Blind Date mit Folgen - Roman
Gläser zu viel geworden, ich hab dann bei ihr im Gästezimmer geschlafen.« Sie zuckte die Achseln und lachte dabei, während ihre Finger mit der Vase spielten.
Er konnte sich nicht erinnern, dass Deborah je so viel Alkohol intus hatte, dass sie nicht mehr fahren konnte.
»Was habt ihr gesehen?«
»Hä?«
»Welchen Film habt ihr euch angeschaut?«
»Ah, den neuen mit Leonardo DiCaprio, ein Thriller, recht gut gemacht, hätte dir gefallen. Wir wollten uns den Streifen ja eigentlich zusammen anschauen.«
Er hatte keine Ahnung, nickte dennoch zustimmend.
»Und, war er gut?«
»Ja, wie gesagt, mir hat er gefallen.«
»Und, was gibt’s Neues von Yvonne und Peter?« Um seine Hände zu beschäftigen, begann er an seinem Toast zu knabbern. Sein Magen fühlte sich jedoch bleischwer an, so legte er das Brot wieder hin.
»Nicht viel, Papa hat wieder Schmerzen in den Beinen, er war beim Doktor, der konnte wiederum nichts finden. Wie immer. Willst du noch Kaffee?«
»Nein, danke.« Er erhob sich. »Ich geh duschen.« Er musste raus aus dieser Küche, raus aus der Wohnung.
»Was steht heute auf dem Programm? Wir haben den ganzen Tag sturmfrei, Michel hol ich ja erst abends … Soll ich dir beim Duschen Gesellschaft leisten?« Sie sah ihn herausfordernd an und er fühlte sich noch elender.
»Das ist verlockend, Schatz, nur sollte ich mich beeilen, weil ich ins Büro muss, wegen den Neukunden von gestern. Frank wartet auf mich.« Ergab das überhaupt einen Sinn? Vor ein paar Minuten noch war er mit Nichtstun beschäftigt und hatte seelenruhig in der Küche gesessen als sie heimkam. »Tut mir leid, dass es auf einen Sonntag fällt, aber ich mach’s wieder gut, versprochen.« Zur Bestätigung gab er ihr einen Kuss auf die Wange. Sie nickte, aber er konnte ihren Blick nicht deuten. Alex floh ins Badezimmer. Er schämte sich für sein erbärmliches Benehmen, dennoch konnte er nicht anders.
26
Sven stand in der Kochnische und bereitete sich ein paar Brote zu, als es lange klingelte. Er tauchte das Messer nochmals ein, leckte es genüsslich ab und begab sich anschließend ohne Eile Richtung Haustür.
Im Gehen streifte er sich ein T-Shirt über. Vor der Tür blieb er stehen und atmete dreimal tief durch, um sich in seine Rolle hineinzuversetzen, dann öffnete er.
Da stand er – sein Traum aus Fleisch und Blut. Mit verweinten Augen und verzweifeltem Gesicht. Maira streckte ihm eine Plastiktüte entgegen.
»Sven! Alle Fische sind tot!« Mairas schrille Stimme strapazierte seine müden Ohren. Sie hielt ihm die Tüte vor die Nase und der Gestank verwesender Fische schlug ihm entgegen. Sven wurde fast übel. Rasch zog er den Kopf zurück. »Was ist passiert?« Er zog sie in die Wohnung und schloss die Haustür.
Sie hörte ihm gar nicht zu und schluchzte mit der stinkenden Tasche in der Hand wild gestikulierend weiter. Er kannte die Geschichte ja, darum blendete er ihre Stimme für einige Momente aus und sein Blick glitt unauffällig über ihren Körper, der in einem engen, grauen Trainingsanzug steckte. Selbst wenn sie verheult war, sah sie scharf aus.
»… und als ich dann nachts nach Hause kam, waren sie alle tot. Alle. Einfach so. Wie kann das sein? Das passiert doch nicht einfach so.«
Nachts? Wieso nachts? Sven wurde sofort hellhörig und klinkte sich wieder ins Gespräch ein. Sie hatte also gar nicht die Nacht dort verbracht? »Du bist in der Nacht schon nach Hause gekommen?« Ja, ja, er sollte besser nach den Fischen fragen, aber er musste das jetzt wissen.
»Ja, in der Nacht, ich bin um halb zehn von dort weggefahren«, erwiderte sie ungeduldig. »Das erzähl ich dir später.« Sie holte wieder Luft, doch bevor sie weiterquasseln konnte – und damit sie seine fast schmerzvolle Erleichterung nicht sah –, nahm er sie in die Arme.
»Es tut mir leid mit den Fischen.«
Maira entzog sich der Umarmung und stapfte in den Wohnraum. »Sven, das kann doch nicht sein. Wie kann so etwas passieren?«
Er folgte ihr. Mairas Stimme war nun definitiv zu hoch. Wenn sie nicht bald aufhörte, würde er Ohrensausen bekommen.
»Alle Fische schwebten tot an der Oberfläche. Hoffentlich haben die armen Dinger nicht zu sehr gelitten.« Sie stand jetzt neben dem Sofa, genau hinter ihr an der Wand hing seine Lieblingslithografie ›Schwarzes Loch‹, ein tintenschwarzes Bild mit einem weißen Punkt in der Mitte. Die Öffnung im Dunkel verstand er als ständigen Hoffnungsschimmer, an den er sich in all der Zeit geklammert
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