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Blind

Blind

Titel: Blind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Hill
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Handgelenk und begutachtete die Wunde. Wenn sie die Frage für absonderlich hielt, so ließ sie es sich jedenfalls nicht anmerken. Sie konzentrierte sich auf ihre Arbeit.
    »Mein Hund ist da drüben«, sagte sie und nickte zu einer Ecke des Zimmers. »Und wie Sie sehen, hat er ein Auge auf mich. Der alte Junge kann ziemlich garstig werden. Ich würde ihm nicht zu nahe kommen.«
    Jude und Marybeth schauten in die Ecke. Auf einem Kissen in einem Hundekorb lag ein fetter alter Rottweiler. Er war zu groß für den Korb, und sein haarloser rosafarbener Hintern hing an einer Seite über den Rand. Kraftlos hob er den Kopf, sah sie mit rheumatischen, blutunterlaufenen Augen an, ließ den Kopf wieder sinken und ächzte leise.
    »Ist es das, was mit deiner Hand passiert ist?«, fragte Arlene. »Hat dich ein Hund gebissen, Justin?«
    »Was ist mit den Schäferhunden von meinem Vater passiert?«, fragte Jude
    »Er ist schon ziemlich lange nicht mehr in der Lage, sich um einen Hund zu kümmern. Ich hab Clinton und Rather zu den Jeffreys gegeben.« Inzwischen hatte sie den Strumpf von Judes Hand entfernt und atmete zischend ein, als sie den Verband sah, der darunter zum Vorschein kam. Er war von Blut durchtränkt, er tropfte fast. »Liefert ihr euch einen kleinen Wettkampf, dein Vater und du, wer es wohl schafft, als Erster zu sterben?« Sie legte seine Hand, ohne den Verband zu entfernen, auf den Tisch, und betrachtete dann die bandagierte linke Hand. »Fehlt dir an der auch irgendein Teil?«
    »Nein. An der habe ich eine ziemlich üble Stichwunde.«
    »Ich rufe einen Krankenwagen«, sagte Arlene.
    Sie nahm den Hörer vom Wandtelefon. Als sie das laute regelmäßige Tuten hörte, zog sie ruckartig das Ohr vom Hörer weg und legte dann wieder auf.
    »Das Telefon im Flur, ihr habt den Hörer runtergerissen«, sagte sie und ging nach vorn.
    Marybeth starrte Judes Hand an. Er hob sie hoch, sah den nassen roten Handabdruck auf dem Tisch und ließ sie wieder auf den Tisch sinken.
    »Wir hätten nicht herkommen sollen«, sagte sie.
    »Ist der einzige Ort, der uns geblieben ist.«
    Sie wandte den Kopf und schaute Arlenes fetten Rottweiler an. »Sag mir, dass er uns helfen kann.«
    »Okay. Er kann uns helfen.«
    »Ehrlich?«
    »Nein.«
    Marybeth schaute ihn an.
    »Tut mir leid«, sagte Jude. »Vielleicht hab ich dich da ein bisschen in die Irre geführt, als ich das mit den Hunden gesagt hab. Einfach Hund reicht nicht. Es müssen meine sein. Du kennst doch die Geschichte, dass jede Hexe eine schwarze Katze hat? So was in der Art waren Angus und Bon für mich. Man kann sie nicht ersetzen.«
    »Seit wann weißt du das?«
    »Seit vier Tagen.«
    »Und warum hast du mir das nicht gesagt?«
    »Ich hatte gehofft, dass ich verbluten würde, bevor Angus uns wegstirbt. Dann wärst du in Sicherheit gewesen. Der Geist hätte dich in Ruhe gelassen. Sein Job wäre erledigt gewesen. Wenn ich klarer hätte denken können, hätte ich den Verband etwas schlampiger gemacht.«
    »Glaubst du, dann ist alles in Ordnung, wenn du dich einfach so wegsterben l㲳t? Wenn du ihm gibst, was er will? Du Arschloch. Glaubst du, ich mache diesen ganzenScheiß mit, um mir dann anzuschauen, wie du dich umbringst? Gottverdammtes Arschloch.«
    Arlene erschien wieder in der Küchentür. Sie zog die Augenbrauen zusammen – weil sie verärgert war oder scharf nachdachte oder beides.
    »Mit dem Telefon stimmt was nicht. Ich bekomme kein Freizeichen. Das Einzige, was ich höre, ist irgendein Mittelwellensender hier aus der Gegend. Irgendeine landwirtschaftliche Sendung. Ein Kerl plappert was davon, wie man Tiere aufschneidet. Vielleicht hat der Wind eine Leitung runtergerissen.«
    »Ich hab ein Handy …«, fing Marybeth an.
    »Ich auch«, sagte Arlene. »Aber hier in der Gegend haben wir keinen Empfang. Wir legen Justin erst mal hin, dann seh ich schon, was ich jetzt sofort tun kann. Dann fahr ich runter zu den McGees und ruf von da an.«
    Ohne Vorwarnung streckte sie die Hand aus, packte Marybeths bandagiertes Handgelenk und hob es an. Der Verband war hart und mit eingetrockneten braunen Blutflecken übersät.
    »Was zum Teufel habt ihr beiden angestellt?«, fragte Arlene.
    »Es ist der Daumen«, sagte Marybeth.
    »Was ist damit, hast du versucht den einzutauschen, gegen seinen Finger?«
    »Er ist nur entzündet.«
    Arlene ließ die Hand wieder los und betrachtete jetzt Marybeths andere, unverbundene Hand, deren Haut weiß und verschrumpelt war. »In meinem ganzen Leben habe

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