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Blind ist der, der nicht lieben will

Blind ist der, der nicht lieben will

Titel: Blind ist der, der nicht lieben will Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mathilda Grace
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Sehr ernst. „Und merk dir ebenfalls, dass es nicht deine Schuld war.“
    Nick zerbrach. Wie ein Kartenhaus, das nicht korrekt aufgebaut worden war, fiel er in sich zusammen. „Ich hätte früher weggehen sollen“, flüsterte er und beugte sich soweit vor, dass er die Arme auf die Tischplatte legen und sein Gesicht in der so entstandenen Mulde verstecken konnte.
    „Wohin denn? Auf die Straße?“, hielt Will leise und eindringlich dagegen. „Du warst ein Kind, Nick, und seine Kinder beschützt man. Man liebt sie und zieht sie auf. Man hilft ihnen dabei, ihren Weg ins Leben zu finden, aber man schlägt sie nicht.“
    Nick hätte am liebsten laut gelacht, aber er brachte keinen Ton heraus. Liebe? Was war das überhaupt? Er war nie geliebt worden. Weder von seiner Mutter, noch von seinem Vater. Und Schutz? Adrian hatte ihn geschützt, später, als Nick sich schon so sehr vor allem verschlossen hatte, dass er oft genug geglaubt hatte, er würde gar nichts mehr fühlen. Hilfe? Auch die hatte Adrian ihm als erster in seinem verkorksten Leben überhaupt gegeben und er gab sie ihm noch immer, sobald er sie brauchte.
    Doch eines Tages war Tristan mit seiner ganzen Familie gekommen. Und durch eben diese Familie hatte er erst begriffen, was das Wort eigentlich bedeutete. Das hatte Nick als kleiner Junge immer für sich selbst haben wollen. Ganz genau das, was Tristan, Connor und ihre Schwester Violett bekommen hatten, ohne je etwas dafür tun zu müssen. Liebe, Zuneigung und Hilfe. Ein Lächeln und eine Umarmung. Unterstützung und Schutz, wann immer er nötig war. Aber vor allem ein richtiges Zuhause. Adrian hatte ihm jahrelang auf seine Art zu leben, Hilfe, Schutz und ein Zuhause gegeben, doch es war niemals genug gewesen. Nick wollte mehr und wusste gleichzeitig nicht, wie er dieses 'mehr' in Worte fassen sollte.
    „Ich bin wie er geworden“, flüsterte er schließlich tonlos. „Ich hätte Tristan nicht schlagen dürfen. Was ist nur in mich gefahren? Immer wieder habe ich mir gesagt, du wirst nie wie er und schon bei dem kleinsten Problem fahre ich aus der Haut? Dass darf nicht mehr passieren. Niemals. Ich werde es ihm nicht nachmachen, eher bringe ich mich um.“
    „Nick, sieh mich an.“
    Nick tat es und Wills Blick war eine Mischung aus Strenge, Liebe und väterlicher Sorge. „Allein schon, weil du es nicht willst und dir das vor Augen führst, wirst du niemals wie dein Vater werden. Und ich will nie wieder von dir hören, dass du es eher in Betracht ziehst, dich umzubringen, als jemandem eine, in diesem Fall sogar verdiente, Ohrfeige zu verpassen. Das ist keine Lösung für mich, Junge, und für dich auch nicht.“ Will hob seine Hand und strich ihm zärtlich über die Wange, bevor er aufstand. „Außerdem würde es Rachel und mir das Herz brechen.“
    Nick blieb der Mund offenstehen. Nicht nur, wegen Wills letztem Satz, sondern auch wegen seinen vorherigen Worten. „Woher weißt du das?“
    „Dass es dein Vater war?“ Er schwieg, was für Will wohl Antwort genug war. „Beim Großteil aller Fälle von Kindesmisshandlung sind die eigenen Eltern die Täter. Ich wusste nicht, dass es dein Vater war, bis du es mir bestätigt hast.“ Will schaute ihn forschend an. „Tristan weiß es, nicht wahr? Er hat mir den Wortlaut nicht sagen wollen, der der Auslöser für euren Streit war, er erzählte nur, er hätte dich auf übelste Weise provoziert.“
    Tristan hatte geschwiegen. Trotz allem. Nick schluckte. „Mein Vater hat sich zu Tode gesoffen.“
    „Verstehe“, seufzte Will nickend und runzelte im nächsten Moment die Stirn. „Lass mich raten... Tristan hat eben dieses Wissen über deinen Vater gegen dich eingesetzt.“
    „Er meinte, dass es eigentlich erstaunlich wäre, dass ich nichts von seiner Sauferei mitbekommen hätte, obwohl ich ja durch meinem Vater genug Erfahrung damit hätte.“
    Wills Blick verdunkelte sich. „Das hat er gesagt?“
    Nick beließ es erneut bei einem Nicken.
    „Dann hat er deinen Schlag noch viel mehr verdient“, murrte Will verärgert und ging zur Tür, um sich an selbiger noch einmal zu ihm umzudrehen. „Was nicht bedeutet, dass ich meine Meinung über jede Art von Schlägerei im Allgemeinen geändert habe oder ändern werde, verstanden?“

    Erholen. Pah. Nick wusste, dass Will es nur gut meinte, aber ihr Gespräch war gerade einmal zwei Tage her und er drehte förmlich am Rad, weil er seither einfach nichts zu tun hatte. Vor einer Stunde hatte er sogar schon darüber

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