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Blicke windwärts

Blicke windwärts

Titel: Blicke windwärts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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Unermüdlich, unendlich mitfühlend, mit einem makellosen Gedächtnis und mit einer scheinbar telepathischen Fähigkeit, vorauszusehen, wer mit wem gut auskommen würde; die Anwesenheit eines Avatars wurde verständlicherweise bei jeder gesellschaftlichen Veranstaltung, die über eine gewisse Größe hinausging, als unerlässlich erachtet.
    ~Mit so einem silbernen Ding und einem Implantat müssen sich die Leute hier wahrscheinlich nie wirklich an den Namen einer einzigen anderen Person erinnern.~
    ~Ich frage mich, ob sie jemals ihren eigenen Namen vergessen.~
    Quilan plauderte wohlerzogen mit vielen Leuten und nippte an Tischen, die mit Essen voll beladen waren; alles war auf Tellern und Tabletts angerichtet, die mit Bildcodes versehen waren, um darauf hinzuweisen, was für welche Spezies genießbar war.
    Einmal hob er den Blick und stellte fest, dass sie den gewaltigen Aquädukt verlassen hatten und über eine weite, grasbewachsene Ebene reisten, die von etwas durchbrochen war, das aussah wie das Gestänge von riesenhaften Zelten.
    ~Kuppelbaum-Gerippe.~
    ~Ach ja?~
    Der Fluss strömte hier träger und hatte sich zu mehr als einem Kilometer von Ufer zu Ufer verbreitert. Weiter vorn zeichnete sich eine weitere Art von Massiv über dem Dunst und durch diesen hindurch ab.
    Das, was er zunächst für weit entfernte Wolken gehalten hatte, entpuppte sich als schneebedeckte Berggipfel, die die Spitze des Massivs umgaben. Tief gefurchte Klippen ragten beinahe senkrecht auf, beflaggt mit dünnen weißen Schleiern, die vielleicht Wasserfälle waren. Einige dieser schlanken Säulen erstreckten sich bis hinunter zum Fuß der Klippen, während andere, doch dünnere weiße Fäden auf halbem Weg nach unten verschwanden zwischen Wolkenschichten, die langsam an der großen sägezahnigen Felswand vorbeizogen, und sich mit diesen vermischten.
    ~Das Aquime-Massiv. Anscheinend fließt dieser kleine Bach um beide Seiten herum und mitten hindurch. Aquime-Stadt, in der Mitte, an der Küste der Hohen Salzsee, ist der Ort, wo unser Freund Ziller wohnt.~
    Er betrachtete den weiten zerklüfteten Verlauf der schneebedeckten Klippen und Berge, die sich aus dem Dunst materialisierten und mit jedem Herzschlag wirklicher wurden.
     
    In den Grauen Bergen lag das Kloster Cadracet, das dem Sheracht-Orden gehörte. Dorthin zog er sich zurück, nachdem er aus dem Hospital entlassen worden war – als Pflegefall. Die Armee hatte ihm einen verlängerten Urlaub gewährt, ein Vorzug, der bei seinem Dienstgrad üblich war. Das Angebot, auf eigenen Antrag ehrenhaft entlassen zu werden sowie eine bescheidene Pension zu beziehen, stand ihm immer noch offen.
    Er besaß bereits einen Haufen Orden. Einen hatte er bekommen, weil er überhaupt in der Armee war, einen, weil er ein Kämpfer war, der schon mal eine Waffe in der Hand gehalten hatte, einen weiteren, weil er ein Geschenkter war, der sich leicht vor dem aktiven Kampfeinsatz hätte drücken können, wieder einen, weil er verwundet worden war (mit einem zusätzlichen Balken, weil er schwer verwundet worden war), noch einen, weil er eine Sondermission durchgeführt hatte, und einen letzten Orden, der verliehen worden war, als man erkannt hatte, dass die Kultur für den Krieg verantwortlich war und nicht die Chelgrianer. Die Soldaten nannten ihn den ›Wir-können-nichts-dafür- Preis‹. Er bewahrte die Orden in einem kleinen Kästchen im Innern seines Schrankes in seiner Zelle auf, zusammen mit denen, die Worosei posthum verliehen worden waren.
    Das Kloster stand auf einem Felsvorsprung an der Schulter eines bescheidenen Gipfels, in einer kleinen Gruppe von Seufzerbäumen an einem rauschenden Gebirgsbach. Es blickte über die bewaldete Schlucht hinüber zu schroffen Felsen, Klippen, zu den mit Schnee und Eis bedeckten höchsten Gipfeln des Gebirges. Dahinter verlief die Straße von Oquoon zum Zentralplateau; sie führte über eine bescheidene, uralte Steinbrücke, die in dreitausend Jahre alten Liedern und Erzählungen bereits besungen und gefeiert wurde, über den Fluss; gegenwärtig wurde sie von ihren vielen steilen Haarnadelkurven bereinigt.
    Während des Krieges hatte ein Trupp von Unsichtbaren-Dienern, die bereits ihre Herren und die Bewohner eines weiteren Klosters am Weg weiter unten umgebracht hatten, Cadracet eingenommen und die Hälfte der Mönche gefangengenommen – all jene, die nicht geflohen waren, vor allem die älteren. Man hatte sie über den Schutzwall der Brücke in den von Felsen

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