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Blind ist der, der nicht lieben will

Blind ist der, der nicht lieben will

Titel: Blind ist der, der nicht lieben will Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mathilda Grace
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Täter heute weit von dir weg sind.“
    Weiter weg ging es gar nicht. Ein Grab. Auf einem Friedhof. Irgendwo, er hatte verdrängt, wo. Nick wollte sich nicht erinnern, er wollte sich nicht damit befassen. Vergessen. Das wollte er. Es hatte doch so lange funktioniert, wieso jetzt nicht mehr? Wie konnte ein Mann noch über ihn herrschen, obwohl er tot war? 'Du verfluchte Säufer, fahr endlich zur Hölle, da wo du hingehörst.' Nick sprach es nicht aus, weil er viel zu sehr damit beschäftigt war, vor lauter Wut auf seinen Vater nicht zu zittern.
    „Nick?“
    „Er ist tot, okay? Und wenn er nicht selbst dafür gesorgt hätte, hätte ich es getan!“, schrie er Will abrupt an und verfluchte sich im nächsten Moment dafür. „Mein Gott.“ Nick schlug die Hände vors Gesicht. „Das habe ich nicht gesagt. Das habe ich nicht gesagt.“
    „Doch, hast du, und ich finde es gut“, konterte Will trocken.
    Nick sah ungläubig auf, aber Tristans Vater meinte seine Worte genauso, wie er sie eben gesagt hatte. „Du findest es gut?“
    „Wer Kinder schlägt, hat von mir nichts zu erwarten, Nick.“ Will stützte sich mit beiden Ellbogen auf dem Tisch ab und verschränkte seine Finger ineinander, um ihn nachdenklich anzusehen. „Mein Sohn hat mir erzählt, was passiert ist, und auch wenn er den Schlag verdient hat, wirst du dich dafür entschuldigen, so wie er es tun wird, verlass dich darauf. Haben wir uns verstanden?“
    Nick begnügte sich mit einem Nicken, bevor er fragte, „Ist seine Nase in Ordnung?“
    Will lehnte sich wieder zurück und winkte nebenbei gelassen ab. „Mach dir keinen Kopf deswegen. In ein paar Tagen ist davon nichts mehr zu sehen. Durch das Blut sah die Sache zuerst schlimmer aus, als sie im Endeffekt war.“
    „Gott sei Dank“, seufzte Nick erleichtert.
    „Ich möchte, dass du die nächsten Tage hier bei meinem Sohn und Daniel bleibst. Ich werde mich mit Matt um Tristan kümmern.“ Will schüttelte den Kopf, als er sofort widersprechen wollen. „Versteh' mich nicht falsch, aber du bist im Moment zu angreifbar, genau wie Tristan. Matt sieht das ebenso und er hat als Psychologe viel mehr Einblick, als du oder ich. Und er hat schon Connor und Daniel bei ihren Therapien begleitet und unterstützt. Warte bitte ab, bis Tristan seine Entgiftung geschafft hat, und nutz' die freie Zeit, um dich zu erholen. Reden könnt ihr danach. Jetzt würdet ihr euch nur noch mehr verletzen und ich bezweifle, dass du das willst. Ihr braucht beide eine Auszeit voneinander.“
    „Ich habe ihm versprochen, dass ich helfe“, wandte Nick ein und sah Will beinahe schon verzweifelt an. „Wie sieht das denn für ihn aus, wenn ich jetzt...?“
    „Red' keinen Unsinn!“ Will sah ihn finster an. „Tristan weiß nur zu gut, dass du ihm immer helfen wirst, genauso wie er weiß, dass du nur wenige Minuten von ihm entfernt bist. Er ist krank, nicht senil, gleiches gilt im Übrigen auch für dich. Also hör' auf, dir Schuldgefühle deswegen einzureden. Es reicht völlig, dass Connor das tut. Und noch etwas... Tristan kennt Connors Telefonnummer in und auswendig. Du wirst abwarten, bis er soweit ist und sich bei dir meldet. Hast du verstanden?“
    Nick schüttelte den Kopf und vergrub das Gesicht erneut zwischen den Händen. „Ich hätte ihn nicht provozieren dürfen.“
    „Wenn nicht du, dann einer von uns. Ihr seid beide gleichermaßen schuldig, aber Tristan hatte kein Recht, dein Kindheitstrauma auf so eine Art und Weise gegen dich einzusetzen.“
    Nick verzog das Gericht. Erst Adrian und jetzt Will. „Will, hör' bitte auf damit.“
    „Nick? Wer hat dich geschlagen?“
    „Du hast gesagt, du würdest nicht fragen“, wehrte er müde ab und hätte sich am liebsten in irgendeiner Ecke zusammengerollt. Dieses verdammte Thema war ihm so was von über. Nick wollte nicht darüber reden. Es war schon schlimm genug, dass er Jahre und Adrians Hilfe gebraucht hatte, um von seinem Vater wegzukommen. Er wollte sein Versagen nicht vor den Bennetts ausbreiten. „Lass mich doch in Ruhe.“
    „Das kann ich nicht, dafür bedeuten mir meine Söhne zuviel.“
    Seine Söhne. Das klang immer, als würde er für Will dazugehören. Einfach so. „Ich bin nicht dein Sohn.“ Will lachte leise, was Nick dazu brachte wieder aufzusehen. „Was ist so lustig?“
    „Du bist so blind, Junge.“ Wills Blick war liebevoll, aber auch ein wenig tadelnd. „Du bist genauso mein Sohn, wie Daniel es ist, merk dir das.“ Dann wurde Wills Blick ernst.

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