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Blick in Die Angst

Blick in Die Angst

Titel: Blick in Die Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chevy Stevens
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Sauerstoff zu bekommen. Er würde immer schläfriger werden, bis er das Bewusstsein verlor und starb. Wahrscheinlich bald.
    »Es sieht nicht gut aus, Robbie.«
    »Scheiße.« Er lehnte den Kopf hinter sich gegen die Wand und schaute nach oben. »Scheiße. Scheiße.« Seine Stimme klang belegt, als kämpfe er mit den Tränen.
    Mir stiegen selbst die Tränen in die Augen. »Ich habe die 911 gewählt. Sie sind unterwegs.«
    »Wird Brew es schaffen?«
    Ich schaute wieder zum Hund. Er atmete nur noch schwach. Seine Augen waren halb geschlossen, die Zunge hing schlaff heraus. »Nein, ich glaube, er hat nicht mehr lange.«
    »Mist.« Robbie holte tief Luft, als versuche er, sich zu wappnen, dann hob er den Hund vorsichtig an, bis er teilweise auf seinem Schoß lag. Brew leckte kurz Robbies Hand, dann machte er die Augen ganz zu. Seine Atmung verlangsamte sich.
    »Guter Junge«, sagte Robbie. Er beugte sich vor, presste seine Lippen auf Brews Kopf und umarmte ihn. »Wollen wir spazieren gehen? Na komm, lass uns rausgehen, Kumpel.«
    Brew seufzte. Kurz darauf war er tot.

    Wir blieben schweigend sitzen, meine Hand lag immer noch auf Brews Seite, während mir Tränen übers Gesicht liefen. Ich sah nur auf den Hund und versuchte, Robbie etwas Raum zu lassen. Er schniefte ein paarmal und räusperte sich. Im Schacht herrschte plötzlich ein Gefühl der Leere, eine gedämpfte, tonlose Stille, in der jede Bewegung nur um so lauter wirkte. Brews Leiche kühlte bereits aus, sein Leben war vorbei. Trotzdem streichelte ich sein weiches Fell, verabschiedete mich im Stillen ebenfalls von ihm und dankte ihm dafür, meinem Bruder ein Freund gewesen zu sein. Ich dachte daran, wie er zu mir getrottet kam und mich mit seiner feuchten Schnauze angestupst hatte.
    Nach wenigen Minuten wischte Robbie sich übers Gesicht und flüsterte Brew etwas ins Ohr. Dann schob er vorsichtig Brews toten Körper von seinen Beinen und legte den Kopf behutsam auf den Boden. Stöhnend richtete er sich wieder auf.
    »Bist du verletzt?«
    Er schnaufte. »Meine Rippen – ich glaube, ein paar sind gebrochen.«
    »Ich sehe es mir mal an.«
    In der Dunkelheit legte ich meine Hand auf Robbies Seite, doch ich ertastete weder Blut noch Schwellungen.
    Er holte gequält Luft. »Mist.« Er rieb sich die Brust. »Meine Brust tut verdammt weh.«
    Hatte er eine Panikattacke? »Wie fühlt es sich an?«
    »Dieser Druck. Ich kann es bis in die Arme und den Kiefer spüren, und im Rücken auch. Als würde etwas mich zusammenpressen. Tut höllisch weh – jedes Mal, wenn ich Luft hole.«
    O nein.
    »Du könntest einen Herzinfarkt haben. Ist dir schwindelig?«
    Wie aufs Stichwort fiel sein Kopf nach vorn, und er sackte zusammen.
    »Robbie!«
    Hastig zog ich Brews Leiche zur Seite, legte Robbie hin, so dass er flach auf dem Rücken lag, und überprüfte seine Vitalfunktionen. Er atmete flach – und hörte dann ganz damit auf. Ich begann sofort, ihn zu reanimieren, und sagte bei der Herzdruckmassage immer wieder: »Komm schon, Robbie.«
    Bitte, Gott. Bitte hilf uns.
    In der Ferne hörte ich Sirenen.

    Ich fuhr im Rettungswagen mit, der Robbie nach Victoria brachte. Noch bevor sie ihn aus dem Schacht holten, gaben sie ihm Sauerstoff, und auf dem ganzen Weg bis ins Krankenhaus bekam er Herzdruckmassagen. Sie holten ihn ein paarmal zurück, und als sie ihn in die Notaufnahme rollten, massierten sie ihn immer noch. Die nächsten Stunden lief ich im Gang auf und ab und wartete auf Neuigkeiten. Ich musste die ganze Zeit daran denken, wie viele Jahre wir kaum Kontakt gehabt hatten, wie viele Jahre ich geglaubt hatte, es wäre einfacher so.
    Die Polizei hatte mehrere Wagen zu Marys Haus geschickt, aber ich wusste nicht, ob sie irgendjemanden verhaftet hatten oder ob Aaron überhaupt noch lebte. Endlich kam einer der Ärzte zu mir und sagte, Robbies Zustand sei jetzt stabil und er sei ansprechbar. Sie würden ihn auf die Intensivstation verlegen, während sie noch ein paar Untersuchungen machten. Ich durfte ihn kurz besuchen, aber er hatte starke Schmerzmittel bekommen, die ihn schläfrig machten, so dass wir kaum sprachen. Ich hielt einfach seine Hand und erzählte ihm, dass er wieder gesund werden würde. Er war blass, aber es gelang ihm ein Lächeln.
    Als ich wieder im Wartezimmer saß, rief Kevin mich über Handy an. Er hatte sich Sorgen gemachte, warum ich nicht bei einem Mitarbeitertreffen gewesen war, doch das hatte ich vollkommen vergessen. Immer noch unter Schock, erzählte ich ihm,

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