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Bliefe von dlüben: Der China-Crashkurs (German Edition)

Bliefe von dlüben: Der China-Crashkurs (German Edition)

Titel: Bliefe von dlüben: Der China-Crashkurs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Y. Schmidt
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Konto als das bisherige zu überweisen. Der Vermieter war allerdings nur ein «Vermieter», und das Geld war nach der Überweisung weg. Im dritten Fall hatte der Student siebentausendfünfhundert Yuan auf ein Konto überwiesen, um so an einen «Gewinn» von dreihunderttausend Yuan zu kommen. Natürlich gab die Polizei den Studenten eine gewisse Mitschuld an den Betrugsfällen. Besonders erschwerend kam für die Behörden hinzu, dass die Studenten so gut Chinesisch gelernt hatten, dass sie in der Lage waren, die SMS zu lesen und zu beantworten. So klang es zumindest in der Zeitung.
    Gerade wollte ich triumphieren, weil mir so etwas natürlich nicht passieren kann, da stieg in mir der Verdacht auf, auch Herr Li könnte eventuell ein nicht vollkommen seriöser Geschäftsmann sein. Folglich ignorierte ich schweren Herzens sein verlockendes Angebot. Von nun an ließ ich mir von der Dolmetscherin nur noch Witze übersetzen, die ebenfalls gelegentlich auf meinem Handy eingehen und die mir immer wieder tiefe Einblicke in eine mehrere tausend Jahre alte Kultur gestatten. Den letzten bekam ich vor nicht allzu langer Zeit, und er ging so: «Ein Kader legt seine Hand auf den Oberschenkel seiner Sekretärin. Die Sekretärin fragt: ‹Haben Sie schon Zeile 11, Seite 361, Band   2 der Ausgewählten Werke von Deng Xiaoping gelesen?› Der Kader nimmt sofort seine Hand weg und schämt sich. Zu Hause schlägt er die Stelle nach und liest dort: ‹Führer und Kader. Seid noch mutiger!›» Über diesen Witz habe ich in den letzten Wochen öfter nachgedacht. Vielleicht ist er ja ein Wink mit dem Zaunpfahl? Hätte sie mir den Witz sonst nicht ganz anders übersetzt? Ich glaube, ich werde Herrn Li demnächst doch einmal anrufen müssen. Sonst finde ich nie heraus, was sie so denkt.
Nach Auskunft des chinesischen Industrieinformationsministeriums wurden 2007 in China insgesamt 592,1 Milliarden SMS verschickt. Druckte man die aus, könnte man damit unser gesamtes Sonnensystem tapezieren. Wie viele von diesen SMS Spam waren, sagt das Ministerium leider nicht. Die Infos von Herrn Li und Co. kann man inzwischen auch auf dem Mount Everest empfangen. China Mobile ließ mit Yaks und Sherpas eine Menge Gerät auf den Berg schaffen, um auf sechstausendfünfhundert Metern eine Mobilfunkstation zu errichten. Diese und zwei andere Stationen auf fünftausendachthundertzwanzig bzw. fünftausendzweihundert Metern sollten im Mai 2008 die Mobilfunkübertragung beim olympischen Fackellauf auf den Gipfel gewährleisten. Und das haben sie auch brav getan.

8 Ohne eingebauten Kompass
    Manchmal ist es wirklich zum Mäusemelken. Da berichtet man schon etliche Jahre direkt und detailliert aus der chinesischen Hauptstadt, und noch immer haben die Deutschen keine Ahnung von China. So wie der Bekannte, der mich neulich hier in Peking besuchte. Er wollte eigentlich nur nach Guangzhou, um dort ein paar Geschäfte zu machen. Nun liegt Guangzhou im Süden des Landes, in unmittelbarer Nachbarschaft Hongkongs, von Peking ist es zweitausend Kilometer entfernt. Früher nannte man die Stadt Kanton. «Hätte ich das gewusst», sagte da der Mann, «wäre ich doch gleich nach Hongkong geflogen und den Rest mit dem Zug gefahren.» Der Rest, das wären schlappe hundertvierundsiebzig Kilometer gewesen. Guangzhou hat aber auch einen brandneuen internationalen Flughafen. Siebenmal in der Woche fliegt die Lufthansa von Frankfurt aus direkt dorthin. Das habe ich meinem Bekannten nicht gesagt. Ich wollte ihn nicht zusätzlich deprimieren.
     
    Allerdings: Sowenig sich Ausländer in der chinesischen Geographie auskennen, so wenig tun das die Chinesen. Rund fünfzigtausend Wachmänner stehen in Peking herum, die nichts anderes machen, als in dieser extrem sicheren Stadt Parkplätze, Hotels, Supermärkte und die Eingänge von Wohnanlagen zu bewachen. Sie hätten eigentlich den lieben langen Tag Zeit, sich darüber klar zu werden, wo sie sich befinden. Sie wissen es trotzdem nicht. Fragt man einen von ihnen nach einem Restaurant, einer Straße oder einer berühmten Sehenswürdigkeit in Steinwurfnähe, zucken sie nur mit den Schultern und murmeln: «Bu zhi dao», keine Ahnung.
    Den Chinesen, so scheint es, fehlt der Orientierungssinn. Das ist mir schon zu meinen Singapurer Zeiten aufgefallen. Damals lernte ich einen chinesischstämmigen Mann kennen, der den lustigen Namen Jasper trug und der Offizier in der Singapurer Armee war. Eines Tages wollte mich Jasper zum Bowling abholen; der

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