Blinde Seele: Thriller (German Edition)
seiner Tante die Wahrheit abgebettelt hatte, und stürzte jubelnd aus dem Haus, als der Wagen seines Dads vorfuhr. Er drückte seiner Mom bei seinen stürmischen Umarmungen fast die Luft ab und bombardierte sie mit Fragen über das Flugzeug.
»Ich hab dich so vermisst, Mommy!«, rief er.
»Nicht so sehr wie ich dich«, sagte Grace.
»Wie viel?«
»Bis zum Jupiter und zurück.«
»Ich dich auch«, sagte Sam.
Claudia hatte ein Abendessen vorbereitet, wollte aber nicht bleiben. Sie bräuchte jetzt ein bisschen Zeit für sich allein, sagte sie, und sie sei ohnehin reif für ihr eigenes Zuhause.
»Das war der schönste Abend aller Zeiten, findest du nicht auch?«, fragte Grace ein paar Stunden später, als sie in ihrer Sitzecke saßen, nachdem Joshua oben in seinem Zimmer endlich eingeschlafen war.
»Auf jeden Fall«, pflichtete Sam bei.
Nur dass es etwas gab, worüber er noch mit ihr reden musste, so sehr er es hasste.
Aber er hatte keine andere Wahl.
»Al und ich treffen uns morgen mit Magda«, sagte er.
»Wieso das denn?«
Er erzählte ihr alles. Schließlich fragte er: »Hast du eine Ahnung, warum Beatriz Delgado deine Telefonnummer haben sollte?«
»Ich habe den Namen noch nie gehört.« Grace schüttelte den Kopf. »Diese bemitleidenswerte Frau. Und ihre arme Tochter.«
38.
Im Zimmer mit den toten Dingen war wieder eine Puppe fertig geworden.
Vor ihrer Verwandlung war sie eine Teresa-Puppe aus dem Jahr 2006 gewesen, eine Latina-Freundin von Barbie mit einem weichen Vinylkopf.
Umso leichter zu bearbeiten.
Ihre ursprünglichen Kleider waren verschwunden, stattdessen trug sie nun ein olivgrünes Barbiekleid von 1965.
Ihre schönen dunklen Augen waren entfernt worden. Nun waren die grotesken winzigen Augenhöhlen mit blutrot gefärbter Mullbinde ausgestopft worden und wurden von zwei kleinen weißen Spitzendeckchen bedeckt.
Black Holes Aufgabe war wieder einmal vollbracht.
Die Miniatur-Beatriz-Delgado lag bereits in ihrem kleinen weißen Sarg.
39.
14. Mai
Sam und Martinez trafen sich am Samstagmorgen um halb zehn mit Magda.
Beatriz Delgado war nicht ihre Patientin gewesen, und nun lebte sie nicht mehr, sodass Magda offen über die Frau reden konnte. Allerdings wollte sie keinerlei Informationen über die Tochter herausgeben, da Florida, wie Magda sehr wohl wusste, das Gesetz über die ärztliche Schweigepflicht von Psychotherapeuten anerkannte. Außerdem bestand kein Grund zur Besorgnis, Felicia Delgado könnte für irgendjemanden eine Gefahr darstellen.
»Ich habe nur ein einziges kurzes Gespräch mit Felicia geführt«, sagte Magda. »Am 11. Mai.«
Dem letzten Tag in Beatriz Delgados Leben.
»Wollen Sie damit sagen, selbst wenn Sie über das Mädchen reden könnten, hätten Sie uns nichts Interessantes zu erzählen?«, fragte Martinez.
»Ich habe alles gesagt, was ich sagen werde«, erwiderte Magda.
Sam zeigte ihr die Telefonnummer, die sie im Haus der Delgados gefunden hatten.
Magda nickte. »Mrs. Delgado hatte ursprünglich um einen Termin bei Grace gebeten. Ich habe ihr gesagt, Grace sei verreist, aber wir hätten eine gegenseitige Vertretungsvereinbarung. Mrs. Delgado schien es sehr wichtig zu sein, nicht zu warten.«
»Das Mädchen ist in einer schlimmen Verfassung«, sagte Sam. »Sie hat mit niemandem geredet, seit man sie am Strand gefunden hat.«
Magda schüttelte den Kopf, sagte aber nichts.
»Können Sie uns etwas über die Beziehung zwischen Mutter und Tochter sagen?«, versuchte es Martinez. »Aus der Sicht der Mutter?«
Magda verneinte, auch wenn sie sich deutlich an die Bemerkung der Vierzehnjährigen erinnerte, als diese sich offenbar auf eine Stufe mit ihrer Mutter gestellt hatte.
»Wir sind beide verrückt«, hatte Felicia gesagt.
Eine beunruhigende Feststellung von einer Jugendlichen, die bereits vor der Ermordung ihrer Mutter zutiefst verwirrt gewesen war.
»Zwei Dinge kann ich Ihnen anvertrauen«, erklärte Magda. »Mrs. Delgado sagte, Felicia hätte sich an dem Tag, bevor sie zu mir kamen, geweigert, einen Arzt aufzusuchen.«
»Hat Mrs. Delgado den Namen des Arztes genannt?«, fragte Sam.
»Nein. Aber offenbar ging es um eine Augeninfektion.«
Sam notierte sich das und bedankte sich bei ihr.
»Und die zweite Sache?«, fragte Martinez.
»Mrs. Delgado hat am Abend des 11. Mai angerufen, um wieder einen Termin zu vereinbaren. Dann sagte sie auf einmal, sie müsse Schluss machen, und hat aufgelegt.«
»Um wie viel Uhr war das?«, fragte Martinez.
»Kurz
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