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Blessed - Für dich will ich leben (German Edition)

Blessed - Für dich will ich leben (German Edition)

Titel: Blessed - Für dich will ich leben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Ernst
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frage mich immer wieder ob sie wissen, wie lange ich nicht mehr in der Schule war? Bestimmt komme ich gar nicht mehr mit.
     
    Er war nicht in der Schule? Sie hatten ihn nicht einmal zur Schule gehen lassen? Wut kochte in mir empor und blieb als dicker Klumpen in meinem Hals stecken.
    Die folgenden Einträge trennten lediglich kleine Absätze ...
     
    Gestern haben sie die Narben an meinem Rücken kontrolliert. Der Arzt hat eine angefasst und ich habe losgeschrien. Ich wollte das nicht, es ist einfach so passiert. Als hätte er einen Knopf in mir gedrückt, oder so. Joe sagte, es wäre okay und ich bräuchte keine Angst zu haben. Aber irgendwie kann ich das nicht steuern. Wenn mich jemand anfasst, wird mir kalt und ich fange an zu zittern. Auch wenn ich es gar nicht will. Heute Morgen hat mir Marie einen Rucksack für die Schule gekauft. Sie hat ihn in mein Zimmer gebracht und mich gefragt, ob ich ihn nicht aufmachen möchte. Darin waren die Bücher und Schreibsachen, die ich bald brauche. Ich habe Angst vor der Schule.
     
    ***
     
    Ich vermisse meine Mom. Ich vermisse sie, so wie sie früher war, als sie noch viel gelacht hat und mich manchmal in den Arm nahm. Ich möchte wissen, ob sie noch bei Doug ist, aber ich traue mich nicht zu fragen. Sie hat mich nicht im Krankenhaus besucht. Bestimmt ist sie wütend auf mich. Bestimmt denkt sie, ich hätte die Polizei geholt. Aber das stimmt nicht. Ich war es nicht.
     
    ***
     
    Ich kann nicht gut schlafen. Immer wieder träume ich, dass Doug kommt, mich aus dem Bett zerrt und auf den Boden wirft. Ich höre das Klirren seiner Gürtelschnalle und versuche ganz still zu halten, um ihn nicht noch wütender zu machen. Aber es tut so weh. Einige Schläge halte ich aus, dann schreie ich los. Und dann geht plötzlich das Licht an und Marie und Joe stürmen herein. Sie halten meine Hände fest, aber nur, bis ich aufhöre zu schreien und um mich zu schlagen. Dann lassen sie mich los. Marie sagt auch, dass alles gut wird und mir niemand mehr wehtut. Sie weiß nicht, wie sehr Doug mir jede Nacht wehtut. Jede Nacht!
     
    Ich stehe auf, atme tief durch, fahre mit zittrigen Händen durch meine Haare. Gehe zur Balkontür, öffne sie, hebe einen Fuß über die Schwelle nach draußen, in die Kühle der Nacht ... und kehre auf dem Absatz wieder um. Nein, Noah hatte auch keine Chance zu fliehen . Ertrag es! ... Los!
     
    Doug war wieder da. In der Nacht, wie immer. Ich kann kaum glauben, dass es wieder nur ein Traum war. Ich schwöre, ich sehe und höre ihn nicht nur, ich kann ihn auch fühlen und sogar riechen. Das ist das Schlimmste, sein Geruch.
    Ich fühle, wie er seinen Daumen in meine Wunden presst, mich am Nacken packt und auf den kalten Boden drückt. Ich fühle alles, sogar seinen Atem. Das kann doch kein Traum sein. Bestimmt ist das Leben in diesem Haus, bei Marie, Joe, Adrian und Lucy der Traum. Vielleicht würde ich es ohne diesen schönen Traum nicht mehr aushalten.
    Jede Nacht ist Doug wieder da. Dann sehe ich auch meine Mom, die sich umdreht und geht. Ich sehe, wie sie die Tür hinter sich s chließt und mich mit ihm alleinlässt. Sie würde mir helfen, wenn er wirklich Unrecht hätte. Aber sie tut es nicht. Also stimmt es, was er sagt. Es ist allein meine Schuld.
     
    Das reichte. Ich klappte den Block zu und schob ihn schwer atmend zur Seite. Ich bekam zu wenig Luft, mir war schwindlig und übel; ich hatte das Gefühl, mich übergeben zu müssen, fühlte mich wie ein Tier in einem zu klein geratenen Käfig.
    Ich lief erneut zu meiner Balkontür und riss sie noch weiter auf, aber die frische Luft löste den Knoten in meinem Hals nicht einmal ansatzweise.
     
    Sie hatten ihn nicht nur geschlagen, sie hatten ihn eingesperrt, nicht zur Schule gehen lassen und ihm dabei ständig eingeredet, er allein trüge die Schuld an dieser Folter. Diese Monster!
    Hass erfüllte mein Herz, ich wollte schreien. Aber wie, wenn mir die Luft zum bloßen Atmen fehlte?
    Tränen rollten über meine Wangen, dieses Mal ungehindert, denn ich wischte sie nicht weg. Sie waren wie ein Tropfen auf den heißen Stein, brachten nicht mal die Ahnung einer Erleichterung, störten aber auch nicht. Noah, mein Noah!
    Ich wollte ihn in die Arme nehmen und sein Leid ungeschehen machen, und ich fühlte mich so hilf - und machtlos, so allein, dass sich mein Herz mit Schmerz füllte und zu zerspringen drohte. Ich verschränkte die Arme vor meiner Brust und drückte fest zu.
    Als ich mich einigermaßen gefasst hatte,

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