Blind ist der, der nicht lieben will
oder lieber flüchten wollte, kam Tristan samt dem Kerl zurück an ihren Tisch, um ihn beunruhigt anzusehen.
„Nick? Was ist denn los? Du bist plötzlich ganz blass.“
„Er muss gerade was verdauen“, murmelte Matthew nichtssagend und tauschte einen Blick mit dem Schönling, der daraufhin zu ihm, dann zu Tristan und wieder zurück zu ihm schaute, um wohl zur gleichen Erkenntnis zu kommen, wie Nick selbst zuvor. „Wir sollten gehen, Kumpel. Die Beiden müssen dringend etwas klären“, meinte Matthew daraufhin und deutete zur Bar. „Hast du Lust? Ich geb' einen aus.“
Der Schönling schien allerdings andere Pläne zu haben. „Hat er es also endlich geschnallt?“
„Wer hat was geschnallt?“ Tristan schaute zu seinem Tanzpartner. „Wovon redest du, Michael?“
Michael hieß seine Konkurrenz also. Gut zu wissen. Jetzt musste er nur noch seinen Nachnamen und die Adresse herausfinden und dann würde er... Himmel! Nick rief sich selbst zur Ordnung. Gar nichts würde er. War er denn jetzt völlig verrückt geworden?
Michael grinste. „Ich rede von deinem Freund hier. Er sieht aus, als hätte ihn ein Bus überfahren, also nehme ich mal an, dass er endlich begriffen hat, dass du ihn liebst.“
„Michael!“
Matthew neben ihm stöhnte auf. „Das war nicht sehr feinfühlig.“
Michael zuckte mit den Schultern und sah mit einem liebevollen Lächeln zu Tristan, der ihn fassungslos anstarrte. „Ich habe keine Chance bei dir, also sollst du wenigstens eine bei ihm haben.“
Nick blieb entsetzt der Mund offenstehen, als Tristan ihm einen verlegenen Blick zuwarf, der alles sagte und ihm bestätigte, was Matthew erklärt und was er selbst gerade erst verstanden hatte. Er sprang auf. „Ich muss hier raus.“
„Nun geh' schon“, hörte Nick Matthew noch sagen, dann verschwand er in der Menge und stand kurz darauf in der kalten Nachtluft vor dem Club, um dann umgehend den Weg zu ihrem Hotel einzuschlagen. Bloß weg hier.
„Nick, warte.“
Nick schüttelte den Kopf und beschleunigte seine Schritte. Den Teufel würde er tun. Ausgerechnet Tristan. In jeden anderen hätte der sich verlieben sollen, aber doch nicht in ihn. Er würde schon irgendwie mit seiner Eifersucht leben können, er hatte das Gefühle unterdrücken perfektioniert, aber Tristan würde das niemals können und es auch gar nicht wollen. Verdammt. 'Wieso, verflucht nochmal? Wieso hast du das nur getan, Tris?' Er sprach seinen Vorwurf nicht aus, weil Nick wusste, dass er lächerlich war.
„Hey, Hübscher... Willst du dich mir anschließen?“
„Nein!“, wehrte Tristan hinter ihm herrisch ab und Nick überfiel die nächste Gänsehaut.
„Komm schon, Hübscher...“
„Ich sagte, Nein!“
Panik. Angst. Entsetzen.
All das und noch viel mehr schwang in Tristans Stimme mit und es erinnerte Nick umgehend daran, was vor einigen Jahren mit Connor passiert war, was zwei Perverse Daniel angetan hatten und was ihm selbst von seinem eigenen Vater angetan worden war. Und er würde niemals zulassen, dass Tristan auch noch ein Opfer wurde. Schlimm genug, dass so viele andere Menschen, die Nick kannte und die ihm, jeder auf seine Weise, eine Menge bedeuteten, es bereits waren und mit den Folgen heute noch leben mussten.
Tristan würde nicht so enden. Er würde es nicht erlauben. Keiner würde ihn gegen seinen Willen anfassen, oder gar schlagen. Nicht, solange er es verhindern konnte. Allein die Vorstellung, Tristans wunderschöne Augen vor Angst und Panik weit aufgerissen zu sehen, verursachte Nick einen Anfall von Übelkeit. Es reichte, dass er als Kind und Teenager ständig mit einem völlig gehetzten Ausdruck im Gesicht in den Spiegel gesehen hatte.
Nick presste kurz und heftig die Augen zusammen. Großer Gott, er liebte Tristan über alles, warum war es ihm nur für solange Zeit nicht aufgefallen?
„Lass mich los, du Idiot.“
Da setzte etwas in ihm aus und Nick bemerkte erst, dass er kehrt gemacht hatte, als er die vor Schreck aufgerissenen Augen eines Unbekannten sah, bevor auch schon seine Faust in dessen bulligem Gesicht landete, was einen heftigen Schmerz bis zu seiner Schulter hochjagte, den Nick schlichtweg ignorierte, während sich sein wütender Blick auf den Typen richtete, der jetzt am Boden lag vor ihm lag und sich die Nase hielt. „Lass deine dreckigen Pfoten von ihm. Er gehört mir, kapiert?“
„Ich hab's kapiert. Ist schon gut, Mann“, nuschelte der Kerl und machte, dass er auf die Füße kam, um dann mit wankenden
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