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Blinde Wahrheit

Blinde Wahrheit

Titel: Blinde Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shiloh Walker
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aus wie ein Engel.
    Und er besaß ein freundliches, ehrliches Lächeln.
    Sein Tonfall klang tief, leise und weich, sodass sich, wenn er sprach, ein angenehmer Singsang ergab. Mit dieser Stimme hätte er wahrscheinlich reich werden können. Sie war ebenso perfekt wie sein Gesicht.
    Sie schauten einander an. Sie schien in dem tiefen Dunkelblau schier zu versinken, und auch er verlor sich im Grün ihrer Augen. Das Lächeln auf seinen Lippen wurde weicher, wärmer. Diese Augen … so blau.
    Hope hatte das Gefühl, als würde sie den Boden unter den Füßen verlieren.
    Sie holte tief Luft, riss ihren Blick von ihm los und starrte auf den Bürgersteig, spürte jedoch, dass er immer noch dastand und sie anschaute … und dass ihr Herz raste, es in ihrem Bauch zu kribbeln anfing.
    Oh Gott!
    Sie schluckte schwer, linste kurz zu ihm, um schnell wieder wegzuschauen.
    Sie wusste nicht, warum, aber er jagte ihr Angst ein.
    Ihre ohnehin schon feuchten Hände begannen zu zittern, und ihre Beine fühlten sich wie Gummi an. Abermals hörte sie das Blut in ihren Ohren rauschen, und das Herz schien ihr die Brust sprengen zu wollen. Doch das Schlimmste von allem: Ihr drehte sich der Magen um. Wenn sie nicht bald von hier fortkam, würde sie sich entweder übergeben müssen oder aber in Ohnmacht fallen.
    Vielleicht sogar beides.
    Sie befeuchtete ihre Lippen und brachte gerade noch ein Flüstern zustande. »Ich muss los.« Dann kramte sie ihr Geld aus der Hosentasche und zählte mit zittrigen Fingern zwanzig kostbare Dollar ab. »Wird das für Ihren Verlust … «
    »Schätzchen, ich hab das vorhin ernst gemeint, als ich sagte … Sagen Sie, geht es Ihnen gut?«
    »Hier, nehmen Sie bitte das Geld.«
    »Nein«, wiedersprach Ang bestimmt. Sie fasste Hope beim Handgelenk, legte ihr die Scheine in die Hand und schloss ihr die Faust. »Mädchen, das ist nur eine dumme Pflanze, die ohnehin jedes Mal fast kaputtgeht, wenn ich mal ein oder zwei Tage nicht bei der Arbeit bin. Und der Kübel hat vielleicht fünf Dollar gekostet, die Pflanze selbst wahrscheinlich nicht mal das. Hören Sie, kommen Sie doch mit rein, trinken Sie einen Kaffee, ein Glas Wasser … «
    »Nein, danke. Ich … Ich muss los.«
    Dieses Mal versuchte sie gar nicht erst, gegen den inneren Drang anzukämpfen.
    Sie rannte zurück zu ihrem Auto und verriegelte die Türen von innen.
    Erst dreißig Kilometer entfernt zwang sie sich zum Anhalten, rief sie sich in Erinnerung, dass sie ein Versprechen gegeben hatte.
    Genauer gesagt waren es sogar zwei. Law rechnete mit ihr, und ob er sie nun wirklich brauchte oder nicht, sie hatte ihm zugesagt.
    Aber sie war darüber hinaus auch sich selbst verpflichtet.
    Sie hatte sich selbst versprochen, dass sie sich nie wieder einsperren lassen würde.
    Doch war sie nicht gerade auf dem besten Weg in das nächste Gefängnis?
    Ließ sie sich nicht gerade von ihrer eigenen Angst gefangen nehmen?
    Sie rannte dermaßen schnell, dass ihr langes, dickes braunes Haar wie eine Fahne hinter ihr im Wind wehte.
    Ihre Blick hatten sich gekreuzt, und für einen scheinbar endlos langen Augenblick war er regelrecht in dem sanften Grün ihrer verträumt wirkenden Augen versunken. Bis sie weggeschaut hatte. Bis sie angefangen hatte nachzudenken.
    Bis eine beklemmende Angst in ihr aufgestiegen war und sie das Weite gesucht hatte, als wäre der Teufel persönlich hinter ihr her gewesen.
    Wie betäubt schaute Remy ihr hinterher und sagte eine ganze Weile lang gar nichts. Noch nie zuvor in seinem Leben war eine Frau vor ihm davongelaufen. Nicht ein einziges Mal.
    Und er mochte das Gefühl, das ihn dabei überbekam, ganz und gar nicht.
    Ang stand neben ihm und schwieg ebenfalls.
    Als die ängstliche Frau mit quietschenden Reifen losfuhr, seufzte sie nur. »Du meine Güte, hoffentlich macht sie das nicht, wenn Prather in der Nähe ist. Der würde sie nur allzu gern rauswinken und ihr ein Knöllchen schreiben – aus purer Boshaftigkeit.«
    »Stimmt.« Stirnrunzelnd rieb sich Remy mit dem Handballen über die Brust. »Haben Sie die Frau schon einmal hier gesehen?«
    »Nein.« Sie fuhr sich durch die dicken roten Locken. »Und ich bezweifle, dass wir sie noch einmal zu sehen bekommen. Das Mädchen läuft vor irgendetwas davon.«
    Ja, das Gefühl hatte Remy auch.
    Diese Augen – irgendetwas in ihrem Blick hatte ihn berührt und genau ins Herz getroffen.

6
    Gegen Mittag wusste es die ganze Stadt.
    Law saß Lena gegenüber, betrachtete ihr blasses, erschöpftes Gesicht und

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