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Bleicher Tod - Winkelmann, A: Bleicher Tod

Bleicher Tod - Winkelmann, A: Bleicher Tod

Titel: Bleicher Tod - Winkelmann, A: Bleicher Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Winkelmann
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kippte heraus, der Brief landete auf dem Garagenboden.
    Nicola hatte mit einem Wutausbruch gerechnet, aber nicht so schnell, sondern erst, wenn er den Brief gelesen hatte. Sie wandte sich ab und lief auf die offenstehende Verbindungstür zum Haus zu. Als sie sie durchquerte, trat sie den Keil beiseite, und die Tür fiel hinter ihr zu. Das verschaffte ihr genau die paar Sekunden Zeit, die sie brauchte.
    »Komm sofort hierher«, brüllte er, nachdem er die Tür geöffnet hatte.
    Das erste Messer befand sich in der Küche griffbereit auf der Ablage neben dem Obst. Im Vorbeilaufen griff Nicola danach, so wie sie es geübt hatte. Sie erwischte den Griff perfekt, lief damit noch ein paar Schritte weiter, drehte sich dann um und ließ die Klinge durch die Luft schnellen.
    Ihr Mann, der erschreckend schnell aufgeholt hatte, konnte nicht mehr stoppen. Er lief in die Bewegung hinein, und das Messer schnitt ihm durch die rechte Wange. Er schrie auf, stolperte aber weiter auf sie zu und riss sie mit sich.
    Noch im Fallen versuchte Nicola, ihm das Messer in den Bauch zu rammen, doch er war zu nah dran, sie konnte nicht ausholen. Schon gingen sie zu Boden, und die Klinge wurde nach rechts weggedrückt.
    Dann traf seine flache Hand sie im Gesicht. Kein wirklich harter Schlag, da war sie Schlimmeres gewohnt. Als er nach dem Messer greifen wollte, schaffte Nicola es, ihn von sich zu stoßen. Er kippte nach hinten gegen den Küchentisch. Nicola robbte von ihm weg, bis sie die zweite Tür im Rücken spürte. Einen Moment überlegte sie, ob es Sinn machte, das Messer zurückzuholen. Sie entschied sich dagegen. Es lag zu nah bei ihm.
    Ihr Mann hielt die Hand auf die Wunde in seinem Gesicht gepresst. Blut lief ihm über das Kinn in den Hemdkragen. Er nahm die Hand weg und betrachtete es.
    »Das wirst du büßen.«
    Nicola wartete nicht ab. Sie schnellte hoch, lief durch den Flur und zur Treppe. Als sie die Hälfte der Stufen geschafft hatte, bekam er ihren rechten Fuß zu fassen. Nicola schrie, trat mit dem linken Bein aus, traf ihn aber nicht. Er schlug ihr mit der Faust hart in den Nacken. Einen Moment wurde alles schwarz. Ohne sich wehren zu können, musste Nicola sich von ihm am rechten Bein ins Wohnzimmer zerren lassen. Dort ließ er sie fallen, stützte sich auf seine Oberschenkel ab und versuchte zu Atem zu kommen. Sein blutiges Gesicht war vom Irrsinn entstellt.
    Nicola erholte sich. Sie drehte sich herum, wollte zum Sessel, denn hinter dem Kissen lag das Tortenmesser. Es war zwar nicht besonders scharf, hatte aber eine lange, schmale Klinge.
    Er kam ihr zuvor. Packte sie bei den Haaren und zog sie auf die Beine. Dann schlug er ihr brutal in den Magen. Nicola klappte zusammen. Sie konnte nicht mehr atmen, sich nicht mehr bewegen, nichts mehr … Verloren … Sie hatte verloren … So oder so würde sich jetzt alles ändern.
    Er warf das Kissen beiseite und fand das Messer.
    »Du hinterhältige Schlange«, stieß er mühsam hervor.
    Dann stellte er sich breitbeinig über sie, packte abermals ihren Kopf bei den Haaren, zog ihn hoch, überdehnte ihren Hals und legte die Klinge an ihre Kehle.
    Nicola spürte nichts mehr außer dem schmalen Metallgrat an ihrem Hals. Während des langen Nachmittags hatte sie sich auch auf diesen Ausgang des Kampfes vorbereitet. Gerade sie wusste ja, wie schwer es war, gegen ihn zu bestehen. Egal, dieses Risiko war sie gerne eingegangen. Wichtig war nur, dass es auf irgendeine Art zu Ende ging, denn in ständiger Angst zu leben kam nicht mehr in Frage.
    Till the world turned to orange , sang Marianne in ihrem Kopf.
    »Dafür werden wieder die anderen büßen«, sagte ihr Mann.
    Im selben Maße, wie der Kunststoffriemen durch das Scheuern an der Metallkante immer dünner wurde, wurde auch die Haut an ihren Handgelenken immer dünner – nur dass sie viel früher nachgab. Miriam spürte das Blut warm an ihren Fingern hinabrinnen. Doch die Schmerzen interessierten sie nicht; alles, was zählte, war, die verdammten Fesseln loszuwerden. Sie arbeitete hektisch und ohne Pause und spürte einen beginnenden Krampf in der Schultermuskulatur.
    Sie hielt einen Moment inne.
    Lauschte dabei.
    Keine Geräusche außer denen des Sturms.
    Der Krampf in der Schultermuskulatur ließ nach, und sofort begann Miriam wieder zu scheuern.
    Nach weiteren zwei Minuten gab es plötzlich einen Ruck, und ihre Hände waren frei.
    Stocksteif blieb Miriam über dem Abfluss liegen und konnte es nicht glauben. Ganz langsam und mit

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