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Blind Date mit Folgen - Roman

Blind Date mit Folgen - Roman

Titel: Blind Date mit Folgen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara Wernli
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Sitzungszimmer schleichen müssen, in der Hoffnung, dass niemand kam oder ihn hörte. Da Yarons vermeintlicher Tod schon zehn Jahre zurücklag, hatte es sich als mühseliges Unterfangen herausgestellt, und er war nur schleppend vorangekommen. Am liebsten hätte er sich dafür ein paar Tage freigenommen, aber da ein Teil der Belegschaft schon wieder in den Ferien weilte (nachdem sie im Sommer schon Urlaub nahmen!) und die andere Hälfte wegen Krankheit ausgefallen war, brauchte man ihn auf der Station. Wie verachtete er doch all die Mütter oder Familienväter, die mit ihren Wünschen beim Chef immer zuerst kamen, wenn es um die Urlaubsplanung ging. Singles wie er mussten sich dauernd hinten anstellen und mit den Resten zufrieden geben.
    Da Yaron nach Mairas Erzählungen aus Tel Aviv stammte, hatte Sven sich auf diese Stadt konzentriert, Archive durchkämmt und mit einigen seiner damaligen Lehrer persönlich gesprochen. Aber er war auf keinen grünen Zweig gekommen; von der Geburt bis zu seinem Tod fand er lückenlos Nachweise von Yarons Leben, ohne dass etwas Außergewöhnliches hervorstach.
    Sven hatte dann die israelischen Daten mit denen aus Deutschland verglichen. Zuerst war ihm nichts verdächtig erschienen, er wollte bald aufgeben und seine letzte Hoffnung in den schon beinahe abgeschriebenen Rückruf des Bundeswehrbeamten setzen. Doch dann hatte er seine Notizen nochmals durchgesehen und war stutzig geworden: Alexander Sailers Daten in Deutschland waren erst ab seinem zehnten Lebensjahr abrufbar gewesen. Es schien, als ob er vorher nicht existiert hatte. Auf den ersten Eintrag war er in der Datenbank der Grundschule Berlin Neufeld im Jahr 1987 gestoßen. Es fehlten zehn Jahre! Svens Herz hatte zu rasen begonnen: Hier lag das Geheimnis begraben.
    Sein letztes Telefonat hatte er soeben mit seinem Bekannten bei der Zürcher Staatsanwaltschaft geführt. Ihm hatte er zusammengefasst von der ›Akte Y‹ erzählt und ihn nach seiner Einschätzung gefragt. Markus Sommers Vermutung nach handelte es sich um einen so genannten Identitätswechsel. Das sei ein auf der ganzen Welt verbreitetes Instrument, um vor Geldsorgen, familiären Problemen, der Polizei, Mafia oder sonstigen Verfolgern zu fliehen. Sehr kostspielig, aber effizient. Sommer erklärte weiter, dass eine falsche Identität selten aufflog, und wenn, dann nur, weil jemand Verdacht geschöpft hatte und den Lebenslauf der Person gezielt zurückverfolgte, so wie Sven es getan hatte. Das geschehe recht selten, meinte der Staatsanwalt, denn es wusste ja niemand von der falschen Identität, weshalb es normalerweise keinen Grund für Nachforschungen gab. Hier sei zudem ein klassischer Fehler passiert; die Agentur hatte mit der Dokumentation der neuen Identität erst in Yarons Kindheit – in der Grundschule – begonnen. Ob aus Nachlässigkeit oder Ignoranz; sobald jemand erst einmal Lunte roch, sei ein solches Versäumnis fatal.
     
    Sven hatte, was er wissen wollte. Er wollte sein Büro endlich verlassen, als er sah, dass seine Handflächen wieder leicht zu bluten anfingen. So entnahm er dem Erste-Hilfe-Kasten zwei große Pflaster und klebte sie auf die frischen Wunden.
    Da der Computer noch lief, druckte er die gestern erhaltene E-Mail mit FEUER33s Handynummer aus. Dann schob er das ganze Durcheinander von herumliegenden Blättern in den Koffer, den er diesmal nicht im Spind einschließen, sondern nach Hause mitnehmen wollte. Er zog seinen Ärztekittel aus, hängte ihn über den Kleiderständer und machte sich auf den Heimweg.

39
    »Wenn du blau und gelb mischst, bekommst du grün«, erklärte Deborah ihrem Sohn und machte dazu eine Handbewegung, mit der sie das Ineinanderfließen verschiedener Farben demonstrieren wollte. Anscheinend sah das sehr witzig aus, denn Michel lachte glucksend. Dann nickte er lebhaft und beugte sich wieder über seine Zeichnung.
    »Einfach!«
    »Ja, das ist es«, stimmte sie ihm zu. »So kannst du jede Farbe der Welt mischen, ohne dass du sie kaufen musst. Schau!« Er sah erneut auf. Sie riss ein Blatt vom Block, nahm einen Pinsel, tauchte ihn in die gelbe Farbe und malte eine kleine Fläche aus. Sie reinigte den Pinsel im Wasserglas, nahm etwas von der blauen Farbe und malte über das Gelb, bis die Farbe grünlich schimmerte. Michel schien beeindruckt und wollte es nachmachen.
    Deborah lehnte sich zurück und beobachtete ihren Sohn. Wie einfach es doch war, Kinder glücklich zu machen. Sie saß mit ihm in der Küche und half ihm bei

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