Blind ist der, der nicht lieben will
Schritten genau in die entgegengesetzte Richtung zu verschwinden, woraufhin Nick sich Tristan zuwandte, der direkt neben ihm stand und ihn mit geweiteten Augen ansah. Wie er diesen Blick hasste.
„Geht's dir gut?“, fragte Nick behutsam. Keine Reaktion, was ihn umgehend nervös machte. „Tristan, geht’s dir gut?“, wiederholte er lauter.
Tristan blinzelte, erwachte dann mit einem tiefen Luftholen aus seiner Starre und fiel im nächsten Moment wie ein Häufchen Elend förmlich in sich zusammen. „Ja, alles okay... Eine Sekunde lang dachte ich... ich dachte, der würde mir... Scheiße.“
Genau das hatte er auch gefürchtet und so sehr Nick sich im Kopf dagegen sträubte, weil er panische Angst davor hatte, er konnte nicht anders, als zu Tristan zu gehen und dessen Gesicht zwischen die Hände zu nehmen, um ihm mit seinen Fingern beruhigend über die bleichen und viel zu kalten Wangen zu streicheln.
„Ich hätte es nie zugelassen“, flüsterte er.
„Ich weiß.“ Tristan schloss kurz die Augen, um ihm dann offen in seine zu sehen. „Ich liebe dich. Ich weiß, du willst das nicht von mir hören, von niemandem, aber ich liebe dich. Seit vielen Jahren schon.“
Nick brachte kein einziges Wort heraus, obwohl sein Herz danach schrie, Tristan das Gleiche zu antworten. Doch sein Kopf kämpfte dagegen und Nick konnte nicht ohne ihn. Er brauchte seinen klaren Verstand, so wie andere Menschen die Luft zum atmen. Nick wusste, dass er Tristan mit seiner Abweisung wehtun würde, aber die Angst davor zuzulassen, was sein Herz, was er wollte, war viel zu groß. Er war nicht der richtige Partner für einen so perfekten Mann wie Tristan. Er war... zu gefährlich.
„Wieso?“, fragte er schließlich, unfähig sich zurückzuhalten, obwohl Nick wusste, dass es das Falscheste überhaupt war, Tristan deswegen einen Vorwurf zu machen. „Wieso, Tris? Du könntest jeden Mann haben. Jeden, außer mir.“
„Ich weiß.“
Nick schüttelte total aufgewühlt den Kopf. „Jeden anderen Kerl auf der Welt... aber nicht mich, Tristan. Nicht mich.“
„Ich weiß“, wiederholte Tristan leise.
„Verdammt“, fluchte er und wusste doch gleichzeitig, wie schäbig es war, seine Ängste auf Tristan abzuwälzen.
„Glaubst du vielleicht, ich habe es mit Absicht gemacht?“
Es war die Resignation in Tristans Stimme, die Nick half wieder soweit runterzukommen, dass er seine Panik zurückdrängen konnte. Er seufzte leise und lehnte seine Stirn gegen Tristans. „Nein. Ich bin vielleicht blind, aber nicht total bescheuert.“ Es fühlte sich so gut an, als Tristan die Arme um seinen Nacken legte und sich an ihn schmiegte. Es hatte sich schon immer gut angefühlt. Wie hatte er nur so blind sein können? „Ich hatte wirklich keine Ahnung.“
„Ich weiß.“
Nick seufzte wieder. „Tris, ich... ich kann...“ Wie sollte er erklären, was in ihm vorging? Tristan würde sich von ihm abwenden, wenn er davon erfuhr, und das wollte er auf keinen Fall. Er durfte Tristan nicht verlieren. „Ich kann nicht...“
„Genau deshalb habe ich nichts gesagt, weil ich weiß, wie viel Angst du seit jeher davor hast, dass sich jemand ernsthaft in dich verliebt“, unterbrach der sein Gestammel, was sofort dafür sorgte, dass Nick sich noch schlechter fühlte, als sowieso schon.
„Es tut mir so leid.“
„Muss es nicht. Ich kann dir ja schlecht die Schuld dafür geben, dass du so umwerfend bist.“ Tristan grinste. „Obwohl...“
„Blödmann“, murrte Nick unwillkürlich, was sie beide zum Lachen brachte, bevor er sagte, „Ich wünschte, ich könnte es dir sagen.“
Tristan lächelte ihn an. „Du musst mir nichts erklären, solange du es nicht kannst“, flüsterte er und löste seine Umarmung, um ihm zärtlich über die rechte Wange zu streicheln. „Du bist der Einzige und wirst es bleiben. Ich kann warten.“
„Tris...“
Dessen Finger auf seinen Lippen brachte ihn recht wirkungsvoll zum schweigen. „Es gibt Dinge, die sind es wert, für immer auf sie zu warten“, sagte Tristan leise und eindringlich. „Ich liebe dich und ich werde warten. Du oder keiner.“
Nicks Augen weiteten sich begreifend und im nächsten Augenblick hatte er Tristans Finger von seinen Lippen genommen, um energisch den Kopf zu schütteln, zwischen purer Liebe und blankem Entsetzen hin und her schwankend. „Tris, mach das nicht. Häng' dich nicht an mich. Ich bin es nicht...“
„Zu spät. Und du bist es sehr wohl wert.“ Tristan löste sich von ihm und
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