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Blind

Blind

Titel: Blind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Hill
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Angus mit ins Haus und ging die Treppe hinauf ins Studio. Georgia lag da, wo er sie zurückgelassen hatte, schlafend auf der Couch, unter einem weißen Laken, das er vom Bett im Gästezimmer abgezogen hatte.
    »Wach auf, Liebling«, sagte er und legte ihr die Hand auf die Schulter.
    Georgia drehte sich zu ihm um. Eine lange schwarze Haarsträhne klebte an der verschwitzten Wange. Sie sah schlecht aus – die Wangen glühten in einem fast hässlichen Rot, darüber hinaus war ihre Haut kalkweiß. Er fühlte ihr mit dem Handrücken die Stirn. Sie war fiebrig feucht.
    Georgia leckte sich die Lippen. »Wie viel Uhr ist es?«
    »Fünf.«
    Sie schaute sich um und stützte sich auf die Ellbogen. »Wie bin ich hierher gekommen?«
    »Erinnerst du dich nicht?«
    Sie schaute ihn an. Dann begann ihr Kinn zu zittern. Sie wandte den Kopf zur Seite und bedeckte mit einer Hand die Augen.
    »O Gott«, sagte sie.
    Angus streckte den Kopf vor und stupste ihr mit der Schnauze unter das Kinn, als wollte er ihr Kopf hoch, Mädchen sagen. Mit großen feuchten Augen starrte er sie besorgt an.
    Als Angus ihr mit der nassen Nase übers Gesichtfuhr, zuckte sie zurück und setzte sich ganz auf. Sie schaute ihn verblüfft an und legte ihm sanft die Hand zwischen die Ohren.
    »Was macht er hier im Haus?« Erst jetzt fiel ihr auf, dass Jude ausgehfertig angezogen war, dass er schwarze Doc-Martens-Stiefel und einen knöchellangen Staubmantel trug. Und fast in der gleichen Sekunde hörte sie in der Einfahrt den Mustang, der im Leerlauf heiser vor sich hingrummelte. »Wohin fährst du?«
    »Wir fahren«, sagte er. »Nach Süden.«

UNTERWEGS
    21
    Sie waren gerade nördlich von Fredericksburg, und das Tageslicht begann zu verblassen, als Jude den Pick-up des toten Mannes sah. Er folgte ihnen im Abstand von etwa einer Viertelmeile.
    Craddock McDermott saß am Steuer, auch wenn man ihn in dem schwachen Licht unter dem gelb leuchtenden Himmel, an dem die Wolken wie glühende Kohlen hingen, nicht deutlich erkennen konnte. Jude sah, dass er wieder den Filzhut trug und mit bis zu den Ohren hochgezogenen Schultern über dem Lenkrad kauerte. Und er trug eine runde Brille. Unter den Natriumdampflampen des Interstate Highway 95 leuchteten die Brillengläser in einem unheimlichen Orange, glühende Flammenkreise, die das visuelle Ebenbild zu den Suchscheinwerfern auf dem Bullenfänger bildeten.
    Jude verließ den Highway bei der nächsten Ausfahrt. Georgia fragte ihn nach dem Grund, worauf er antwortete, er sei müde. Georgia hatte den Geist nicht gesehen.
    »Ich könnte auch fahren«, sagte sie.
    Sie hatte fast den ganzen Nachmittag geschlafen und saß jetzt mit untergeschlagenen Beinen, den Kopf seitlich auf die Schultern gelegt, auf dem Beifahrersitz. Weil er nicht reagierte, schaute sie ihn prüfend an und sagte: »Alles in Ordnung?«
    »Ich will nur von der Straße runter, bevor es dunkel wird.«
    Bon steckte den Kopf zwischen den Vordersitzen hindurch und hörte zu. Sie mochte es, wenn sie in ihre Unterhaltungen einbezogen wurde. Georgia streichelteihr über den Kopf, während Bons Schokoladenaugen nervös und argwöhnisch zu Jude hochschauten.
    Keine halbe Meile nach der Ausfahrt fanden sie ein Motel. Jude schickte Georgia vor, den Zimmerschlüssel zu holen, während er mit den Hunden im Mustang blieb. Er wollte es nicht darauf anlegen, erkannt zu werden. Er war nicht in der Stimmung dazu. Seit fünfzehn Jahren war er nicht mehr in der Stimmung dazu.
    Sobald Georgia ausgestiegen war, kroch Bon auf den freien Platz und machte es sich in der warmen Kuhle gemütlich, die Georgias Hintern auf dem Leder hinterlassen hatte. Während Bon das Kinn auf die Vorderpfoten legte, schaute sie Jude schuldbewusst an und wartete darauf, dass er losbrüllte und sie wieder auf die Rückbank zu Angus jagte. Aber Jude brüllte nicht. Die Hunde konnten machen, was sie wollten.
    Kurz nachdem sie losgefahren waren, hatte er Georgia erzählt, wie die Hunde Craddock angegriffen hatten. »Ich bin mir nicht sicher, ob der tote Mann gewusst hat, wie giftig Angus und Bonnie auf ihn losgehen würden. Aber dass sie irgendwie eine Bedrohung darstellten, hat er, glaube ich, von Anfang an gespürt. Er wäre bestimmt ziemlich froh gewesen, wenn er uns so viel Angst hätte einjagen können, dass wir ohne die Hunde aus dem Haus verschwinden – bevor wir merken, wie wir sie gegen ihn einsetzen können.«
    Daraufhin hatte sich Georgia umgedreht, über die Rückenlehne gebeugt und Angus hinter

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