Bleib uns gesund und behalt uns lieb 02: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
vermeidbare Strapaze gewesen und hoffe ich nun, dass es ihr gelungen ist. Wir sind dann um 4 Uhr losgefahren, zuerst mussten wir stehen, aber in Kreiensen bekam ich einen Sitzplatz. Da der Zug wieder umgeleitet wurde, war die Fahrt eine Quälerei, erstens voll, dann eine Menge Gepäck und 6 Stunden Fahrt für 161 km. Um 10 Uhr waren wir in Hannover und um 11 Uhr ging es weiter, sodass wir heute früh ½ 2 Uhr hier eintrafen. Nun war es Sperrstunde und hatten wir die Wahl, entweder auf dem Bahnhof bis früh ½ 5 Uhr zu warten oder den Weg zum Lager zu riskieren. Wir entschieden uns für letzteres und ging alles gut bis kurz vor die Tommykaserne. Da bog hinter uns ein Auto ein; wir sahen es am Scheinwerferlicht und zum Glück war eine kleine Böschung da. Wir runter vom Weg und lang hinter die Böschung gelegt. Als das Auto vorbeifuhr, sahen wir, dass es ein Streifenwagen des Tommy war, also in der letzten Minute nochmals Schwein gehabt, denn das hätte drei Tage Bau gekostet. Dann sind wir vor der Kaserne weg und waren nach sieben Minuten im Lager. Geschlafen habe ich dann bis 9 Uhr und wurde vom Hunger wach. Zuerst gewaschen und rasiert, denn ich sah furchtbar aus und dann unsere Sonnabend und Sonntagverpflegung geholt und anständig gefrühstückt. Nachmittags war ich bei Freises, da ich meine Sachen holen wollte, aber es war niemand da. Die Heidi hat sich riesig über die Abziehbilder und vor allem über die Puppe gefreut und wurde ich gleich zum Kaffee eingeladen. Um 5 Uhr war ich wieder hier und nun bin ich am Briefe schreiben. Dann geht es aber gleich in die Falle, denn ich bin hundemüde. Sage bitte Mutter, dass ich ihr morgen schreibe und bekommt sie den Brief dann einen Tag später als Du.
So, kleine Frau, das war nun unsere Rückreise, sie war nicht so unkompliziert wie die Hinreise, aber es ist alles noch gut gegangen. Wenn Erie zurückkommt, werdet Ihr es wohl noch genauer hören, denn alle Einzelheiten habe ich doch nicht mehr im Kopf. Es tat mir leid, dass ich Erie nicht nach Holtensen bringen konnte, aber es klappte zeitlich nicht mehr bei mir. Ich habe ihr die Marken für die Zwiebäcke und die Wurst mitgegeben und soll sie Dir drei Pfund Zwieback u. 175 Gramm Wurst mitbringen. Dafür habe ich für sie schon sieben Feuersteine a 10.– M umgesetzt, so dass sie wenigstens in dieser Beziehung mit ihrem Schwager zufrieden sein kann. 50.–M will ich ihr heute noch schicken, den Rest von 20.– M bekomme ich am 15. März.
Heute früh bekam ich nun die für mich inzwischen eingegangene Post, es waren Deine lieben Briefe vom 29.1. und 7.2., von Mutter ein Brief vom gleichen Tage, sowie die Berliner. Die Briefe haben sich zwar zum Teil zur Beantwortung erledigt, aber mal sehen, ob noch was zu beantworten ist. Aber nochmals vielen Dank dafür, kleine Frau. Es ist ja nun inzwischen in dem Befinden Deines Vaters eine Besserung eingetreten und hoffe ich nur, dass es immer besser mit ihm wird. Wie war es denn zu seinem Geburtstag mit ihm und wie geht es ihm jetzt? Grüss ihn recht vielmals von mir und wünsche ich ihm recht schnelle Gesundung. Erie sagte mir, dass Lisa eine dicke Backe gehabt hätte, deswegen wird sie wahrscheinlich auch nicht gekommen sein am Mittwoch. Auch sie kannst Du von mir grüssen. Wenn ich bis morgen früh kein englisches Stäbchen bekomme, lege ich Dir eine deutsche bei und die Dir versprochenen bekommst Du auch noch. Den Schnaps will ich mal Herrn Freise geben, er soll sie zu den Tommys mitnehmen, sonst gehe ich selbst auf den Handel. Er soll erst nach Bohnenkaffe und wenn nicht, dann Zigaretten verlangen. Die Kartoffelangelegenheit hat sich ja erledigt, hoffentlich bist Du wirklich mit meinem Mitgebrachten ausgekommen, dass Dir jetzt nichts fehlt. Wegen der Eisenbahn fragst Du mal in der Könneritzstrasse, damit alles in Ordnung kommt. An mein Federbett denke ich mit Wehmut, auch wenn es zu kurz ist, denn der Strohsack hier behagt mir gar nicht mehr. Das wäre eigentlich alles und nun komme ich schon mit einigen Anliegen. Zuerst, meinen Rasierpinsel habe ich liegen gelassen, den schickst Du mir mal gelegentlich. Aber dankbar wäre ich Dir, wenn Du mir noch so eine Mappe Briefpapier von Vater besorgen lässt und mir als Einschreiben schickst. Ausserdem vergesst nicht die nächste Berliner und ab und zu mal eine Zeitung.
Liebe kleine Lenifrau! Nun haben wir den letzten Urlaub hinter uns, denn wenn ich bis Ende Mai nicht entlassen werde, so tue ich das dann selbst. Ich danke Dir, dass
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