Blessed - Für dich will ich leben (German Edition)
sich nach vorne, die bärtige Kinnpartie zuckte verbissen. Ehe Emily oder ich es kommen sahen, holte er aus und schlug ihr mit dem Handrücken und einer Wucht, die sie einfach rücklings umknicken ließ, ins Gesicht.
Das klatschende Geräusch und der scharfe Schmerz durchzuckten mich empfindlicher, als hätte er mich selbst geschlagen. Und David, der ebenso Zeuge geworden war wie ich, ging es da offenbar nicht anders.
„Hör auf so jämmerlich nach deiner Tochter zu rufen!“, brüllte Jim, der seine Ruhe und die aufgesetzte Gelassenheit von einer auf die andere Sekunde eingebüßt hatte. „Gott, bist du ein kläglicher Verlierer. Und jetzt setz deinen Hintern in Bewegung! Ich. Erwarte. Dich. David.“
Damit legte er auf.
Nur eine Sekunde später beugte er sich über Emily. Sein schweißbenetztes Gesicht kam näher und näher, und meine Hände ballten sich unter dem Bild so stark, dass es bis in meine Unterarme hinein schmerzte.
„Danke für die sp ektakuläre Showeinlage, Kleines. Sehr effektvoll!“, wisperte Jim mit einem breiten Grinsen. „Du hast die Rolle, denke ich.“
Emily saugte an ihrer blutenden Unterlippe, kämpfte energisch gegen die unkontrollierbaren Schluchzer an, die sie immer wieder sporadisch durchzuckten, und kniff ihre Augen so fest wie nur möglich zusammen. Sie folgte einem Instinkt. Schaltete Sinne aus, die ihr das Ertragen der Situation unmöglich gemacht hätten.
„Noah, du bist nicht da. “ Ihre mentale Stimme klang in der Dunkelheit wie ein verzweifeltes Gebet. „Ich dachte, du wärst da. Ich dachte, du würdest mich hören. ... Aber mein Dad wusste nichts. Gar nichts. Wie kann das sein? Du hörst mich nicht, oder? ... Gott, du hörst mich nicht.“
Ihre Wange brannte , das arme Herz trommelte wild gegen den Brustkorb, der Atem kam und ging – hastig und flach –, ohne wirklich hilfreich zu sein. Emily stand am Rande eines Nervenzusammenbruchs. Wie gut ich dieses Gefühl doch noch kannte.
Dennoch , ihren Zweifeln zum Trotz, hielt sie tapfer den Kontakt, richtete ihre Fragen und Vorwürfe weiterhin direkt an mich. Ich war wie ein Strohhalm in reißenden Fluten, an den sie sich noch immer klammerte. Weit und breit die einzige vage Hoffnung auf Rettung. Wie kam es dann, dass ich mich so unglaublich hilflos fühlte?
XXXVI .
Es dauerte keine acht Minuten, bis vier Polizeiwagen von beiden Seiten in die Straße einbogen. Sie hatten auf Sirenen verzichtet, doch das Blaulicht hatte mir ihre Ankunft schon von weitem angekündigt. Nahezu lautlos verließen die Cops ihre Wagen und tasteten sich, gegen die schäbigen Mauern des Gebäudes gepresst, an das Tor heran.
Das laute Quietschen der Scharniere verkündete ihre Ankunft auch Jim, der sich allerdings nicht auf dieses untrügliche Zeichen verlassen hatte. Als der fünfte und einzige schwarze Wagen das Tor passierte und David zusammen mit zwei weiteren Männern ausstieg, die über ihrer Zivilmontur lediglich schusssichere Westen trugen, stand Jim schon längst inmitten der großen Halle, im hellen Kegel des Spotlights, dessen Standpunkt er zuvor noch einmal so zur Seite hin korrigiert hatte, dass ihn das Licht nicht blendete.
Jim hielt Emily fest umschlossen vor sich, presste ihren Rücken gegen seinen schwammigen Oberkörper und hielt ihr die Pistole an die Schläfe. Ein Zustand, der mich fast verrückt werden ließ. Die Bilder, die mich aus Emilys Kopf erreichten, waren wackelig und verschwommen, teilweise auch abgehackt. Es schien mir so, als sei sie einer Ohnmacht nahe.
Seit dem Mittagessen hatte sie nichts mehr zu sich genommen, weder Nahrung, noch Flüssigkeit. In der Zwischenzeit war sie betäubt worden und stand nun unter einer absoluten Adrenalin -Überdosis. Ja, vermutlich war sie wirklich kurz davor, ihr ohnehin wackeliges Bewusstsein zu verlieren. Und ich, als ihr Beschützer, hätte Emilys Position längst als Startschuss nehmen müssen endlich in Aktion zu treten.
Umso verzweifelter wurde ich von Sekunde zu Sekunde – hatte ich doch immer noch nicht einmal die leiseste Ahnung, wie ich ihr helfen sollte. Ich wusste ja nicht einmal, wie ich zu ihr gelangen könnte.
„Kein Hintereingang und keine Feuerleiter“, erklärte einer der Cops im Innenhof seinen Kollegen. Die Uniformierten hatten in der Zwischenzeit das Gebäude umzingelt, waren aber geschlossen zurückgekehrt, als sie keine weiteren Zugänge gefunden hatten. Nur an der Frontseite, hinter dem Metalltor, gab es ein großes Liefertor und direkt
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