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Blind vor Wut

Blind vor Wut

Titel: Blind vor Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Thompson
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»Worauf willst du hinaus?«
    »Du has mich damals geliebt, und ich dich auch, so sehr, da hab ich alles getan, was du wolltest. Ich hab dich sogar …« Ihre Stimme war nur noch ein Flüstern. »Hab dich machen lassen, was du wolltest, und manchmal – aber egal, egal. Wir ham immer gewartet, bis die Kinder schliefen, und wenn nich, dann würden die das nich mehr wissen, oder? Is schon zu lange her. So lange, lange her …«
    Sie verbarg ihr Gesicht mit den Händen, und ihre breiten Schultern schüttelten sich unter stummen Schluchzern.
    Ich befahl ihr streng, sich gefälligst zusammenzunehmen. Ich fragte sie, ob sie damit wohl andeuten wolle, dass ich – dass sie ihrer Tochter ein Beispiel gegeben habe, dem Lizbeth gefolgt sei, um dann auch Steve dazu anzustiften.
    Sie verbarg weiter ihr Gesicht und antwortete nicht.
    Ich zögerte und betrachtete sie, diesen ungeheuren Berg Fett, der früher mal eine attraktive junge Frau gewesen war. Endlich sagte ich, dass wir uns wahrscheinlich umsonst aufregen würden, da das Bild unzweifelhaft eine Fälschung sei.
    »Eine Fälschung?« Sie hob den Kopf. »Kommt mir furchtbar echt vor.«
    »Das soll es ja auch«, erklärte ich. »Du würdest eh nicht verstehen, wie man so etwas macht, aber …«
    »Es is zusammengesetzt«, unterbrach sie mich. »Die machen Bilder von den Gesichtern unserer Kinder und setzen sie auf die Körper von ein paar anderen drauf.«
    »Richtig«, sagte ich überrascht, aber vielleicht hätte ich nicht überrascht sein sollen. Um eine erstklassige OP-Schwester zu werden, braucht es eine gute Ausbildung und einen klugen Kopf. »Ich bin mir ganz sicher, das Bild ist eine Fälschung. Unsere Kinder würden so etwas ganz gewiss nicht tun.«
    »Glaub ich auch nich«, sagte sie und nickte. »Aber manche anderen wohl schon. Du un ich …« Sie bemerkte meinen Gesichtsausdruck und unterbrach sich schnell. »Un was machen wir jetzt, Dokta?«
    »Ich werde nachdenken«, antwortete ich. »Allein. Und ich möchte, dass du für mich ein paar Telefonanrufe machst. Vom Apparat in der Wohnung aus.«
    »Ja, Sir?«
    »Sage alle Termine mit den Patienten hier in der Praxis ab. Doch vorher rufst du im Krankenhaus an. Sag ihnen, ich hätte mir einen 24-Stunden-Virus eingefangen und könne heute nicht kommen. McManus oder Geraghty können für mich einspringen. Ich habe sie oft genug vertreten.«
    »Ja, Sir«, sagte sie eifrig. »Sofort, Dokta.«
    Sie verließ das Büro und schloss leise die Tür hinter sich.
    Ich lehnte mich zurück und begutachtete noch einmal das Foto. Es wurde mir immer klarer, dass es sich um eine Fälschung handeln musste, und zwar nicht nur, weil ich es mir wünschte. Zum einen war da die Tatsache, dass meine Kinder so etwas Schändliches niemals tun würden. Und wenn – was Gott verhüten möge! –, dann hätten sie sicher darauf geachtet, nicht dabei fotografiert zu werden. Ihr ganzes Leben lang habe ich ihnen eingetrichtert, wie wichtig die äußere Erscheinung ist; ich habe ihnen deutlich gesagt, dass der Anschein von etwas Schlimmem genauso übel sein kann wie das Schlimme selbst. Sie hätten niemals riskiert, in der Weise kompromittiert zu werden, wie das Foto es andeutete. Was immer auch meine Fehler sind, falls ich welche habe, dann jedenfalls nicht, dass ich meine Kinder zur Dummheit erzogen hätte.
    Und was die Person angeht, die ihnen, oder besser mir, mit diesem Übelkeit erregenden Bild schaden will …
    Das konnte nur eine Person sein. Die sogenannte Mary Smith. Sie hätte die finsteren Verbindungen, um eine solch gut gemachte Fälschung herstellen zu lassen, und auch das Motiv dazu. Ich hatte die Dinnereinladung ihres Sohnes ausgeschlagen und meinen Kindern jeglichen Kontakt mit ihm untersagt. So wie ich es auffasste, hatte ich gar nicht anders handeln können, aber diese Mary würde das wohl nicht so sehen. Sehr unwahrscheinlich! Sie war eine ungeheuer begehrenswerte Frau, aber sie konnte äußerst rachsüchtig sein, wenn sie verärgert war – das wusste niemand besser als ich.
    Bei unserer ersten Begegnung hatte ich darum gebeten, sie erst zu untersuchen, bevor wir Verkehr hätten, und vielleicht war ich ein wenig hochnäsig, doch sie war ja nur eine Nutte und ich ein erfolgreicher Arzt und Chirurg, der gerade eine – wie ich erwähnen muss, sehr gut aufgenommene – Rede vor der AMA gehalten hatte. Sie beantwortete meine Bitte damit, dass sie mir das Geld ins Gesicht schleuderte und mich einen schwarzen Hurensohn schimpfte.
    »Ich

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