Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
war, miserabel abgeschnitten. Der Lehrgangsleiter und ich haben uns verständnisvoll angeguckt und hat die Fragerei bei mir nicht sehr lange gedauert, denn über meine Kenntnisse war er ja schon vorher informiert. Na ja, das war ja zu erwarten und fehlt mir da jedes Geschicke. Gestern hat unser Kompaniechef von Berlin und dann später von der Stellung, wo Rank Walter liegt, angerufen und uns mitgeteilt, dass wir hier bald weg können. Heute hatten wir Stellungsbau und jetzt um 16 Uhr kam ein Funkspruch, dass wir morgen Mittag wegfahren. Ich packe aber erst morgen Vormittag, damit ich das nicht wieder für umsonst mache. Trotzdem scheint es aber ernst zu werden, denn es wurde sofort Dienstschluss gemacht und jetzt eben beauftragte der Batterieführer den Rechnungsführer, unsere Marschbefehle für morgen fertig zu machen. Da will ich nun nachher gleich noch nach der Posthilfsstelle um zu sehen, ob das postlagernde Päckchen von Dir eingetroffen ist. Wenn nicht, dann hinterlasse ich die Adresse der Reformtante, an die das Päckchen dann weitergeschickt werden soll. Ob ich nun morgen noch Deinen in Aussicht stehenden Brief hier bekomme, ist sehr fraglich, der wird wahrscheinlich auch nach Köslin nachkommen. Wenn ich auch sehr froh darüber bin, dass es hier weggeht, so hängt einem die Rumzieherei doch nun langsam zum Halse raus, vor allen Dingen, weil doch allemal die Schweinerei mit der Post ist.
Stellungsbau in Hohenbruch Dezember 1941
Dabei liess Oblt. Mäuser durchblicken, dass wir von Köslin wahrscheinlich noch 14 Tage zu einem Lehrgang nach Stolpemünde, 60 km von Köslin, fahren würden. Aber dort ist es viel angenehmer als hier und hat man dort auch wenigstens Verbindung mit der Aussenwelt, während es hier nicht einmal eine Zeitung gibt. Heute hatte ich gerade zum Mittag Urlaub für morgen Freitag nach Berlin eingereicht, der auch schon wieder bewilligt war und nun natürlich flach fällt. Genau wie Sonntag vor acht Tagen mit Rathenow.
Diese Woche bin ich ziemlich viel Bier trinken gewesen, damit ich zu ein paar Zigaretten kam. Gestern abend wollten die Unteroffiziere mich betrunken machen, aber nach dem siebenten Glas habe ich aufgehört, nicht wegen Angst, dass ich knülle würde, sondern das sinnlose Reinkippen dieser Brühe widerte mich an. ½ 1 Uhr nachts bin ich dann allein gegangen, denn die Brüder, die unterdes 20 mal mehr Gläser getrunken hatten, wollten noch nicht mitgehen. Gegen ½ 2 Uhr kamen sie dann in einem ganz schönen Zustand an. Das Wetter ist hier miserabel, tagsüber nass und dann Nachtfrost, so dass man bis Mittag überall die schönste Eisbahn hat. Nachmittags kann man dann Vergleiche mit russischen Landstrassen ziehen, ohne einen Unterschied dabei zu finden. ... Rank Walter schreibt mir gestern einen Brief, der von Anfang bis Ende ein einziges Klagelied war. Essen und Unterkunft genau so schlecht wie bei uns hier. Sonst wüsste ich von mir nichts weiter zu berichten, als dass mein erster Gang in Köslin ins Bad geht. Nun wünsche ich Dir einen recht schönen zweiten Advent, der gerade auf den siebenten fällt, kleiner Hase, der für Dich nun wieder ohne eine kleine Aufmerksamkeit ausfällt. Aber in Gedanken bin ich bei Dir und hoffe, dass Du es Dir recht gemütlich machst. Ich werde zur Feier des Tages in Köslin Kaffeetrinken, anschliessend ins Kino und dann einen Schoppen Wein trinken gehen. Bist Du mit dem Programm einverstanden oder ist das zuviel? Aber ich habe direkt Sehnsucht mal auszugehen. Nun will ich eine Weile aufhören, denn ich will erst mal nach dem Päckchen gehen und schreibe dann weiter.
Anhalter Bhf., Freitag 14 Uhr. Das Päckchen ist gestern nicht gekommen und wird nun nach Köslin nachgeschickt. Gestern habe ich noch Wildragout gegessen ohne Marken und sind wir ziemlich spät nach Hause gekommen. Nun fahren wir um 16 Uhr weiter und sind gegen 21 Uhr in Köslin. Was dann wird, wieder mal ein grosses Fragezeichen. Schicke die Post bitte wieder unter L 26308 Lg.P.A. Berlin. Für heute will ich schliessen, denn mit der Schreiberei wird es hier doch nichts. Noch 23 Tage bis zum Urlaub!!
Recht viele Grüsse und Küsse
Dein Hans.
Viele Grüsse an die Eltern.
Brieffragment von Hans vom 6.12.1941
...Hungerkur, nicht nur geistig, sondern auch was den Magen anbetraf. In der Kompanie hat sich unterdes auch allerhand ereignet. 70 Mann sind neu gekommen. 100 Mann sind zur Zeit in Stolpemünde zum Lehrgang, aber wir bleiben hier. Schlingner, der bei
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