Blessed - Für dich will ich leben (German Edition)
mich damit zum Stolpern. So viel zum Thema Würde.
In letzter Sekunde fing ich den drohenden Sturz ab und balancierte mich durch den Gang zu meinem Platz. Nur am äußersten Rande meines Sichtfeldes bemerkte ich, dass Noah aufgesprungen war. Er setzte sich jedoch schnell wieder hin und kritzelte weiter in seinen Notizblock. Was schrieb er da eigentlich immer auf? Sein Leben? Oder meine Peinlichkeiten? Nun, die würden ihn zumindest ausreichend beschäftigen.
Mit einem Blick zu seinem leeren Stuhl stellte ich fest, dass Bill Jankins nicht da war. Gut so!
Kaum hatte ich Platz genommen, spürte ich Noahs Blick auf mir. Intensiv .
Unangenehm intensiv. Ich widerstand dem Drang, mich unter seinen Augen zu ducken und tat sehr geschäftig, indem ich meine Schreibsachen ordnete.
Noah sagte nichts. Er starrte einfach weiter und ließ meine Anspannung unter der Hitze seines Blickes aufbrode ln. Alles um mich herum verschwamm. Der Raum, die Gespräche meiner Mitschüler und damit auch ihr Lachen, ihre Scherze und ihre Unbeschwertheit. Ich hörte nur noch meinen eigenen Atem, stockend und flach. Fühlte mein rasendes Herz, während Noahs Blick auf meiner Haut brannte. Wie machte er das?
Ein Seufzer der Erleichterung entwich meiner trockenen Kehle, als Mrs Rodgins endlich den Klassenraum betrat und sich für ihre Verspätung entschuldigte. Nie hätte ich gedacht, dass ich mich jemals freuen würde, ausgerechnet meine Mathelehrerin zu sehen. Doch Noah sah nicht zur Tür, als sie hereinkam. Er sah weiterhin auf mich. Völlig unbeirrt starrte er mich an. Unter seinem Blick löste sich der klägliche Rest meines Selbstbewusstseins auf, wie Zucker im Tee. Ein recht britischer Vergleich, zugegeben, aber genauso fühlte es sich an.
Ich verfluchte die Tatsache, dass ich meine Haare ausgerechnet heute zu einem Zopf zusammengebunden hatte und sie nun nicht, wie sonst, als schützenden Vorhang über meine Schulter fallen lassen konnte. Was hätte ich dafür gegeben, durchsichtig zu sein. Denn so sehr ich auch versuchte mir nicht anmerken zu lassen, wie stark mich sein Blick verunsicherte und ... ja, aufwühlte, ich wusste, es stand mir dennoch ins Gesicht geschrieben.
Meine trotzig zusammengepressten Lippen und die verräterische Sehnsucht, die sich zweifellos in meinen Augen widerspiegelte, sobald ich es wagte auch nur kurz in Noahs Richtung aufzuschauen, sprachen Bände, dessen war ich mir sicher. Denn die Wahrheit war: Ich wollte nicht, dass Noah mich hasste. So egal es mir sonst war, was andere von mir hielten – allein der Gedanke er könnte mich hassen, nagte beinahe schmerzhaft an mir.
Noah sprach kein einziges Wort mit mir. Als mich die Schulklingel endlich erlöste, war er so schnell draußen wie an den Tagen zuvor, und ich atmete tief durch. Halb erleichtert, halb enttäuscht, wie jedes Mal.
Langsam und ein wenig zittrig von der plötzlich nachlassenden Anspannung, packte ich meine Sachen zusammen und entdeckte dabei einen winzigen zusammengefalteten Zettel, der nicht ganz in der Mitte des Tisches lag, sondern so gerade eben auf meiner Hälfte. Ich zögerte einen Augenblick, dann nahm ich ihn an mich und entfaltete das Papier. Die Nachricht war kurz; nur drei Worte, aber die ganz klar:
Tut mir leid!
Ungläubig starrte ich auf die Buchstaben. Noahs Handschrift war längst nicht so krakelig, wie ich sie mir ausgemalt hatte. Am meisten jedoch überraschte mich die Tatsache, dass er mir überhaupt geschrieben hatte – und vor allem was .
Noah Franklin hat sich bei dir entschuldigt, durchfuhr es mich immer wieder. Endlich löste ich meinen Blick von dem kleinen Stück Papier, faltete es sorgfältig, steckte es in die Gesäßtasche meiner Jeans und verließ den Klassenraum mit einem dämlichen Grinsen im Gesicht.
An diesem Tag sah ich Noah nicht mehr.
Lucy war, wie immer seit ihrer Rückkehr, der Mittelpunkt unseres Mittagstisches. Begeistert erzählte sie von ihren Plänen zu der bevorstehenden Party. Ihren Berichten zufolge , hatten ihre Eltern weder Kosten noch Mühen gespart.
„Wenn ihr noch Hilfe braucht, dann sagt Bescheid”, bot Kathy gewohnt gutmütig an, was Adrian allerdings e in lautes Lachen entlockte.
„Ha! A ls ob sich unsere Mom helfen lassen würde. Du hast ja keine Ahnung, was es für einen Mann bedeutet, in einem Haushalt mit Frauen wie Lucy und meiner Mom leben zu müssen. Mein Dad und ich könnten Storys erzählen ...“
„Untersteh dich!“, rief Lucy, stieß ihre m Bruder in die
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