib mir doch mal auf, wie die Fettcreme hiess und schick mir eine Dose zum Umfüllen.
Was machst Du nun, wo Du so grosse Ruhe wieder hast, arbeite nur nicht so viel und gehe am Sonnabend oder Sonntag mal zu Ilse und gehe mal mit ihnen ins Kino. Folgt denn Heidi und macht sie immer noch brav ins Töpfchen? Heute habe ich nicht viel geleistet, denn bei nichts hatte ich Ausdauer, aber ab morgen muss das anders werden.
Und nun viele liebe Grüsse und Küsse, bleib mir recht gesund und denke oft an Deinen
Dichliebenden Hans.
Viele liebe Grüsse an beide Eltern und und drück mal unseren kleinen Strolch recht von seinem Vati.
Leipzig, den 14.1. 1943
Mein lieber alter Strolch!
Da ist es nun also Donnerstagabend geworden, und ich sitze wieder da und schreibe, und es will mir noch immer nicht in meinen Kopf, daß ich nun wieder allein, und mein großer Lumisch nicht mehr bei mir ist. Man müßte die Zeit während des Urlaubes anhalten können, und jetzt dagegen könnte man ihr einen Tritt geben, daß sie gleich ein paar Monate vorwärts fliegt. Es nützt aber alles nichts, wir müssen eben weiter warten und hoffen, wenn es manchmal auch verflucht schwer fällt. Jetzt bilde ich mir ein, daß Du auch gerade da sitzt und schreibst, und so können wir beide eine ganz schöne Zwiesprache halten. Wie bist Du denn nun in der Stellung wieder angekommen, kleiner Mann, war eine Girlande gezogen? Wir haben hier immerzu an Dich gedacht, wo Du jetzt sein konntest, und gestern Abend bin ich um 20 Uhr mit Dir angekommen und habe Dich bis 11 Uhr am Kanal lang begleitet. Das mußt Du doch gespürt haben, daß alle meine Gedanken immer bei Dir waren. Du mußt nur ja heil aus dem Krieg herauskommen, alter Stromer, denn dann soll es für uns doch erst schön werden, ja, und Du mußt immer daran denken, daß wir Dich ganz schrecklich lieb haben, wenn wir es auch nicht immer so oft sagen, aber das liegt nun mal so in unserer Natur.
So, jetzt habe ich mir erst mal ein Stäbchen angebrannt, überhaupt habe ich heute wieder 50 Stück gekauft, aber das will ich Dir in Zukunft lieber nicht schreiben, sonst wirst Du liederlich, Du. Ja, und nun zu uns. Am Dienstag sind wir um 10 Uhr wieder zu Hause gewesen. Wir hatten Pech, denn die 8 fuhr uns gerade vor der Nase weg, das heißt, ich hatte sie erwischt, bin aber wieder runter gesprungen, weil Vater es nicht mehr geschafft hatte. Sind dann hinter nach der Richard-Wagner-Straße und haben dort 20 Minuten gesessen, ehe es los ging. Ein ganz mieser Wagen, der so innen qualmte, daß schon ein alter Vater aussteigen wollte, weil er für sein Leben fürchtete. Übrigens ist Vater für nass gefahren. Zu Hause bin ich dann gleich in mein Bettchen, in dem ich mir ziemlich verlassen vorkam. Heidi hat diese Nacht gut geschlafen und sich fast gar nicht gemuckst. Es war aber rührend, am anderen Morgen hat sie überall in der Gegend rumgeguckt und gesucht, sie hat Dich bestimmt vermißt. Früh dann der übliche Kram, gebadet, sauber gemacht, usw. und dann habe ich noch an Grete einen Brief geschrieben. Nachmittags nach dem Abwasch bin ich einholen gegangen, und dann haben wir uns noch mal eine Tasse Bohne geleistet. Man hat sich tüchtig mit dem guten Kaffee verwöhnt, und wird es uns jetzt wieder schwerfallen, sich das abzugewöhnen. Gestern Abend habe ich Strümpfe gestopft und Punkt 10 Uhr mich verkrümelt, damit ich ganz in Ruh bei Dir sein konnte. Geschlafen habe ich diese letzte Nacht nicht viel, denn Heidi war mindestens 20 Mal da, und habe ich sie morgens gegen ½ 4 Uhr in mein Bett genommen, wo sie dann auch ganz schön gebooft hat, und früh morgens war sie dann kaum munter zu bekommen. Sie ist den ganzen Tag ziemlich leierig gewesen , wird eben wieder so ein Hackerchen kommen, und wird es wohl nun ein paar Nächte so weiter gehen. Na, ist ja nicht so schlimm, was? Wenn alle Stränge reißen, koche ich auch mal einen leichten Baldriantee. Übrigens war gestern auch der Ofenfeger da, und haben Mutter und ich noch die Küche sauber gemacht. Heute Morgen unzählige Strümpfe gewaschen, und dann bin ich nach der Versicherung in die Ortskrankenkasse gestartet. Von dort wurde ich wie schon vermutet nach der Nonnenmühlgasse geschickt. Also ausgezahlt wurde ich nicht, das gibt es nicht, entweder ich bleibe freiwillig oder es erlischt alles. Ich müßte im Jahr 26 Marken kleben. Allerdings kann für die Dauer des Krieges die Klebepflicht ruhen. Und so werde ich sie wohl nun so
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