Blind Date mit Folgen - Roman
langen, blonden Haar hatte sie wie ein Engel ausgesehen. Als er den Raum betrat, wurde er neugierig von ihr gemustert und statt sich zu seinen Kameraden zu gesellen, war er geradewegs auf sie zugesteuert. So direkt auf eine Frau zuzugehen und sie anzuquatschen, entsprach sonst überhaupt nicht seiner Art, aus Zeitmangel wollte er keine feste Freundin und deshalb war er beim anderen Geschlecht immer recht zurückhaltend gewesen. Aber als er Maira sah, konnte er nicht anders, als sie anzusprechen. Er dachte, er würde es sonst für immer bereuen. Sie sah nicht nur toll aus, es war auch ihre verspielte und mädchenhafte Art, die er liebte. Er konnte sie stundenlang anschauen und ihren Erzählungen lauschen. Ihre Augen sprachen Bände und sie zog ihn mit ihrem Blick in ihren Bann, ohne dass sie sich ihrer Ausstrahlung überhaupt bewusst war. Und wie sie lachte, sie hatte so ein ansteckendes Lachen, was hatten sie zusammen gelacht! Oftmals, bis ihnen die Tränen kamen. Egal, was um sie herum geschah, egal wie anstrengend seine Ausbildung war oder wie schwierig sich für Maira die Wartezeit bis zu deren Abschluss gestaltete und wie es sie manchmal frustrierte, egal, welche Probleme sie mit sich trugen; wenn sie zusammen waren, waren sie immer gut gelaunt und glücklich. Das hatte er nie zuvor erlebt und auch danach nicht mehr.
Plötzlich fühlte er sich ihr so nah, als ob sie neben ihm säße. Von Anfang an hatte er gewusst, dass Maira die Frau war, die er einmal heiraten würde. Wenn nur nicht alles schiefgegangen wäre.
»Möchten sie noch einen Kaffee, Monsieur?« Ein Kellner stand vor ihm. Alex sah auf die Wanduhr bei der Rezeption und stellte fest, dass es bereits 20.20 Uhr war. SECRETS verspätete sich.
»Nein, danke«, antwortete er, »im Moment nicht.« Den nächsten Kaffee wollte er mit ihr trinken. Oder, wenn sie hungrig war, würde er sie ins Restaurant nebenan führen.
Er rutschte etwas tiefer in den Sessel und ließ seine Gedanken schweifen, zurück nach Israel, zurück zu Maira. Sie hatte ihm alles bedeutet, unzertrennlich waren sie gewesen bis zu dem Zeitpunkt, als sein Vater den anonymen Hinweis erhielt, er, Yaron, seine Eltern, seine Schwester Yasmina und Maira stünden auf der Todesliste einer militanten Bewegung zur Befreiung Palästinas.
Yarons Familie war immer wohlhabend und einflussreich gewesen und an diesem Tage erzählte ihm sein Vater, woher der Reichtum stammte: Seine Firma ›Sadit Enterprises‹ produzierte Flugzeugteile und lieferte in den Anfangsjahren ihres Bestehens hauptsächlich an die israelische Luftwaffe. Profitable Aufträge aus dem Rüstungsbereich in den 80er-Jahren ermöglichten es ihm, Fabriken im ganzen Land aufzubauen. Der Erfolg seines Vaters basierte zum großen Teil auf geheimen Forschungen, die der Flugzeugunternehmer für das israelische Militär durchgeführt hatte und die sich somit gegen die Palästinenser richteten. Das war Ralph Sadit zum Verhängnis geworden. Obwohl er sich längst aus der lukrativen militärisch-industriellen Kooperation mit dem Staat zurückgezogen hatte und nur mehr für eine private Luftfahrtgesellschaft arbeitete, wurde seine Firma den Ruf des ›Geheimen Forschungslabors der Israelischen Armee‹ nicht mehr los. Gesundheitlich sehr angeschlagen, weil er an einem unheilbaren Rückenleiden litt, war sein Vater gezwungen, frühzeitig in Pension zu gehen. Das Unternehmen wurde bald auf Yaron überschrieben, und somit auch die Bürde der Vergangenheit.
Alex war sich nicht sicher, ob es je Frieden zwischen Israel und Palästina geben würde. Bis es jedoch vielleicht einmal soweit kam, griffen beide Parteien zu verschiedenen Maßnahmen, um ihr Territorium zu sichern und Gefahren so gut wie möglich zu bannen. Dazu zählten bei den Palästinensern auch die so genannten Schwarzen Listen: Untergrundkämpfer spürten ›suspekte Personen‹ auf, sperrten sie entweder ein oder eliminierten sie. Eines von beidem war für ihn und seine Familie vorgesehen.
Alex konnte zwar heute nicht mehr zu 100 Prozent hinter der radikalen Außenpolitik seines Landes stehen, aber damals, während seiner Militärzeit, hatte er seiner Regierung blind vertraut und war zu allem bereit, um sein Land und seine Familie zu verteidigen.
Maira hatte von der Bedrohung natürlich nichts gewusst, er hatte so gut er konnte alles von ihr ferngehalten. Ralph Sadit erfuhr es vier Wochen, bevor Yarons Armeezeit zu Ende war, von seinem alten Freund Simon Kerlinger, einem
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