Bleib uns gesund und behalt uns lieb 02: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
ein halbes Pfund Butter gekauft, kostet dort pro Pfund ..., also wird Eure nächste auch wieder billiger. Morgen mache ich nun wieder mal ein kleines Paket fertig und zwar ein Schreibblock wie dieses Papier, ist noch das beste, für Dich, dazu eine Batterie für Helenchen und eine für Dich, dann eine Tube Zahnkreme und etwas Stopfwolle u, als wertvollstes drei Füller. einen für Helenchen, einen für Mutter und einen für Lisa. Preis für Lisa 50 Zigaretten, nicht mehr und nicht weniger. Mich haben diese drei Füller auch noch Zigaretten gekostet und es waren meine letzten 24. Kleine Frau, ich hoffe, dass Du mit mir zufrieden bist, denn nun hat ja Helenchen wieder einen. Hat denn Erie geschrieben, wann sie kommen will, fährst Du da nach Leipzig?
Heute war ein ganz vermasselter Sonntag. Früh war Feierstunde anlässlich des 30. 4) , der Leutnant kam erst aus der Stadt, sodass es glücklich 11 Uhr war, als er seine Rede vom Stapel gelassen hatte. Um 12 Uhr war Gemeinschaftsempfang, aber ich musste mit dem Rad nach Arnheim rein und war gerade zum Schluss der kurzen Rede wieder zurück. ½ 2 Uhr waren wieder mal Luftkämpfe und nach der Parole habe ich bis 4 Uhr geschlafen, dann bis ½ 7 Uhr gearbeitet und nun will ich Abendbrot essen und dann geht’s in die Falle. Morgen ist Schiessen angesetzt, da vergeht auch wieder ein halber Tag und dann ist die Woche wieder bald herum. Hast Du schon den Kippentabak auf den Weg gebracht? Meinen letzten Brief hast Du doch nun erhalten und will ich mal sehen, ob von Dir morgen der angekündete Brief ran kommt.
Dir und Heidi wieder recht viele Grüsse und Küsse und bleibt mir recht gesund. Grüsse bitte die Eltern und Bohns von mir.
Dein Dichliebender Hans.
O.U., den 2.2. 44
Liebe kleine Lenifrau!
Da bin ich ja viel besser dran als Du, denn pünktlich treffen Deine Briefe jetzt ein und danke ich Dir vielmals für Deinen letzten vom 29.1. Woran es liegt, dass meine Briefe so lange dauern, kann ich mir nicht denken, habe doch regelmässig zweimal in der Woche geschrieben. Sehr erfreulich ist zu hören, dass nun Heidi wieder auf dem Posten ist, weniger schön ihre kleinen Rüpeleien, aber wenn Du ihr nichts durchgehen lässt, dann wird sich das auch wieder geben. Dass sie beim Spielen und Essen so forsch ins Zeug geht, ist ja nicht verkehrt und zu einem kleinen Diktator wird sie sich unter Deiner Führung schon nicht entwickeln. Sonst scheint sie sich ja wirklich wohl zu fühlen und hat sie doch wie es scheint ganz gute Spielkameraden; es ist bloss gut, dass sich Kinder über Krieg keine Gedanken machen und ganz dem Augenblick leben, sodass sie nur die materielle Seite zu spüren bekommen. Hoffentlich kommt es nicht noch mal zu einer solchen Entgleisung, dass sie nach Dir schlägt, aber ich glaube, dass Deine Erziehung ohne viel Worte guten Erfolg haben wird. Jedenfalls hat sie es doch schon gemerkt, dass sie Dir wehgetan hat und wird sie es auch nicht sogleich vergessen. Bei ‘dem Bad auf der Tenne‘ hätte ich schon dabei sein mögen, da wird Heidi wohl schön geplätschert haben; sie wird wohl mal genau so eine Wasserratte werden wie ihre Mutti. Mit den Angriffen auf Berlin ist es jetzt wirklich schlimm, hast Du schon was von Heinz wieder gehört? Er soll nur machen, dass er wieder nach Ungarn kommt, das ist für ihn und Eri das Beste. Wenn bei Euch das Wetter so ist noch wie hier, dann bedaure ich Euch wirklich, Sturm und Regen, da könnt Ihr ja gar nicht aus dem Haus gehen und da wirst Du vor Heidis Tatendrang auch keine Ruhe finden. Hoffentlich gerät sie mit ihrem Hammer nicht auf die unmöglichsten Ideen, aber möglich ist bei Kindern alles und muss man da etwas Humor besitzen. An Frau Ziemer will ich gelegentlich auch mal schreiben, auch an Schramms, von denen ich gestern ein Briefpäckchen mit 24 Zigaretten bekam, das war Hilfe zur rechten Zeit, denn ich hatte schon sechs auf Pump geraucht. Deswegen hatte ich auch den Kippentabak angemahnt, darüber bin ich aber nicht böse, dass Du ihn noch nicht geschickt hast, aber Du schickst ihn nun mit weg. Du, das mit der Strassenbahn war kein Hohn, sondern hier behauptete ein Feldwebel, im Reich dürften Strassenbahnen sonntags nicht mehr verkehren. So langsam wird ja in Leipzig wieder Geschick reinkommen, obwohl damit die Zerstörungen auch nicht aus der Welt geschaffen werden. Es sind ja jetzt viele, die an der Vergeltung zweifeln, aber eine Vergeltung, die nicht zum Schluss führt, hat doch auch keinen Sinn.
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