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Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946

Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946

Titel: Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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heute morgen für Dich Zeit habe. Eben geht Mutter, geschniegelt und gebügelt und mit frisiertem Haupte. Sie will, daß ich mir auch mal den ‘Vampir’ ansehe, bin aber augenblicklich mal wieder in einer Stimmung, wo ich zu nichts Lust habe und mir alles ziemlich gleichgültig ist. Ich glaube, Du mußt mich erstmal gründlich aufmöbeln, ehe es besser wird. Papa ging es jetzt auch nicht so besonders, wie üblich Magen und Darm, und sieht er sehr schlecht aus. Sag mal, hattest Du an Papa ein oder zwei Päckchen geschickt? Jetzt ist nämlich eins angekommen, was aber vollständig auf war. Außer Zigarren war nichts weiter drinnen. Keine Blumenzwiebeln. Heidis Äpfel sind dagegen angekommen, aber die Verpackung auch ziemlich beschädigt. Unser kleiner Kerl ist jetzt wieder auf der Höhe, Durchfall und Appetitlosigkeit vorbei, und im allgemeinen ziemlich mobil. Sie opert immer in ihrem Wagen rum, daß die ganze Karrete wackelt. Vorhin haben wir beide gelacht, daß uns alles weh tat. Mutti hatte jetzt zwei Briefe bekommen, einen aus Kiel von Tante Grete und einen aus Berlin von Tante Hedwig. Tante Grete schreibt sehr schlimm, sie hatte zur Kur im Krankenhaus gelegen, und wäre regelrecht ausgeräuchert worden von dem Tommy. Das Krankenhaus hatte an allen Ecken und Enden gebrannt. Sie hat ganz schrecklich Sehnsucht, Mutti und alle hier wiederzusehen, ist aber viel zu schwach zur Reise. Tante Hedwig führt eine ganze Menge Berliner Vororte auf, die schwer getroffen sind, u.a. Mariendorf, von der Kaiserstraße soll so gut wie nichts mehr stehen, und das ist ja die Straße, wo Onkel Paul wohnt. Es ist schlimm, Hans, und doch können wir uns glücklich schätzen, daß wir bis jetzt so darum gekommen sind. Gestern wurde ja im allgemeinen mit einem Großangriff gerechnet, war aber nichts geworden. Mutti hatte drin schon einen Koffer mit den wichtigsten Sachen gepackt. Ich will auch noch ein kleines Köfferchen mit ein bissel Wäsche fertig machen. Man kann nie wissen, und besser ist besser. Grete hatte mir am Freitag auch wieder mal geschrieben. Mit ihrem Kind war nichts geworden, und will, nein, wollte sie nun gestern zum Arzt deswegen gehen. Nach der neuen Arbeitseinsatzverordnung wird sie es ja nun erst recht wollen.
    Und nun mal sehen, was ich Dir aus Deinem Brief beantworten muß. Deine Tochter war da, und habe ich sie erst mal aus ihrer Decke rausgeschält, nun babbelt sie und spielt. Was denkst Du, wie sie schon redet. Papap, Maman, dada, deideidei. Siehst Du nun, daß ich auch mit meinen Sorgen zu Dir komme, obwohl ich das nicht dürfte, denn die Heimat soll stark sein. Beruht das also auf Gegenseitigkeit, und bist Du durchaus nicht nur der nehmende Teil. Es ist doch schon immer so gewesen bei uns, daß einer dem anderen sein Herz ausschüttet, und soll auch immer so bleiben. Gezankt haben wir uns doch so gut wie nicht, nur vergesse ich nie, wie Du mal wegen Kohlrüben in die Höhe gegangen bist wie ein Luftballon. ‘Heimkehr zu Thera’ habe ich auch fertig und hat es mir ganz ausgezeichnet gefallen. Hat es Dich nicht interessiert, weil Du es nicht fertig gelesen hast? Wenn Du schreibst, daß es einem Mann schwer fällt, ins Seelenleben einer Frau einzudringen, so muß ich schon sagen, daß die meisten Männer viel zu bequem dazu sind und sich gar nicht die Mühe nehmen. Sie sind zufrieden, wenn alles hübsch und nett ist und eine Frau immer für sie da ist, und wenn vollends was Gutes auf dem Tisch steht, ist das Maß von Glück bei ihnen voll, und vielleicht unbewußt setzen sie da auch bei ihrer Frau voraus und fragen sich nicht, wieweit eine Frau wirklich dabei glücklich ist. Daß es aber auch noch eine ganze Menge andere Dinge gibt, die eine Frau interessieren und die sie schön findet und vielleicht zum Glücklichsein braucht, das wollen die meisten Männer nicht hören und wissen, eben weil sie zu bequem dazu sind. Wenn Du ehrlich sein willst, mußt Du das doch zugeben, kleiner Mann, aber gleich gesagt, Dich meine ich wirklich nicht damit, Du bist mein kleiner alter Stromer, zu dem seine Frau mit allen Sorgen und Nöten kommen kann, und der mich immer versteht. Wie kannst Du überhaupt denken, daß ich Heidi haue, ein Klaps ist wohl mal nicht zu vermeiden, im allgemeinen glaube ich aber, daß man auch ‘ohne’ auskommen kann. Heute kommen nun noch mal 50 M mit, und liegen dann nur noch 50 hier, die kommen im nächsten Brief. Ebenso packe ich heute noch 25 Zigaretten. Wie ist es denn nun mit Deiner

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