Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bleicher Tod - Winkelmann, A: Bleicher Tod

Bleicher Tod - Winkelmann, A: Bleicher Tod

Titel: Bleicher Tod - Winkelmann, A: Bleicher Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Winkelmann
Vom Netzwerk:
ich bisher keine Bilder gefunden habe. Dafür aber drei Mails, die aussagen, dass sie sich mit diesem Indigo treffen wollte … Nur keine, der man entnehmen könnte, ob sie sich tatsächlich getroffen haben.«
    »Meinst du, sie ist auf einen Perversen hereingefallen?«
    »Scheiße, ja! Es ist unglaublich, dass das diesen Hühnern immer noch passiert. Lesen die keine Zeitung, oder was! Selbst schuld, könnte man sagen.«
    »Jetzt mach aber mal halblang«, empörte sich Jördis. »Nur weil ich mich ausziehe, bin ich doch kein dummes Huhn.«
    Er drehte sich zu ihr um, schob seine Hände unter das Handtuch und fuhr an ihren nackten Hüften aufwärts.
    »Stimmt, keine Federn.«
    »Hey, ich meine es ernst. Du musst an deiner Einstellung arbeiten.«
    Sie trat einen Schritt zurück und entzog sich ihm.
    Er ließ die Hände auf seine Oberschenkel fallen und zuckte mit den Schultern.
    »Die Dummheit der Menschen ist nicht behandelbar, daran ändert auch meine Einstellung nichts.«
    »Wahrscheinlich nicht. Aber vielleicht ändert sich für das Mädchen was, wenn du die Sache ernster nimmst und deinen Zynismus mal stecken lässt.«
    »Tu ich doch. Ich fahre noch heute Vormittag zu den Eltern und nehme sie ordentlich ins Gebet. Jede Wette, dass die nicht wissen, wie umtriebig ihre Tochter im World Wide Web ist.«
    »Wusste meine Mutter auch nicht. Und ich hab auch Nacktaufnahmen eingestellt.«
    Er riss die Augen auf. »Was hast du?«
    »Wach auf, alter Mann, wir leben im 21. Jahrhundert. Jeder stellt alles ins Netz.«
    »Ich nicht.«
    »Das will ja auch keiner sehen.«
    »Was soll das denn heißen?«
    Jördis machte eine abwertende Handbewegung und lief zurück zum Bad. Bevor sie darin verschwand, nahm sie das Handtuch herunter und gewährte ihm einen Blick auf ihren nackten Hintern.
    Alex sah ihr grinsend nach.
    Als sie sich kennen gelernt hatten, hatte er ihren Vornamen gegoogelt. Jördis kam aus dem Isländischen und vereinte hjorr – das Schwert – mit dis – die Königin. Königin des Schwertes. In Alex’ Vorstellung war das eine waschechte Amazone, eine Kämpferin, die sowohl das Schwert als auch die übrigen, weniger physischen Waffen einer Frau einzusetzen wusste.
    Er kannte Jördis seit drei Monaten, und in dieser Zeit hatte er bei sich selbst eine Veränderung festgestellt. Ihre Spontanität und Lockerheit färbten deutlich auf ihn ab. Er war längst nicht mehr so verkrampft. Sie tat ihm gut, keine Frage. Mal sehen, wie lange das so blieb.
    Was die Dauer seiner Liebschaften anging, lag sein Rekord bei zwölf Monaten. Die Frauen, die er bisher kennen gelernt hatte, waren alle an einer festen, soliden Beziehung interessiert gewesen. In der Konsequenz wahrscheinlich mit Haus, Kindern und privater Rentenversicherung. Für die meisten Leute mochte so ein Leben erstrebenswert sein, für ihn war es das nicht. Er hatte es versucht, hatte ein ganzes Jahr an der Seite einer Frau ausgehalten, die ihn auf subtile Art zu domestizieren versucht hatte. Es hatte nicht geklappt.
    War Jördis anders?
    Auf jeden Fall war sie jung, aber das allein machte den Unterschied nicht aus. Ihr Charakter schien genauso unstet und freiheitsliebend wie seiner. Eine Frau wie sie, die sich nicht wirklich binden wollte, war genau die richtige für ihn. Dafür nahm er ihre übermäßige Spontanität und Kratzbürstigkeit gern in Kauf.
    Gegenüber dem weitläufigen Gebäude der Polizeiinspektion Lüneburg befand sich in einer Seitengasse das Café Roberta, eher ein kleines Bistro denn ein Café, in dem Roberta persönlich kochte, bediente und die Gäste bei Laune hielt. Die Beamten und Beamtinnen der Inspektion sicherten Roberta ihren Lebensunterhalt, und sie bedankte sich dafür mit ausgezeichnetem Essen zu fairen Preisen.
    Barbara Sternberg traf ein paar Minuten vor neun vor dem Café ein. Sie fuhr einen uralten, grau lackierten Mercedes mit Weißwandreifen; ein gepflegtes, elegantes Auto, und so, wie Dr. Sternberg sich in ihrem langen, schwarzen Wollmantel daraus hervorschälte, hätte Nele sich keine passendere Person hinter dem hölzernen Steuer vorstellen können.
    »Guten Morgen!«, rief die Psychologin vom Bürgersteig her, nachdem sie das Flaggschiff souverän eingeparkt hatte.
    Sie wirkte frisch und ausgeschlafen. Das konnte Nele von sich selbst nicht behaupten. Sie hatte noch lange wach im Bett gelegen und gegrübelt. Die Art von Grübelei, bei der man die Gedanken hin- und herwälzte, ohne auch nur einen Deut weiterzukommen.
    Nele

Weitere Kostenlose Bücher