Blessed - Für dich will ich leben (German Edition)
schossen so schnell und unüberlegt über meine Lippen, dass ich sie nicht zurückhalten konnte. Noahs Augen fuhren hoch, von Adrian zu mir. Eine Sekunde lang sah er mich geschockt an, dann presste er seine Lippen so fest aufeinander, dass sie jegliche Farbe verloren. Ich hielt die Luft an – unfähig, meine wirren Gefühle in etwas annähernd Aussprechbares zu packen.
„Na, dann ist ja wieder alles wie gehabt“, entgegnete Noah nach einer gefühlten Ewigkeit. „Diese Rolle kenne ich bereits. Ist vermutlich die ei nzige, die ich nicht vermassele.“
Sein Blick lähmte mich, wie schon in der vergangenen Nacht. Und so stand ich auch Sekunden später noch da und starrte reglos auf die nun leere Stelle des Parkettbodens, die den Noah unserer gemeinsamen Wochen einfach verschluckt zu haben schien.
XXV.
Samstag und Sonntag vergingen ohne ein Wort von ihm.
Ich war gefahren, in der Hoffnung, er würde sich alles noch einmal in Ruhe durch den Kopf gehen lassen, die Irrationalität seiner Eifersucht begreifen und sich wieder beruhigen.
Ich selbst verbrachte die Tage weitestgehend damit, auf meinem Bett zu liegen, meinen Gedanken nachzuhängen, zu hoffen und zu warten.
Mein Dad und sogar Jason ließen mich in Ruhe; die Tatsache, dass Noah nicht bei mir war, sprach offenbar Bände. In diesen beiden Tagen hätte ich alle Zeit der Welt gehabt, mich in die Rätsel zu verbeißen, die Noah mir aufgab. Aber ich tat es nicht, wohl wissend, dass nur er die Antworten kannte und mit mir teilen müsste. Ohne seine Hilfe würde ich ewig im Dunkeln tappen, gerade weil die Fakten für sich sprachen. Kein Mensch der Welt konnte die Gedanken anderer lesen, einfach so. Erahnen vielleicht, ja. Bestimmt gab es einige wenige Menschen, die über eine besonders stark ausgeprägte Empathie verfügten und sich so außergewöhnlich gut in andere hineinversetzen konnten, dass es ab und zu einem Gedankenlesen gleichkam oder zumindest ähnelte. Aber ... Noah sah konkrete Bilder und Szenen, wenn ich sie mir nur deutlich genug vorstellte. Ich hatte ihn auf diese Weise durch unser gesamtes Haus in Manchester geführt, ihm mein altes Zimmer gezeigt, Erlebnisse aus meiner Kindheit, Jane, sowie die wenigen Erinnerungsbruchstücke, die ich von meiner Mutter behalten hatte. Ihr sanftes Lächeln, die dunklen Augen, die Art, wie sie mich zugedeckt hatte, wenn ich krank war. All das hatte ich Noah offenbart. Unsagbare Schätze, die ich tief in meinem Herzen verankert trug und mit niemand anderem außer ihm geteilt hätte – nicht einmal, wenn es mir möglich gewesen wäre.
Er besaß nicht nur die Gabe diese Bilder zu sehen, er fühlte auch was ich fühlte, wenn er sie sah. Das war mir irgendwann klargeworden. Und dieses Phänomen würde nur er mir erklären können, auch wenn er nicht bereit dazu war. Genauso wie das seines Herzschlages.
Einen Augenblick lang hatte ich mit dem Gedanken an eine Operation gespielt. Vielleicht war er ja schwer krank und brauchte eine Art Herzschrittmacher? Aber diese Idee verwarf ich, als Noah unter meinem Gedanken laut loslachte. Nein, sein schöner Körper wies auch keinerlei Narben auf, die eine derartige Operation mit sich gebracht hätte. Und selbst wenn – kein Gerät der Welt hätte ein Herz so präzise geregelt, wie Noahs schlug. Ein Herzschrittmacher hätte dafür gesorgt, das Organ angemessen reagieren zu lassen. Unter Einwirkung des kleinen Geräts hätte es sich bei Anstrengung und ... Erregung beschleunigt, wäre im Schlaf zur Ruhe gekommen und so weiter. Es hätte jedenfalls nicht unbeirrbar wie ein Uhrwerk getickt . Niemand, den ich kannte, verfügte über einen auch nur annähernd so stoischen Herzschlag wie Noah.
Sonntagabend, nachdem ich mein Handy wohl schon tausendmal gezückt und vergeblich auf eine SMS oder einen Anruf gewartet hatte, ertönte endlich das unverkennbare Piepen einer eingegangenen Nachricht. Meine Euphorie wurde im Keim erstickt, als mir Lucys Name aus dem Display entgegenleuchtete.
Adrian hat mir alles erzählt, Süße. Mach dir keine Sorgen, Noah beruhigt sich bestimmt wieder. Wenn er nur wüsste, wie sehr wir uns um ihn sorgen, nicht wahr? Also, wenn du reden willst, dann melde dich. Wir sehen uns morgen. Spätestens.
Lucy
Natürlich erkannte ich zwischen den Zeilen ihre Hoffnung auf ein Treffen. Aber mir war nicht nach Gesellschaft zumute – allein zu sein erschien mir richtig. Schließlich war Noah mit Sicherheit auch allein, und so fühlte ich mich zumindest
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