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Blicke windwärts

Blicke windwärts

Titel: Blicke windwärts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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mittleren Alters, der sich in den Dienst der Religion gestellt hat.«
    Ziller schnaubte. »Welche Kaste?«, fragte er mürrisch.
    »Wir glauben, er ist ein Geschenkter aus dem Haus Itirewein. Ich muss jedoch darauf hinweisen, dass ein gewisser Grad Unsicherheit in diesen Angaben steckt. Chel war nicht sehr entgegenkommend, was Informationen betrifft.«
    »Was Sie nicht sagen«, höhnte Ziller und blickte über das Heck des Flugzeugs, um zuzuschauen, wie die gelb-weiße Sonne die letzte Phase ihres Aufgehens beendete.
    »Wann erwarten wir die Ankunft des Gesandten?«, fragte Kabo.
    »In etwa siebenunddreißig Tagen.«
    »Verstehe. Danke.«
    »Gern geschehen. Einer von uns, ich oder Dn. Tersono, wird später mit dir sprechen, Kabo. Jetzt lasse ich euch Kerle erst mal in Ruhe.«
    Ziller richtete eine Bemerkung an seinen Pfeifenkopf.
    »Ist es von Bedeutung, welcher Kaste dieser Gesandte angehört?«, fragte Kabo.
    »Eigentlich nicht«, antwortete Ziller. »Mir ist es gleichgültig, wen oder was sie schicken. Ich habe keine Lust, mit so einem Typen zu reden. Sicher lässt der Umstand, dass sie jemanden aus den herrschenden Militärkreisen schicken, der zufällig auch noch ein frommer Speichellecker zu sein scheint, darauf schließen, dass sie sich keine besonders große Mühe geben, sich bei mir einzuschmeicheln. Ich weiß nicht, ob ich mich beleidigt oder geehrt fühlen soll.«
    »Vielleicht handelt es sich um einen großen Bewunderer Ihrer Musik.«
    »Ja, vielleicht hat er einen Zweit- oder Drittjob als Musikprofessor an einer der besseren Universitäten«, sagte Ziller und zog erneut an der Pfeife. Etwas Rauch stieg nun aus dem Kolben auf.
    »Ziller«, sagte Kabo. »Ich würde Sie gern etwas fragen.« Der Chelgrianer sah ihn an. Kabo fuhr fort. »Das umfangreiche Werk, an dem Sie gearbeitet haben – könnte es ein Zeichen für das Ende der Zwillingsnovae-Periode sein, von Nabe in Auftrag gegeben?« Er ertappte sich dabei, dass er unwillkürlich in die Richtung des hellen Punktes starrte, der Portisia war.
    Ziller lächelte zaghaft. »Bleibt das, was Sie von mir erfahren, unter uns?«, fragte er.
    »Selbstverständlich. Sie haben mein Wort.«
    »Also dann – ja«, sagte Ziller. »Eine Symphonie in voller Länge, um dem Ende von Nabes Trauerperiode ein Denkmal zu setzen, sowohl eine Meditation über die Schrecken des Krieges als auch ein Fest des Friedens, der seither mit nur ganz kleinen Schönheitsfehlern herrscht. Die Aufführung soll live gleich nach Sonnenuntergang stattfinden, an dem Tag, an dem die zweite Nova aufgeht. Wenn ich die Regie mit der üblichen Genauigkeit durchführe und den zeitlichen Ablauf richtig anlege, müsste das Licht beim Einsetzen der letzten Note erstrahlen.« Ziller sprach mit einem genüsslichen Unterton. »Nabe hat vor, so etwas wie eine Lichtschau für das Stück zu arrangieren. Ich weiß noch nicht, ob ich das gestatten werde, aber wir werden sehen.«
    Kabo vermutete, der Chelgrianer war froh, dass jemand sein Vorhaben geahnt hatte und er darüber reden konnte. »Ziller, das ist eine wundervolle Neuigkeit«, sagte er. Es würde das erste Stück in voller Länge sein, das Ziller seit seinem selbst gewählten Exil vollenden würde. Manche Leute, einschließlich Kabo, hatten befürchtet, Ziller würde niemals wieder irgendetwas in dem wahrhaft monumentalen Maßstab hervorbringen, in dem er sich als so großer Meister erwiesen hatte. »Ich freue mich darauf. Ist es schon fertig?«
    »Beinahe. Ich poliere noch ein wenig daran herum.« Der Chelgrianer blickte zu dem Lichtpunkt hinauf, der die Nova Portisia war. »Es ist sehr gut gelaufen«, sagte er versonnen. »Wundervolles Rohmaterial. Etwas, in das ich mich richtig hineinverbeißen konnte.« Er lächelte Kabo ohne Wärme an. »Selbst die Katastrophen der anderen Betroffenen spielen sich irgendwie auf einer anderen Ebene der Eleganz und ästhetischen Verfeinerung ab, verglichen mit Chel. Die Gräueltaten meiner eigenen Spezies haben ausreichend Tod und Leid verursacht, aber sie sind langweilig und kitschig. Man hätte annehmen dürfen, dass sie mich mit besseren Inspirationen versorgen würden.«
    Kabo schwieg ein paar Augenblicke lang. »Es ist traurig, wenn man sein eigenes Volk so sehr hasst, Ziller.«
    »Ja, das ist es«, pflichtete Ziller bei und blickte hinaus zum fernen Großen Fluss. »Obwohl dieser Hass zum Glück ein entscheidender Impuls für meine Arbeit ist.«
    »Ich weiß, es besteht nicht die geringste Aussicht, dass Sie

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