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Blicke windwärts

Blicke windwärts

Titel: Blicke windwärts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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Steilabhang, und die Luft, die über die Felder des Flugzeugs strömte, fühlte sich an seinem Rückenschild eisig an. Die Geschwindigkeit des Aufstiegs hatte sich beträchtlich verringert, und Felis Haar wehte nun mehr zur einen Seite und peitschte nicht mehr rund um ihren Kopf.
    »Bis später!«, brüllte sie durch die Luft. Dann ließ sie los.
    Sie lehnte sich hinaus; als Erstes lösten sich die Handschuhe, dann die Stiefel; Kabo sah, wie die glänzenden Krallen zurückschnellten, im Sonnenlicht orange-gelb reflektierend, während sie fiel. Von dem Gewicht befreit, stieg der Blimp rascher zum Himmel auf.
    Kabo und Ziller schauten zur selben Seite des Flugzeugs hinaus; es stieß zurück, hielt die Höhe, dann wendete es blitzschnell, damit sie die Frau in ihrem Sturzflug beobachten konnten. Sie trat mit den Beinen und breitete die Arme weit aus; die Rippen der Gleitflossen spreizten sich und verwandelten sich mit einem einzigen Flattern in riesige blaue und grüne Vogelschwingen. Über das Rauschen des Windes hinweg hörte Kabo ihr wildes Juhu. Sie schwenkte ab, dem Sonnenaufgang entgegen, dann drehte sie sich weiter und verschwand vorübergehend hinter dem Bannerblatt. Am Himmel rings um sie herum konnte Kabo eine Handvoll weiterer Flieger ausmachen; winzige Punkte und Gestalten, die unter den angebundenen Ballons der aufgestiegenen Blimpbäume durch die Luft kurvten.
    Feli drehte sich wieder; sie gewann jetzt an Höhe und vollführte eine Aufwärts-Kehre, die sie direkt unter sie brachte. Das Flugzeug schwenkte leicht in der Luft, damit sie sie im Blick behielten.
    Sie glitt zwanzig Meter unter ihnen vorbei, schlug einen Purzelbaum und brüllte ihnen etwas zu, ein breites Grinsen im Gesicht. Dann rollte sie wieder herum, um dem Himmel den Rücken darzubieten, legte die Flügel an und ließ sich in die Tiefe sacken. Es sah aus, als würde sie in den Boden tauchen. »Oh!«, entfuhr es Kabo unwillkürlich.
    Angenommen, sie würde zu Tode kommen? Er hatte bereits damit begonnen, im Kopf das nächste Sprechstück zu komponieren, das er an den Homomdanischen Fern-Korrespondenten-Nachrichtendienst schicken wollte. Seit beinahe neun Jahren schon schickte Kabo alle sechs Tage diese anschaulichen Berichte nach Hause und hatte sich einen kleinen, aber treuen Hörerkreis aufgebaut. Bisher war es ihm erspart geblieben, jemals über einen Unfalltod zu berichten, und die Vorstellung, dass er das diesmal vielleicht tun müsste, gefiel ihm gar nicht.
    Dann spreizten sich die blauen und grünen Schwingen erneut, und die Frau stieg wieder höher, einen Kilometer weit entfernt, bevor sie schließlich hinter einem Zaun aus Bannerblättern verschwand.
    »Unser Engel ist nicht unsterblich, oder?«, fragte Ziller.
    »Nein«, antwortete Kabo. Er wusste nicht genau, was ein Engel war, fürchtete jedoch, er würde einen zu unbedarften Eindruck machen, wenn er Ziller oder Nabe um eine Erklärung bitten würde. »Nein, sie ist nicht gesichert.«
    Feli Vitrouv gehörte, wie etwa die Hälfte aller Gleitflossenflieger, zu jenen, von denen keine Aufzeichnung ihres Gehirnbestands existierte, um sie wiederzubeleben, fall sie zu Boden stürzten und getötet wurden. Allein schon der Gedanke bereitete Kabo ein unbehagliches Gefühl.
    »Sie bezeichnen sich als Wegwerftruppe«, sagte er.
    Ziller schwieg eine Weile. »Seltsam, dass sich Leute mit Wonne Beinamen geben, die sie empört ablehnen würden, wenn sie von anderen damit bedacht würden.« Ein gelb-orangefarbenes Glanzlicht spiegelte sich in den blanken Flugzeugflächen. »Es gibt eine chelgrianische Kaste mit dem Namen ›die Unsichtbaren‹.«
    »Ich weiß.«
    Ziller blickte auf. »Hm. Wie kommen Sie mit Ihren Studien voran?«
    »Ach, ganz gut. Ich hatte nur vier Tage Zeit, und ich musste noch verschiedene eigene Arbeiten vollenden. Aber immerhin habe ich damit angefangen.«
    »Eine Aufgabe, um die Sie nicht zu beneiden sind, Kabo. Ich würde Ihnen im Namen meiner Spezies gern eine Entschuldigung anbieten, doch ich habe das Gefühl, das wäre überflüssig, da meine ganze Arbeit nur eine einzige Entschuldigung ist – mehr oder weniger.«
    »Oh, sagen Sie so etwas nicht«, widersprach Kabo, peinlich berührt. Sich derart für die Seinen zu schämen war… nun, beschämend.
    »Wohingegen diese Bande da«, sagte Ziller und deutete mit einem Nicken über die Seite des Flugzeugs zu den trudelnden Punkten von Gleitflossenfliegern hin, »einfach nur sonderbar ist.« Er lehnte sich in seinem Sitz

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