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Blicke windwärts

Blicke windwärts

Titel: Blicke windwärts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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zurück und holte seine Pfeife aus einer Tasche. »Sollen wir ein bisschen hier bleiben und den Sonnenaufgang bewundern?«
    »Ja«, sagte Kabo. »Mit Vergnügen.«
    Von hier oben konnten sie einige hundert Kilometer weit über die Frettle-Platte schauen. Der Stern des Systems, Lacelere, war immer noch im Aufgehen begriffen und wurde immer gelber, bis er seine größte Helligkeit erreicht hatte; er strahlte durch die Luftkontinente anti-spinwärts, und sein Leuchten verwischte jede Einzelheit auf dem Land, das immer noch im Schatten lag. Spinwärts – unter der breiten, ausgefaserten, dann sich verdichtenden und allmählich schrumpfenden Linie am Himmel, einer schimmernden Perlenkette gleich – erhoben sich die Tulier-Berge, Schneeumhänge um die Schultern. Rechts des Spins ging der Blick über die weiten Steppen, verlor sich im Dunst. Links waren die Umrisse von Hügeln in blauer Ferne sowie das breite Band einer Flussmündung zu erkennen, wo der Große Masaq’-Fluss sich ins Frettle-Meer ergoss, und die Gewässer jenseits davon.
    »Sie meinen doch nicht etwa, dass ich die Menschen zu sehr ködere, oder?«, fragte Ziller. Er zog an seiner Pfeife, betrachtete sie nachdenklich.
    »Ich glaube, sie genießen das«, antwortete Kabo.
    »Wirklich? Oh.« Ziller hörte sich enttäuscht an.
    »Wir helfen dabei, sich zu definieren. Das gefällt ihnen.«
    »Sich zu definieren? Mehr nicht?«
    »Ich glaube nicht, dass das der einzige Grund ist, warum sie uns gern hier haben, jedenfalls bestimmt nicht, was Sie betrifft. Doch wir geben ihnen ein Außerirdischen-Standardmaß, anhand dessen sie sich einordnen können.«
    »Das hört sich ein klein wenig besser an, als wenn wir nur die Schoßtierchen der Oberkaste wären.«
    »Sie sind anders, lieber Ziller. Man nennt Sie ›Komponist Ziller‹, Kst. Ziller, eine Art der Anrede, die ich noch nie zuvor gehört habe. Man ist hier unendlich stolz, weil Sie sich dafür entschieden haben, hierher zu kommen. Die Kultur im Ganzen und Nabe und die Leute von Masaq’ im Besonderen, zweifellos.«
    »Zweifellos«, murmelte Ziller; er zog an seiner immer noch nicht angezündeten Pfeife und blickte über die Ebene.
    »Sie sind bei denen ein Star.«
    »Eine Trophäe.«
    »So etwas Ähnliches, aber auf jeden Fall hoch geachtet.«
    »Sie haben ihre eigenen Komponisten.« Ziller blickte stirnrunzelnd in den Pfeifenkopf, klopfte dagegen und machte »T-t-t-t«. »Dregs, eine ihrer Maschinen, ihrer Gehirne, könnte sie alle zusammen in Grund und Boden komponieren.«
    »Aber das«, sagte Kabo, »wäre Schummelei.«
    Die Schulter des Chelgrianers bebte, und er gab einen Laut von sich, der sich wie huhuhu anhörte und vielleicht ein Lachen war.
    »Sie erlauben mir keine Schummelei, mit der ich mich vor der Begegnung mit diesem beschissenen Gesandten drücken könnte.« Er sah den Homomdaner eindringlich an. »Gibt es darüber was Neues?«
    Kabo wusste bereits von Masaq’-Nabe, dass Ziller bis jetzt geflissentlich alles ignoriert hatte, das mit dem Gesandten zu tun hatte, der aus seiner Heimat verwiesen werden sollte. »Sie haben ein Schiff losgeschickt, das ihn oder sie hierher bringen soll«, sagte Kabo. »Nun ja, um die Sache in Gang zu bringen. Anscheinend hat es von chelgrianischer Seite eine plötzliche Änderung des Plans gegeben.«
    »Warum?«
    »Soviel ich gehört habe, weiß das hier niemand genau. Ein Treffen war vereinbart, doch dann von Chel abgesagt worden.« Kabo machte eine kurze Pause. »Es hat irgendetwas mit einem havarierten Schiff zu tun.«
    »Mit einem havarierten Schiff?«
    »Hmm. Vielleicht müssen wir Nabe fragen. Hallo, Nabe?«, sagte er und tippte dabei unnötigerweise an seinen Nasenring, wobei er sich töricht vorkam.
    »Kabo, Nabe hier. Was kann ich für dich tun?«
    »Dieses Schiffswrack, von dem der chelgrianische Gesandte aufgelesen wurde.«
    »Ja?«
    »Weißt du Genaueres?«
    »Es war ein Vertragskaperkreuzer des Itirewein-Clans, der der Loyalistenfaktion angehört. In der Endphase des Kastenkriegs wurde er überwältigt. Der Rumpf wurde vor einigen Wochen in der Nähe des Sterns Reshref entdeckt. Der Name des Schiffs war Wintersturm.«
    Kabo sah Ziller an, der offensichtlich in das Gespräch einbezogen war. Der Chelgrianer zuckte die Achseln. »Noch nie davon gehört.«
    »Gibt es irgendwelche näheren Informationen über die Identität des Gesandten?«, fragte Kabo.
    »Ein paar. Wir kennen seinen Namen noch nicht, aber anscheinend ist oder war er ein Militäroffizier

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