Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blinde Voegel

Blinde Voegel

Titel: Blinde Voegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Poznanski
Vom Netzwerk:
Eugendorf. Informiere du bitte die Zentrale und sag ihnen, sie sollen uns sofort kontaktieren, wenn Stefan auftaucht oder sich meldet.»
    Beatrice musste nicht fragen, ein Blick auf Florins angespannte Miene genügte, um zu wissen, dass er ebenso beunruhigt war wie sie selbst. Sie gab dem diensthabenden Kollegen alles Nötige durch. Sie selbst hatte Stefan nach Eugendorf geschickt und hoffte mit aller Kraft, dass er vernünftig genug gewesen war, sich einen Begleiter zu suchen.

    Das «Motel Fischer» war geschlossen, und es war nicht schwierig, sich vorzustellen, woran das lag. Auf der matschigen Wiese vor der Tür wartete Sperrmüll auf Abholung, ein Fenster war eingeschlagen, und jemand hatte sich mit blauen und roten Graffiti auf den Wänden verewigt. Das Gebäude, das höchstwahrscheinlich früher ein Bauernhof gewesen war, verbreitete die deprimierende Aura völligen Versagens.
    Stefans Auto stand ein Stück abseits, schräg mit zwei Rädern in der Wiese, abgeschlossen. Beatrice und Florin inspizierten den Wagen von außen, auf der Suche nach Hinweisen auf Stefans Verbleib oder auf sein Handy. Wenn er es im Fahrzeug vergessen hatte, war das zwar ein schwerer Fehler, aber gleichzeitig eine beruhigende Erklärung dafür, dass er sich nicht meldete. Nein, nichts davon zu sehen.
    Rundum beherrschten Felder und kleine Waldflecken das Bild. Das nächste Haus war etwa vierhundert Meter entfernt, hinter dem Gartenzaun bellte gelegentlich ein Hund.
    Florin ging vorsichtig an eines der staubblinden Fenster heran und warf einen Blick ins Innere des Motels. Schüttelte den Kopf. «Allein können wir da nicht reingehen. Ich fordere Verstärkung an.» Beatrice ließ Florin telefonieren und folgte dem Weg, auf dem sie standen, einige Schritte waldwärts. Ein zerbeultes, ausgebleichtes Blechschild kündigte eine Autowerkstatt Brucker in dreihundert Metern an.
    Auch das war eine Richtung, die Stefan eingeschlagen haben konnte. Sie wartete, bis Florin sein Gespräch beendet hatte, dann winkte sie ihn zu sich. «Ich möchte mir diese Werkstatt ansehen. Wenn Stefan hier genauso wenig fündig geworden ist wie wir, hat er sich danach vielleicht dort umgesehen.»
    Oder er war zu dem Haus in Sichtweite spaziert, um die Bewohner zu befragen, und saß nun plaudernd am Küchentisch, bei Kaffee und Kuchen. Beatrice hoffte es sehr, wenn es auch unwahrscheinlich war.
    Der Weg bog erst nach links, dann nach rechts, zwischen lose gestreuten Buchen und Fichten, schließlich kam ein niedriges Gebäude in Sicht, neben dem ein Auto parkte, das Beatrice bekannt vorkam. Ein silberfarbener Peugeot … wer fuhr noch mal einen silberfarbenen Peugeot?
    Schon beim Näherkommen wurde klar, dass die Werkstatt nicht so verlassen war, wie es dem ersten Anschein nach aussah. Geräusche drangen heraus. Ein Klirren. Dann Ruhe.
    Florin hielt Beatrice am Arm fest. Warten, sagte sein Blick.
    Eine Männerstimme, die etwas befahl. Eine zweite, leiser, bittend. Keine von beiden klang, als würde sie Stefan gehören.
    Sie waren auf ungefähr zweihundert Meter herangegangen, so nah, wie sie es ohne Verstärkung verantworten konnten. Florin rief ein weiteres Mal in der Zentrale an und gab im Flüsterton ihren neuen Standort durch. «Wir brauchen vier Mann, mindestens. Es kann sein, dass hier ein Kollege in Schwierigkeiten ist, also schickt vorsichtshalber auch gleich einen Krankenwagen mit. Wir melden uns, wenn es etwas Neues gibt.»
    Das letzte Wort wurde von einem dumpfen Schlag übertönt, dem ein Aufschrei folgte. Überraschung? Schmerz? Schmerz, entschied Beatrice. «Wenn das Stefan ist, können wir nicht warten», sagte sie. Florin hatte seinen Dienstrevolver umgeschnallt, wehrlos waren sie nicht. «Lass uns wenigstens näher rangehen. Hinter dem Auto in Deckung gehen.» Sie wartete nicht auf seine Antwort, sondern schlich halb geduckt im Schatten der Bäume weiter. Florin würde ihr folgen, keine Frage.
    Der Lack des Peugeots war an mehreren Stellen zerkratzt, eine Delle in der hinteren Stoßstange zeugte von einem missglückten Einparkmanöver. Auch die Delle hatte Beatrice schon einmal gesehen. Ebenso wie den blauen Duftbaum, der am Rückspiegel baumelte … Beatrice richtete sich ein Stück weit auf.
    «Ribar», flüsterte sie. «Das ist Ribars Auto.»
    War sie zu laut gewesen? Florin hatte sie am Arm gepackt und wieder zu sich hinuntergezogen, alles an ihm war Konzentration und Anspannung.
    In der Werkstatt war nun Ruhe eingekehrt. Beatrice hielt die Luft

Weitere Kostenlose Bücher