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Blick in Die Angst

Blick in Die Angst

Titel: Blick in Die Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chevy Stevens
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lief Daniel von zu Hause fort, um bei seinem Vater zu leben.
    Im Zuge der Ermittlungen stellte sich heraus, dass Aaron einige finanzielle Fehlentscheidungen getroffen hatte und kurz vor dem Bankrott stand. Er hatte Land gekauft, doch das Geschäft hatte die letzten Geldmittel der Kommune aufgezehrt. Heathers Eltern besaßen ein Millionenvermögen, weshalb er in aller Eile den Mord an ihnen befohlen hatte. Als die Polizei die Telefonlisten der Kommune überprüfte, stellten sie fest, dass Heathers Eltern kurz vor ihrem Tod angerufen hatten. Joy sagte aus, Heathers Vater habe herausgefunden, wie viel Geld Heather der Kommune gespendet hatte, und gedroht, sie wegen Nötigung zu verklagen. Joy hatte diese Information natürlich an Aaron weitergegeben – und ihm erzählt, wo die Eltern sich zur Zeit aufhielten. Sie hatten nie erfahren, dass Heather im Krankenhaus lag.
    Es war Daniel gewesen, der mich zu Hause angerufen und bedroht hatte, in der Hoffnung, mich so einzuschüchtern, dass ich mich von seinem Vater und der Kommune fernhielt, von allem, an das er glaubte. Von der Polizei erfuhr ich auch, dass die junge Frau, die am Tag des Feuers vom Ausritt zurückgekommen war, Emily gewesen war – die Frau, die sich auf Heathers Drängen hin der Kommune angeschlossen hatte. Ich fand nur schwachen Trost in dem Gedanken, dass Heather glücklich wäre, dass Emily überlebt hatte, denn meine eigenen Schuldgefühle fraßen mich auf. Von morgens bis abends flüsterten Geisterstimmen mir ins Ohr: Du hast das alles ausgelöst. Deinetwegen ist es geschehen. Warum hast du nicht einfach Ruhe gegeben?
    Ich hatte gegen den Wind gekämpft und einen Tornado erzeugt.

    Als Robbie aus dem Krankenhaus entlassen wurde, zog er für ein paar Tage zu mir. Manchmal kam Kevin vorbei und brachte etwas zum Abendessen mit. Ich hatte mich im Krankenhaus freistellen lassen und verbrachte die Tage zumeist damit, in meinem Haus herumzuwandern, mit der Polizei zu telefonieren, die Nachrichten anzusehen und mich zu zwingen, das Essen zu mir zu nehmen, das vor mich hingestellt wurde. Anschließend lag ich untätig auf dem Sofa und fiel irgendwann in einen erschöpften Schlaf. In meinen Träumen setzte ich meine Suche nach Lisa fort, doch ich schaffte es nie, rechtzeitig bei ihr zu sein.
    Zwei Wochen nach dem Brand wurde Aaron vom Krankenhaus ins Gefängnis verlegt, wo er auf seinen Prozess warten würde. Von Joseph gab es nach wie vor keine Spur, so dass die Streifenwagen vor meinem Haus seltener wurden. In dem verzweifelten Versuch, meinen furchterregenden Gedanken zu entkommen und mich irgendwie zu beschäftigen, begann ich stundenweise wieder zu arbeiten. Michelle war eine großartige Unterstützung. Sie ermutigte mich oft, mit ihr zusammen draußen in der Sonne im Park auf der anderen Straßenseite unseren Lunch zu essen. Manchmal gingen wir nach der Arbeit noch an der frischen Luft spazieren und sprachen über Lisa. Sie war immer noch nirgends aufgetaucht, aber sie befand sich auch nicht unter den Toten, die man bislang identifiziert hatte.
    Ich beschloss, mit Aaron zu reden. Ich war mir zuerst nicht sicher, ob er meinen Besuch akzeptieren würde, aber ich hätte wissen müssen, dass sein Ego sich nicht die Gelegenheit entgehen lassen würde, andere an seiner sogenannten Weisheit teilhaben zu lassen. Durch die Glasscheibe starrten wir einander an, das Telefon lag kalt in meiner Hand. Er wirkte blass, verbraucht und unrasiert und sah endlich so alt aus, wie er war. Mein Kopf war voll von den Dingen, die ich sagen wollte, die ich diesem Mann entgegenschreien und zubrüllen wollte, der für den Tod von so vielen Menschen verantwortlich war und der vielleicht auch Lisa umgebracht hatte. Aber ich musste vorsichtig sein und ruhig bleiben. Er war der einzige Mensch, der mir irgendwelche Informationen geben konnte.
    »Wo ist meine Tochter?«
    Er zuckte die Achseln. »Wo ist jeder von uns? Das Universum ist unendlich, Nadine.«
    Seine gleichgültige Antwort brachte mich zur Weißglut. Ich beugte mich vor, bis ich beinahe das Glas berührte, und vergaß meinen Schwur, ruhig zu bleiben. »Hör auf mit diesem Scheiß. War sie noch in der Kommune? Oder ist sie vor dem Feuer weggegangen?«
    Er schwieg, ein heiteres Lächeln umspielte seine Lippen. Er würde mir nicht antworten. Ich wollte weinen vor hilfloser Wut. Er wusste es. Er wusste genau, was mit ihr passiert war. Es war das letzte Fitzelchen Macht, das er noch über mich hatte. Aber ich hatte ebenfalls

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