Blinde Seele: Thriller (German Edition)
Gefallen und ruf mich am Montagabend an, okay? Sag mir bitte, ob Billie zur Probe gekommen ist.«
»Ich hoffe, das kann ich«, sagte Sam. »Gibt es bis dahin jemanden, den du in der Sache anrufen könntest?«
»Ein paar von ihren Freundinnen und Freunden«, erwiderte Larry. »Aber das ist Ewigkeiten her. Das war, bevor Jill und ich aus Miami weggezogen sind. Damals hat sich das Verhältnis zwischen uns und Billie stark verändert, wie ich leider sagen muss. Sie wollte nicht umziehen. Sie hat uns gesagt, wir seien egoistisch, aber wenigstens hieße das, sie könne endlich ihr eigenes Ding machen.«
»Was hat sie damit gemeint?«, fragte Sam.
»Abgesehen von ihrem Gesang hatten wir beide keine Ahnung«, antwortete Larry. »Was uns damals beunruhigt hat. Und das ist auch heute noch so. Aber die Kinder müssen ihr eigenes Leben führen, oder?«
58.
22. Mai
Es war Sonntag, aber niemand war in der Stimmung für ein weiteres Familientreffen.
Grace, Sam und Joshua fuhren an den Strand.
Genau das, was die drei brauchten.
Sie schlenderten über den Strand, planschten im Wasser und bauten eine Sandburg. Als Sam neben seinem kleinen Sohn langsam zum Wasser hinunterjoggte, wurde ihm wieder einmal bewusst, wie glücklich er sich schätzen konnte.
»David hat heute Morgen angerufen«, sagte Grace wenig später zu ihm. »Mildred sagt, sie hätte nichts dagegen, wenn ich irgendwann diese Woche bei ihnen vorbeischaue.«
»Ich soll nicht mitkommen?«, fragte Sam.
»Mildred würde es nicht sehr gefallen, und ich kann mir denken, warum«, sagte Grace. »Sie ist weniger eitel als die meisten Frauen, weiß Gott, aber ich glaube, sie hasst die Vorstellung, dass ausgerechnet du sie ängstlich und verletzlich siehst.«
»Aber es ist doch erst am Donnerstag so weit, oder?«
»Ja, aber am Mittwoch hat sie noch ein paar Untersuchungen.«
Sam ließ seine Gedanken kurz in die Vergangenheit schweifen, als er Mildred kennengelernt hatte. Sie hatte auf ihrer Parkbank hin und wieder Hof gehalten, um ihm eine Art Audienz zu gewähren. Damals waren ihre Augen scharf und klar gewesen. Die klugen Augen einer Frau, die sich tapfer durchs Leben schlug.
»Daddy, weinst du?«, fragte Joshua.
Sam blinzelte und lächelte seinen Sohn an.
»Das ist nur der Wind«, sagte er.
59.
Er beobachtete die drei.
Vor allem die Frau.
Er hatte mehrere Stunden gewartet, hatte gewusst, dass seine nächtliche Wache vielleicht sinnlos sein würde, da heute Sonntag war. Das bedeutete, wenn der Ehemann heute keinen Dienst hatte, würden sie vielleicht den ganzen Tag zu Hause bleiben oder irgendwohin fahren, wohin er ihnen nicht folgen konnte.
Er war schließlich nicht irgendein Stalker.
Er wollte die Frau nur wiedersehen.
Und dann waren sie aus ihrem hübschen weißen Haus gekommen, und es war offensichtlich, wohin sie wollten, mit ihren bunt gemusterten Handtüchern und der großen Tasche, die Detective Becket trug und aus der ein rot-weißer Gummiball hervorschaute, während sie ihren kleinen Jungen – ein süßes, kaffeebraunes Kind – bei der Hand hielten.
Er hatte noch ein bisschen ausgeharrt und war ihnen dann gefolgt.
Hatte gewartet, bis sie es sich gemütlich gemacht hatten, und hatte sich dann selbst einen Platz gesucht, in angemessenem Abstand, wobei er hoffte, dass er aussah wie ein x-beliebiger Typ im Urlaub. Er hatte sich eine Baseballmütze fast bis über die Augen gezogen, die hinter einer Sonnenbrille verborgen waren, und blätterte in einem Buch, das er sich vor ein paar Tagen gekauft hatte, Gute Nachbarn , auch wenn ihm das Lesen auf Englisch nicht leichtfiel, aber es war eine gute Übung, und er wollte nicht, dass die Frau bemerkte, dass in ihrer Nähe ein Kerl saß, der einen französischen Roman las, sodass sie vielleicht genauer hinsah …
Verdammt, vermutlich würde sie sich gar nicht an ihn erinnern.
Aber er erinnerte sich an sie .
Er würde sie nie vergessen.
Er hatte Fotos, die ihm dabei halfen.
Nicht, dass er Fotos brauchte.
Sie war für immer in sein Gedächtnis eingebrannt.
Als er sie jetzt beobachtete, summte er wieder vor sich hin. Er konnte einfach nicht anders.
»Je prends les poses de Grace Kelly …«
Die französische Version des Songs von Mika.
»Ich habe versucht, wie Grace Kelly zu sein …«
60.
23. Mai
Manchmal, spät am Abend, grübelte er, anstatt zu lesen, über seinen Sammlungen. Zwei Apothekerschränkchen, zwei altmodische lederne Arzttaschen, eine umfangreiche Sammlung von Instrumenten,
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