Blessed - Für dich will ich leben (German Edition)
Adrian erbarmte sich schließlich, beugte sich vor und klärte seine neugierige Schwester kurz auf.
Irgendwie schaffte ich es tatsächlich, mich zumindest ein wenig auf den Biologieunterricht zu konzentrieren. Nur die letzte Viertelstunde kroch dahin; sie wollte einfach nicht verstreichen. Kaum ertönte das schrille Läuten der Schulklingel, sprang ich auf und packte meine Bücher zusammen.
Im nächsten Augenblick unterbrach die gutmütige Stimme meines Lehrers meine Ge danken. „Nicht so hastig, Miss Rossberg. Ich hatte schon noch vor, Ihnen eine Hausaufgabe mit auf den Weg zu geben.“ Kathy kicherte neben mir und auch Lucy hielt sich die Hand vor den Mund. Sogar um Adrians Mundwinkel zuckte es amüsiert.
„Warum denn so eilig?“, flüsterte er mir zu und entlockte seiner Schwester damit ein weiteres Kichern. Alle anderen sahen mich verdutzt an. Ich war tatsächlich als Einzige aufgesprungen.
Beschämt sank ich zurück auf meinen Stuhl und studierte angestrengt die Holzmaserung meiner Tischplatte.
„Mach doch langsam, er wird schon auf dich warten”, wisperte mir Kathy zu und ließ sich auch durch meinen kurzen, bitterbösen Seitenblick nicht von ihrem breiten Grinsen abhalten.
Im Gang hakte sich Lucy von der einen Seite bei mir unter, während Adrian auf der anderen neben mir her rollte. Obwohl es eine lieb gemeinte Geste der beiden war, mich auf diese Art zu ihrem Auto zu führen, wäre ich lieber allein gegangen. Ich wusste nicht, was Noah von dieser Art Begleitschutz hielt. Zu meinem Erstaunen äußerte er sich nicht dazu.
Er lehnte bereits am Amarok, als wir den Parkplatz überquerten. Sein Blick streifte Lucy, und ein kleines Zucken erfasste seine Mundwinkel. Dann sah er mich an, bis ich nur einen halben Meter vor ihm stehen blieb. Lucy hakte sich punktgenau aus – es wirkte fast beiläufig – und half Adrian beim Einsteigen.
„Hi!“, begrüßte ich Noah leise. Meine zittrige Stimme war unmöglich, sie verriet mich immer wieder aufs Neue.
„Hi!“, erwiderte er und schenkte mir den vagen Ansatz eines Lächelns. Ihn in diesem Moment zu küssen, wäre mir als das Normalste der Welt erschienen. Mich krampfhaft davon abzuhalten hingegen ... nicht . Ob es ihm genauso ging? Eine Frage, die mich brennend interessierte.
Noah wandte sich Lucy zu, die mit dem Rollstuhl kämpfte. „Komm, ich mache das”, sagte er ruhig.
Seine Schwester blickte verblüfft zu ihm auf. „Danke.“
„Gern .“
Auch ich war erstaunt. So nett hatte ich Noah noch nie sprechen hören. Außer zu mir natürlich.
Geschickt verstaute er Adrians Rollstuhl und öffnete uns anschließend sogar die Tür. Ich schlüpfte neben Lucy auf die Rückbank und rührte mich nicht mehr, sobald ich mich angeschnallt hatte. Was nicht weiter auffiel, denn Lucy brabbelte sofort drauflos und redete genug für uns alle.
„Am Samstag gehen Tom und ich ins Kino. Hat einer von euch Lust mitzukommen?“, fragte sie hoffnungsvoll.
Adrian lachte. „Findest du es klug, uns zu deinem Date einzuladen?“
„Ein Date?“, wiederholte Lucy verdutzt. „Oh, meinst du wirklich, da ss ...? So habe ich das gar nicht gesehen.“
„Ich glaube jedenfalls nicht, dass Tom begeistert sein wird, wenn du deine Brüder und eine Freundin zu eurer ersten offiziellen Verabredung mitbringst”, gab Adrian zu bedenken.
Ich beobachtete, wie sich Noahs Hände fester um das Lenkrad schlossen. „Scheißegal, ob Tom begeistert ist oder nicht. Wenn sie noch nicht bereit dazu ist allein mit ihm wegzugehen, dann hat er das verdammt noch mal zu akzeptieren”, sagte er gepresst und sorgte mit diesem Statement für sekundenlange Stille im Wagen.
Lucys Mund stand offen; Adrian sah Noah fassungslos an.
„Was?“, blaffte der ungehalten, als der eindringliche Blick seines Bruders seine Nerven überspannte.
„Nichts, schon gut“, beeilte sich Adrian mit seiner Antwort. „Ich war bloß erstaunt, weil ... Du hast natürlich recht. Lucy muss entscheiden, ob sie soweit ist. Wenn Tom Probleme damit hat, dann ...“
„... Zur Hölle mit ihm!”, beendete Noah den Satz seines Bruders.
Wieder sah Adrian ihn von der Seite aus an, dieses Mal jedoch kürzer und nicht ganz so schockiert. Nach wenigen Sekunden zuckte sein Mund und verzog sich zu einem Lächeln. „Ja, genau. Dann zur Hölle mit ihm!“
Noahs Hände entspannten sich wieder. Ich suchte seinen Blick im Rückspiegel und hielt ihn so lange, bis das helle Türkis alle Härte verloren hatte und er zurück auf die
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