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Blicke windwärts

Blicke windwärts

Titel: Blicke windwärts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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Kopf zur Seite. Plötzlich sah er so aus, dachte Ziller, als ob er soeben etwas so Pragmatisches wie das Menü für ein Festmahl oder die Positionierung einer neuen Untergrundzugangsröhre besprochen hätte. »Noch weitere Fragen, Kst. Ziller?«
    Ziller sah ihn eine Weile lang an. »Ja«, sagte er schließlich. Er hielt die Pfeife hoch. »Darf ich hier drin rauchen?«
    Der Avatar trat vor, legte ihm den Arm um die Schulter und schnippte mit den Fingern der anderen Hand. Eine blaue und gelbe Flamme loderte von seinem Zeigefinger auf. »Seien Sie mein Gast.«
    Über ihnen verlangsamte das Orbital innerhalb weniger Sekunden seine Geschwindigkeit bis zum Halt, während unter ihnen die Sterne wieder anfingen sich zu drehen.

 
14 Rückkehr zum Abschied, Gedenken ans Vergessen
     
     
    »WIE VIELE WERDEN STERBEN?«
    »Vielleicht zehn Prozent. So lautet die Berechnung.«
    »Das wären also… fünf Milliarden?«
    »Hmm – ja. Das sind ungefähr so viele, wie wir verloren haben. Es entspricht in etwa der Anzahl von Seelen, die durch die Katastrophe, die uns die Kultur beschert hat, vom Jenseits ausgeschlossen sind.«
    »Das ist eine große Verantwortung, Estodus.«
    »Es ist Massenmord, Major«, sagte Visquile mit einem humorlosen Lächeln. »Ist es das, was Sie meinen?«
    »Es ist ein Racheakt, ein Ausgleich.«
    »Und trotzdem ist es Massenmord, Major. Wir wollen keine Haarspalterei betreiben. Wir wollen uns nicht hinter Beschönigungen verstecken. Es ist Massenmord an Zivilisten und als solches illegal gemäß den galaktischen Vereinbarungen, die wir mit unterzeichnet haben. Dennoch sind wir der festen Überzeugung, dass es eine notwendige Handlung ist. Wir sind keine Barbaren, wir sind keine Wahnsinnigen. Wir würden nicht im Traum daran denken, jemandem etwas so Schreckliches anzutun, nicht einmal Fremdweltlern, wenn es nicht – durch die Handlungen eben dieser Fremdweltler – zwingend notwendig geworden wäre, es zu tun, um unser eigenes Volk vor dem Limbo zu bewahren. Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass die Kultur uns diese Leben schuldet. Aber es bleibt dennoch eine widerwärtige Angelegenheit, schon der Gedanke daran.« Der Estodus beugte sich vor und ergriff eine von Quilans Händen. »Major Quilan, wenn Sie es sich anders überlegt haben, wenn Sie anderen Sinnes geworden sind, dann sagen Sie es uns jetzt. Haben Sie immer noch Geschmack an dieser Sache?«
    Quilan sah dem älteren Mann in die Augen. »Schon der Gedanke an einen einzigen Tod ist widerwärtig, Estodus.«
    »Natürlich. Und fünf Milliarden Leben erscheinen einem wie eine unwirkliche Zahl, nicht wahr?«
    »Ja. Unwirklich.«
    »Und vergessen Sie nicht, die Dahingegangenen haben in Ihnen gelesen, Quilan. Sie haben Ihnen in den Kopf geschaut und wissen besser als Sie selbst, wozu Sie fähig sind. Sie haben Sie für sauber erklärt. Deshalb sind sie offenbar sicher, dass Sie tun werden, was getan werden muss, auch wenn Sie selbst daran zweifeln.«
    Quilan senkte den Blick. »Das ist tröstlich, Estodus.«
    »Es ist beunruhigend, hätte ich gemeint.«
    »Vielleicht auch das ein wenig. Vielleicht wäre eine Person, die man als eingefleischten Zivilisten bezeichnen könnte, eher beunruhigt als getröstet. Ich bin immer noch Soldat, Estodus. Zu wissen, dass ich meine Pflicht tun werde, ist nichts Schlechtes.«
    »Gut«, sagte Visquile; er ließ Quilans Hand los und lehnte sich zurück. »So. Wir fangen noch mal an.« Er stand auf. »Kommen Sie mit!«
     
    Vier Tage später waren sie in der Luftsphäre angekommen. Quilan hatte die meiste dieser Zeit zusammen mit Visquile in der Kaverne verbracht, die das Tempelschiff Seelenhafen enthielt. Er saß oder lag in dem sphärischen Höhlenraum, der der innerste Rückzugsraum der Seelenhafen war, während der Estodus ihm den Umgang mit der Dislozierer-Funktion des Seelenhorts beizubringen versuchte.
    »Die Reichweite des Gerätes beträgt nur vierzehn Meter«, erklärte Visquile ihm am ersten Tag. Sie saßen in der Dunkelheit, umgeben von einem Substrat, das Millionen der Toten enthielt. »Je kürzer der Sprung und natürlich je geringer die Größe des dislozierten Gegenstandes, desto weniger Kraft wird benötigt und desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Vorgang bemerkt wird. Vierzehn Meter dürften für den Bedarf vollkommen ausreichen.«
    »Was versuche ich denn zu verschicken – zu dislozieren?«
    »Für den Anfang eine Sprengkopf-Attrappe aus einer Menge von zwanzig solcher Stücke, die in

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