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Bleiernes Schweigen

Bleiernes Schweigen

Titel: Bleiernes Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ferruccio Pinotti , Patrick Fogli
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klingt.
    Daniele hält dagegen.
    »Er ist es noch immer. Ich lese, was er schreibt. Und auch wenn er es nur selten tut, es lohnt sich immer.«
    Er hat recht, ich weiß. Wenn ich will, dass er sich weniger wie ein Vater aufführt, muss ich mich weniger als Sohn fühlen, weniger schuldig, weniger voreingenommen. Weniger neidisch auf das, was er ist und ich nie sein werde. Ein titanisches Unterfangen, aber es gibt keine Alternative.
    Ich entkorke den Wein, der genauso gut ist, wie ich ihn in Erinnerung habe. Dann wechselt das Gespräch zu Elenas Notizen und jenem verdammten Julitag.
    »Hast du gelesen, was ich dir gegeben habe?« Die Unterlagen meiner Frau über die Attentate von ’93. Die Urteile.
    Ich fülle erneut die Gläser. Er trinkt.
    »Das Killerkommando der Anschläge ist ein wichtiges Detail. Oberste Mafiahierarchie. Die Vorbereitungen werden Anfang ’92 getroffen. Als sie im Februar nach Rom fahren, organisieren sie die Basis, suchen Falcone und Martelli. Sie beschließen, dass Maurizio Costanzo ein leichteres Ziel ist, und um ihn auszuschalten, brauchen sie Sprengstoff. Sie bitten Riina um Erlaubnis, doch Riina pfeift sie nach Hause zurück. Es gibt hier unten Wichtigeres zu tun, sagt er. Als sie nach Sizilien zurückkehren, ist Salvo Lima noch am Leben. Das Attentat auf Costanzo wird um ein Jahr verschoben. Und es sind Ferraras Männer, die die Bomben in Rom und Florenz hochgehen lassen. Costanzo, die Kirchen, Via die Georgofili. Das sind die Männer. Immer und überall. Nur in der Via d’Amelio nicht. Hast du dich mal gefragt, warum?«
    »Für eine so große Aufgabe braucht man Leute, die sich darauf verstehen.«
    »Leuten, denen man eine solche Aufgabe gibt, muss man vertrauen. Das Schema ist sehr genau. Nach dem Ende des Maxi-Prozesses musste ein Signal gesetzt werden. Das geht aus dem Urteil von Capaci ganz deutlich hervor. Die Abfolge war bereits beschlossen: Lima, Falcone, Mannino. Brusca ist bereit, doch er wird zurückgepfiffen und Mannino bleibt verschont. Fast überstürzt ist nach Falcone Borsellino dran. Das sprengt die Bank. Mit der Folge, dass wir über die anderen Bomben alles und über Borsellino fast nichts wissen. Es sei denn, man will Curatolo glauben.«
    Er schneidet den Speck.
    »Ich wusste gar nicht, dass du kochen kannst.«
    Er lächelt. Sein Blick wandert zwischen Teller und Herd hin und her.
    »Ich lebe allein und esse gern. Eine Frage der Notwenigkeit. Ich hoffe, du magst Amatriciana.«
    »Und wie!«
    »In einer Viertelstunde gibt’s Essen.«
    Ich lehne mich auf den Tisch, beobachte seine Handgriffe, die Präzision, mit der er die Zutaten mischt. Die Küche füllt sich mit Duft. Ich denke an seine Eskorte vor der Tür. Er sagt mir, hin und wieder kochten sie sich ein paar Spaghetti, der Chef der Eskorte liebe Aglio e Olio, und wenn er damit fertig sei, schließe er sich mit seiner Zahnbürste und seiner Zahnpasta, die er von zu Hause mitbringe, stundenlang im Bad ein.
    »Die sind seit einer Ewigkeit bei mir. Es ist schwer, sich vorzustellen, dass einige der Menschen, die mir etwas bedeuten, mit einer Knarre in der Tasche vor meiner Haustür leben.« Er probiert die Sauce. »Erzähl mir von diesem Polizisten.«
    Ich gieße mir einen Schluck Weißwein ein und fange an. Das, was mir über die Lippen kommt, ist weniger eine Schilderung als eine lose Abfolge von Eindrücken. Als ich fertig bin, ist er dabei, die Teller zu füllen.
    »Helden und anständige Leute. So hatte ich das noch nie gesehen. Was mich betrifft, fällt das eher in die Kategorie der Dinge, die getan werden müssen.«
    »Pflicht?«
    »So etwas in der Art, ja. Aber ich würde es weniger drastisch formulieren. Richtig und falsch vielleicht eher. Ich finde es schwierig, die Grenzen zu ziehen.« Er stellt die Teller auf den Tisch. »Wollen wir essen?«
    Einen Moment lang reden wir über andere Dinge. Fußball, was für schlechte Spieler wir waren, was er gerne kocht, Giulia und ihr amerikanisches Abenteuer.
    Dann wechseln wir ins Wohnzimmer hinüber, in den üblichen Papierwust. Die Pause ist vorbei.
    »Ich bin Elenas Notizen durchgegangen«, sagt er. »Alle.« Er setzt sich auf die Armlehne des Sofas. »Viele Dinge sind in ihrem Kopf geblieben, man kann nur Vermutungen über sie anstellen. Andere sind klarer.«
    »Denkst du dabei an Patti?«
    »Ja, genau. Oder besser, an Pattis Telefone. Doch zuerst will ich noch eine Sache klarstellen. Nicht alles, was darin steht, ist auf dem Mist deiner Frau gewachsen.«
    »Nach

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