Blessed - Für dich will ich leben (German Edition)
vage Konturen abzeichneten und seinem Gesicht erste Züge verliehen, hielt Em plötzlich die Luft an, vergaß für einen Augenblick zu weinen und gab ein erstes, halbersticktes Geräusch von sich. Im selben Moment riss unsere Verbindung ab ...
„Zieh ihr das Klebeband ab, Paul!“ , befahl Jim, ohne den Sicherheitsmann zuvor zu begrüßen. Ich hörte seine Stimme nun nur noch sehr leise, aber Gott sei Dank hatte Emily sich von ihrem ersten Schock erholt und bezog mich nur einen Wimpernschlag später schon wieder mit ein.
„Sie wird nicht schreien, dafür ist sie zu clever“, fügte Jim unter einem fiesen Grinsen hinzu und entsicherte im selben Moment eine Pistole, die er bis dahin hinter seinem Oberschenkel versteckt gehalten hatte. Der bullige Paul lachte hämisch, während er mit einem einzigen Ruck das Klebeband von Emilys Mund zog. Ein scharfer Schmerz durchzuckte sie, beinahe so, wie durch einen Schnitt. Die weiche Haut ihrer Lippen gab nach und riss an mehreren Stellen zugleich ein. Reflexartig fuhr sie mit der Zunge über ihre Unterlippe ... und schmeckte Blut.
Meine Hände ballten sich zu Fäusten; ich kniff Mund und Augen fest zusammen, um vor Wut und Verzweiflung nicht laut loszuschreien.
„ Du?“, presste Emily hervor, die schockgeweiteten Augen auf Jim gerichtet.
Was, d u kennst ihn, Baby?
Jim lachte. „Ja, ich . Wetten, dein Vater wird ähnlich ungläubig schauen wie du? Zu schade, dass ich sein Gesicht nicht sehen kann, wenn ich ihn nachher anrufe.“
„Aber du ... du bist ...“, stammelte Emily und ließ den Satz unvollendet verhallen. Sie war so verdutzt, dass sie unseren Kontakt erneut fallenließ. Sofort brachen sämtliche Bilder und Stimmen weg. Schnell legte ich mich flach auf das Dach und presste mein Ohr auf den kalten Beton, um nichts zu verpassen. Jim lachte schallend, er schien sich königlich zu amüsieren.
„Was? ... Was bin ich, hm? Ein Freund, ein Kollege, eine unverzichtbare Hilfe? Der treue Kameramann, der es nach kaum mehr als sechzehn Jahren Zusammenarbeit mit deinem Vater geschafft hat, sich unter ihm zum Regieassistenten hochzuarbeiten? Was, oder besser, wer bin ich genau, kleine Emily? ... Wie auch immer, ich bin jedenfalls nicht der, für den mich dein Vater hält. Denn ich bin nicht der unscheinbare Mann, der weiterhin und für alle Zeiten in seinem Schatten stehen und dort verharren wird.“
Was, ein Kollege? ... Em, bitte, sprich mit mir!
Nun, zumindest hatte sie sich während Jims kurzem Monolog so weit gefasst, dass sie mich wieder teilhaben ließ. „Noah, schau!“
Und so sah ich, wie g ebieterisch Jim im nächsten Moment seine Hand hob, als Emily etwas erwidern wollte. Er schüttelte den Kopf, sein Lächeln verzog sich nur leicht, verlor dabei jedoch jeglichen Ansatz von Wärme. Seine Augen blitzten eiskalt und sehr, sehr düster auf.
Und plötzlich wusste ich als Einziger, was weder Emily, noch Paul oder Brad ... ja, nicht einmal Jim selbst, ahnten. Schlagartig wurde mir klar, welche Macht sich seiner bemächtigt hatte, gegen wen ich hier kämpfen sollte. Nie zuvor war ich einem finstereren Blick als Jims begegnet. Nicht einmal Doug hatte mich dermaßen hasserfüllt angeschaut. Es wunderte mich zutiefst, wie tapfer Emily dieser Intensität trotzte, ohne ihr auszuweichen.
„Es ist an der Zeit, deinem Vater eine Lektion zu erteilen und der Welt zu zeigen, wer von uns beiden der eigentlich große Regisseur ist“, erklärte Jim. „Und auf diese Weise wird mein Name endlich gleichwertig zu seinem genannt werden – ganz automatisch. Denn wann immer die Sprache zukünftig auf den großen David Rossberg kommt, wird mein Gesicht und mein Name mit ihm, mit seinen Werken und seinem Schicksal verknüpft sein. Unabwendbar. So, wie es von Anfang an hätte sein sollen. Aber die Realität sieht anders aus, nicht wahr? Er flaniert über den Roten Teppich, sein Name steht auf den Filmplakaten, er ist im Four Seasons untergebracht. Und ich ...“
Der trübe Schleier, der sich nun über Jims Blick legte und ihn erneut den Kopf schütteln ließ, jagte mir eine Höllenangst ein. Buchstäblich.
„ Aber ab dem heutigen Tag wird sich alles ändern“, fuhr Jim fort. „Ich werde in gewisser Weise mit Dave verschmelzen. Und du, kleine Emily, wirst mir dabei behilflich sein. ... Paul, Klebeband!“
Sofort trat der stämmige Sicherheitsmann zurück in Emilys Sichtfeld, das nun von neuen Tränen geschwemmt wurde. Sie erzitterte am ganzen Leib, als ihr dieser Paul erneut
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