Blind Date Mit Einem Rockstar
wissen. Ich legte eine Hand auf meine Augen. Gut, ich konnte durch meine Finger immer noch alles beobachten, aber wann würde ich mir schon jemals wieder einen Striptease von Simon zu sehen bekommen? Die Bauchmuskeln, die er entblößte, ließen mich ein paar Zentimeter in dem unbequemen Stuhl zurücksinken. Er machte mich immer noch ganz weich – das würde sich nie ändern.
Und dann checkte ich, was er meinte: über seiner Hüfte hatte er sich ein schwarz-weißes Tattoo in Schlangenform stechen lassen.
Ich betrachtete allerdings weniger die Schlange, die sich auf seinem Körper räkelte, als seinen traumhaften Körper.
»Also, Serena würde so ein Spruch nicht verschrecken«, murmelte ich mit belegter Stimme. »Und äh, schöner Körp…, äh, Tattoo! Das ist eine Kobra, oder? Die moch–« Die mochtest du schon immer , hätte ich beinahe gesagt. »Äh, würdest du bitte das Shirt wieder ein Stück runter- und die Hose ein wenig hochziehen? Serena hat gerade Fantasien und die sind nicht auszuhalten.«
Simon stieß diese seltsame Mischung aus Schnauben und Kichern aus. Wahre Männer kicherten ja nicht wie Mädchen. Sie schnicherten .
»Darf ich dir auch eine Frage stellen? Das ist ja immer noch ein Date.«
Ich zuckte mit den Schultern. »Nur zu.«
»Wer war deine erste Liebe?«
Bei dieser Frage brach mir der kalte Schweiß aus. Gleichzeitig überrollten mich wunderschöne Gefühle, die mich ein bisschen high machten.
»Serenas erste Liebe«, begann ich verträumt. »Das ist eine lange Geschichte …«
Völlig von den Klängen der Gitarre eingenommen starrte ich den Jungen mit den dunkelbraunen Haaren an. Noch nie hatte ich jemanden gesehen, der sich so in Musik verlieren konnte wie er: In totaler Trance hatte er die Augen geschlossen und bewegte den Kopf im Takt zu seinem Gitarrenspiel. Seine schlanken Finger glitten flink über die Saiten des Instruments.
Da ich den Song nicht kannte, nahm ich an, der Junge hatte ihn selbst komponiert. Er spielte ihn mit so einer Hingabe, dass ich mich fragte, ob es zu der Gitarrenmelodie vielleicht sogar eine Geschichte gab.
Der Junge saß mir genau gegenüber im Obus , aber er schien mich gar nicht wahrzunehmen.
Ich senkte betrübt den Kopf.
Das war doch kein Wunder. Jungs schenkten einem Mädchen wie mir keine Beachtung, außer wenn sie es piesacken wollten.
»Findest du mich gut, Grufti-Girl?«
Ich brauche ein wenig länger, um zu begreifen, dass mich der Junge mit der Gitarre gerade angesprochen hatte.
»Meinst du mich?«, fragte ich ihn.
»Ich sehe hier sonst keine, die im Hochsommer schwarze Klamotten und ein silbernes Kreuz um den Hals trägt«, meinte er sarkastisch. »Natürlich meine ich dich!«
»Ach, leck mich doch!« Ich zeigte ihm freundlich den Mittelfinger. »Arschloch.«
»Und wie spiele ich?«, wollte der unverschämte Gitarrist wissen. Er strich sich ein paar dunkelbraune Strähnen aus dem Gesicht, so dass ich seine Augen besser sehen konnte. Sie waren von einem unglaublichen Grün.
»Gut«, sagte ich zögerlich, weil er meine Beleidigung vollkommen ignoriert hatte. »Ich hab noch nie jemanden gesehen, der solch eine Leidenschaft beim Spielen zeigt wie du.«
»Danke.« Er lächelte mich an. »Ich bin Simon. Und wie heißt du, Grufti?«
»Nenn mich nicht so«, knurrte ich ihn an. »Nenn mich einfach Sera.«
»Ach, das war ein selbstverliebter Kerl, der sich für den Allergrößten hielt«, log ich und machte eine wegwerfende Handbewegung. Obwohl – das entsprach eigentlich ziemlich der Wahrheit … »Niemand, der eine Erwähnung wert wäre.«
Simon runzelte die Stirn.
Hatte Simon immer noch nicht den Verdacht, dass ich seine ehemalige Freundin war? Warum kapierte er nicht, dass Sera für Serena stand?
Ich wusste, dass ich mich verändert hatte, aber wir waren so verliebt ineinander gewesen. Wie konnte man eine alte Liebe nicht wiedererkennen?
»Und wenn wir schon einmal bei den sentimentalen Sachen wären, wie war deine erste wirkliche Liebe?«, fragte ich, um zu sehen, wie er mein früheres Ich beschreiben würde.
»Das genaue Gegenteil von dir«, sagte er ohne zu zögern. »Jedenfalls vom Aussehen her. Sie hätte sich nie so angezogen wie du. Vom Charakter her seid ihr euch ziemlich ähnlich. Impulsiv. Ihr sagt das, was euch als Erstes in den Sinn kommt.«
Ich schnaubte und verschränkte die Arme vor der Brust. »Wie war denn ihr Name?«
»Verena«, antwortete er mit ernstem Gesichtsausdruck.
»Verena«, wiederholte ich.
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