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Blessed - Für dich will ich leben (German Edition)

Blessed - Für dich will ich leben (German Edition)

Titel: Blessed - Für dich will ich leben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Ernst
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legte ich mich in mein Bett. Ich dachte an ihn, stellte mir vor, wie er nun in seinem eigenen Bett lag und vermutlich vergebens auf den Schlaf wartete. Dachte daran, wie sich sein friedliches Gesicht unter seinem Traum verzogen hatte – qualvoll und ängstlich –, hörte sein verzweifelt gehauchtes „Nein! Nicht, bitte! ... Bitte!“ und sah noch einmal, wie er im Schlaf zusammenfuhr.
    Schon griff ich zu meinem Telefon. Mittlerweile zeigte die Anzeige meines Weckers drei Uhr nachts, aber das bemerkte ich erst, als das erste Freizeichen verhallt war und Noahs Stimme erklang.
    „Em, ist alles okay?“, krächzte er.
    „Ja, ich ... Hast du schon geschlafen?“ Plötzlich kam ich mir dumm vor. Schuldgefühle packten mich als ich hörte, wie schlaftrunken er klang.
    „Schon gut, bin wohl gerade erst eingenickt. Warum rufst du an, ist was passiert?“
    Ich stockte. Es war eigenartig, denn irgendwie überkam mich in diesem Moment ein irrationales Gefühl, das allerdings so stark ausfiel, dass es für wenige Sekunden einer Gewissheit glich. Noah fragte immer wieder mit panischer Stimme, ob etwas geschehen war. Und all diese Fragen, die er mir gestellt hatte, nach gefährlichen Sportarten, Krankheiten oder Unfällen ...
    „Noah, erwartest du, das s etwas Schlimmes passiert?“, fragte ich intuitiv.
    „Hm? ... Nein, ich erwarte es nicht.“
    Ich ließ einige Sekunden verstreichen, denn irgendwie klang es, als woll te er noch etwas hinzufügen. Als das nicht geschah, holte ich Luft um weiterzusprechen …
    „Ich befürchte es“, flüsterte er so leise, dass es mich kaum erreichte.
    „Warum?“, antwortete ich mit trockener Kehle.
    Er blieb lange still. „Vielleicht, weil es mir nicht vergönnt ist, etwas so Gutes wie dich in meinem Leben haben zu dürfen“, sagte er schließlich bitter.
    Ich fühlte einen spitzen Schmerz in der Brust und war mir sicher, dass es nun geschehen war. Mein Herz ... gebrochen.
    Seine Worte ergaben durchaus Sinn – und das war kaum zu ertragen. Noah traute unserem Glück nicht, weil er befürchtete, es könnte nicht von Dauer sein.
    „Ich brauche dich, Noah“, wimmerte ich mit tränenerstickter Stimme.
    „Und ich dich“, sagte er. „Wie auch immer das so schnell möglich war, es ist geschehen.“
    „Ja.“
    „Em?“
    „Hm?“
    „Sagst du mir, warum du angerufen hast? Du hast geweint, nicht wahr?“
    Ich nickte und kam mir ziemlich belämmert vor, als ich es bemerkte. Noch ehe ich antworten konnte, hörte ich ein Rauschen in der Leitung. Noah stieß sein schnaubendes kleines Lachen aus. „Du nickst doch nicht etwa?“
    „Doch“, gab ich kleinlaut zu.
    „Ins Telefon?“
    „Hm, ja. “
    „Warum hast du geweint, Em? Hast du ... gelesen?“
    Ich nickte einfach weiter. „Noah, ich ...“
    „Du musst nichts sagen. Ich weiß, dass du Mitleid empfindest, aber ... ich will kein Mitleid, verstehst du? Ich will ... diesen ganzen Mist einfach hinter mir lassen. Das will ich!“ Seine letzten Worte klangen beinahe trotzig.
    Ich wusste, dass er verdrängte was geschehen war, und ich wusste, dass das nicht funktionieren konnte. Aber nun war nicht der Zeitpunkt, das zu diskutieren. „Ich habe so viele Fragen. Meinst du, du kannst sie mir beantworten?“
    Noah schwieg. Lange. „Die drei wichtigsten für jetzt?“, schlug er endlich vor.
    Es klang gepresst, und ich fühlte, wie schwer ihm diese s Zugeständnis fiel. „Okay.“
    „Dann los!“ Er sagte das so, als stünde ich kurz davor, ihm ein Pflaster von einer verkrusteten Schürfwunde zu reißen: entschlossen, das schmerzvolle Prozedere möglichst schnell hinter sich zu bringen.
    „Wie lange warst du nicht in der Schule?“, fragte ich leise.
    Es vergingen einige Sekunden, dann antwortete er in einem schwachen Flüstern: „Beinahe drei Jahre.“
    Das bestätigte meinen Eindruck, den seine Handschrift auf mich gemacht hatte. Ungeübt. Nichts desto trotz hatte er vollkommen fehlerfrei geschrieben – und das als zwölfjähriger Junge, der mit neun Jahren, also auf dem Stand eines Viertklässlers, die Schule unterbrochen hatte. Außerdem erklärte es die Tatsache, dass Noah ein Jahr älter war als wir anderen aus unserer Stufe.
    „Und dann bist du so schnell und so gut wieder eingestie gen?“, wollte ich schon fragen, biss mir jedoch auf die Lippe und schluckte die Worte, ehe sie sich befreien konnten. Ich hatte nur drei Fragen und es gab wirklich Wichtigeres.
    Noah schien meine Neugier jedoch zu erahnen. Er war gütig genug, sie

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