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Bleiernes Schweigen

Bleiernes Schweigen

Titel: Bleiernes Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ferruccio Pinotti , Patrick Fogli
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dem, was ich meinem Vater aus der Nase ziehen konnte, würde ich auf Giuseppe tippen, oder wie auch immer der heißt.«
    Daniele nickt.
    »Oder diese Clara, die sie in Palermo getroffen haben.«
    »Ich habe meinem Vater gesagt, dass ich die gern treffen würde«, sage ich und verstumme. Da ist etwas, das ich einfach nicht loswerde.
    »Wer zum Teufel sind diese Leute, Daniele?«
    »Ich habe keine Ahnung. Ich glaube, es ist sinnlos, sich darüber den Kopf zu zerbrechen.« Er macht eine Pause. »Sagen wir mal so. Wenn Giordano, Ceccarelli und die Leute vom Castello die offizielle Linie des SISDE vertreten, dann sind die anderen nicht vom selben Verein.«
    »Dasselbe hat Giuseppe auch gesagt.«
    »Richtig. Aber würdest du einen Geheimdienstmann fragen, welchem Geheimdienst er angehört? Und wenn er dir antworten würde, würdest du ihm trauen? Es gibt keine umgeleiteten Nachrichtendienste, mein Freund. Es gibt die Geheimdienste. Sie sind da und sie sind geheim, um Dinge zu tun, von denen niemand etwas wissen soll. Für den Rest gibt es die Polizei und die Carabinieri. Glaubst du nicht?«
    »Also wissen sie Bescheid. Und trotzdem unternehmen sie nichts.«
    »Bist du sicher, dass sie das könnten? Du setzt als selbstverständlich voraus, dass das Wissen um das, was geschieht, ausreicht, um es zu verhindern. Allerdings gibt es viele Arten, um zu erreichen, das etwas nicht eintritt. Manchmal genügt es, irgendwelche Nachrichten durchsickern zu lassen. Vorausgesetzt, man tut es rechtzeitig.«
    Ich nicke. Stille senkt sich über den Raum. Dann fängt Daniele wieder von vorn an.
    »Wir waren bei Pattis Telefonen stehengeblieben.«
    Er steht auf, zieht eine Zigarette aus einer MS-Schachtel und sieht mich fragend an. Ich habe seit einer Ewigkeit keine mehr angerührt, doch alle, die ich treffe, scheinen wieder angefangen zu haben. Ich strecke die Hand aus. Daniele hält mir die angezündete Zigarette hin.
    »Willkommen zurück im Reich des Übels.«
    Der erste Zug endet in einem Hustenanfall. Dann wird es allmählich besser.
    »Also, Patti«, sage ich.
    Daniele grinst.
    »Besser, wir reden darüber, ehe du erstickst. Er wird im Frühjahr ’93 verhaftet, zwei Monate nach Riina. Doch Elena ist vor allem an seinen Telefonen interessiert.«
    Ich denke an die Notizen. Unter den Sachen, die ich nicht verstanden habe, sind ein paar Dutzend Blätter mit Verbindungslisten. Vier Telefonnummern und mehrere Anrufe, die mit Rotstift unterstrichen sind.
    »Im Unterschlupf, in dem er gefasst wird, findet man einen Taschenkalender der Abgeordnetenkammer. Schon allein das …!« Er kniet sich auf den Boden, blättert ein paar Papiere durch und hält mir eines hin. »Hier ist die Kopie. Darin stehen die vier Nummern aus den Listen.«
    Wieder kramt er zwischen den Papieren, zieht einen dicken Stapel hervor und legt ihn beiseite. Auf der Schwarzweißkopie sieht der Rotstift meiner Frau grau aus.
    Er setzt sich zurück auf die Sofakante.
    »Früher war es ziemlich einfach, ein Handy zu klonen. Das war Steinzeit. TAC-Technologie. Eine Seriennummer reichte. Die steht im Taschenkalender neben der Telefonnummer.«
    »Alle Zutaten, die man braucht.«
    »Genau. Doch eines ist merkwürdig. Als die Nummern überprüft werden, stellt man fest, dass sie nicht aktiv sind. Nicht eine. Zumindest der damaligen Telefongesellschaft zufolge. Heute hingegen weiß man, dass das Tochterunternehmen dieser Gesellschaft eng mit den Geheimdiensten zusammengearbeitet hat.«
    Ich lasse mich aufs Sofa fallen. Schließe die Augen. Die Rechnung ist kinderleicht. Donato Patti bringt sich Ende Juli ’93 im Knast um. Zwei Tage nach den letzten Bomben, denen von Mailand und Rom.
    »Wem gehören diese Nummern?«
    Ich frage es, ohne die Augen zu öffnen, als machte die Antwort mir Angst. Daniele geht über meine Frage hinweg.
    »Im Taschenkalender der Abgeordnetenkammer findet sich die Handynummer des Mannes, der Ignazio Salvo umgebracht hat. Und in Pattis Unterschlupf werden außer den Nummern ein Passbild von Bagarella und zwei geklonte NEC-Handys gefunden.«
    Ich versuche mich in einem höhnischen Grinsen.
    »Defekt Nummer 2«, sage ich.
    Daniele nickt.
    »Was für ein aufgewecktes Kerlchen du doch bist. Defekt Nummer 2, mögliche Klonation im Gange. Der Zettel mit Ceccarellis Telefonnummer in Capaci und das gleiche Handymodell, das im Unterschlupf gefunden wurde.«
    »Eine Warnung.«
    »Wer weiß. Sicher ist, dass sechs Wochen nach der Bombe von Capaci irgendjemand genau dieses

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