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Blinde Wahrheit

Blinde Wahrheit

Titel: Blinde Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shiloh Walker
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Feingefühl besaß sie.
    Also trug Lena eine getönte Brille, weil sie hoffte, dass die Leute sie dann nicht so anstieren würden. Law hätte ihr sagen können, dass das verlorene Liebesmüh war – die Leute starrten eben, wenn sie etwas ungewöhnlich fanden. Hinzu kam, dass Lena zu dem Typ Frau gehörte, der einfach auffiel, weil er hübsch aussah. Ja, aber es war noch mehr. Sie besaß diese gewisse … Ausstrahlung.
    Natürlich war ihm bewusst, dass er sie nicht unvoreingenommen betrachtete. In seinen Augen war sie wunderschön und hatte etwas ganz Besonderes an sich. Sie konnte mit ihrer Präsenz einfach jeden Raum füllen, mit der Art, wie sie sich bewegte, wie sie sich benahm, wie sie lachte, mit ihrem Selbstvertrauen. Einfach mit allem.
    In diesem Moment fiel ihm auf, wie erschöpft sie aussah. Ihr ungewohnter Gesichtsausdruck verriet ihm, dass sie Selbstzweifel hatte. »Es liegt an mir«, sagte sie leise. »Ich weiß, dass Sergeant Jennings sich wenigstens die Mühe gemacht hat, einmal alles abzusuchen, aber Prather – der hat nicht einen Finger krumm gemacht. Und das liegt hier dran.«
    Sie deutete auf ihre Augen und schüttelte den Kopf. »Wenn ich sehen könnte, hätte er mir besser zugehört.«
    »Ach Quatsch.« Law schnaubte. »Dann hätte er die Sache heruntergespielt, weil du eine Frau bist. Wissen Sie, eine Frau sollte wirklich nicht ganz allein in so einem großen Haus leben … , irgendetwas in der Richtung. Erzähl mir nicht, dass du dir so einen Satz aus seinem Mund nicht vorstellen kannst.«
    »Oh doch, ich kann mir so einen Satz sogar ganz prima vorstellen. Er hatte ja dieses Mal schon angedeutet, dass ich so eine Art Pflegekraft brauchen würde.« Sie spie die Worte förmlich aus, ihre Stimme zitterte vor Wut.
    Law kniff die Augen zu Schlitzen zusammen. »Eine Pflegekraft?«
    »Ja.« Lena lächelte höhnisch und ihr Tonfall war voller Spott. »Ist ja auch ein großes Haus, da wird es nachts viel zu gruselig. Wäre sicher besser, wenn ich dann jemanden bei mir hätte.«
    Wenn Law geglaubt hätte, dass es sinnvoll gewesen wäre, dann hätte auch er vielleicht seinen Zorn zum Ausdruck gebracht. Aber er wusste, dass Lena damit auch keinen Schritt weitergekommen wäre. Dennoch stellte er sich vor, wie er sich den Deputy bei ihrer nächsten Begegnung vorknöpfen und dem Schwachkopf ein paar Takte erzählen würde, vorausgesetzt, der begriff überhaupt, was er von ihm wollte. »Und dann hast du ihm ordentlich den Marsch geblasen, nehme ich an?«
    »Das bringt doch nichts.« Sie schüttelte den Kopf. »Dabei ist er noch gar nicht so alt. Warum führt er sich bloß auf wie ein Neandertaler? Ich frage mich wirklich, ob seine Großeltern noch in Höhlen gelebt haben.«
    »Bei manchen Leuten scheint die Uhr eben stehen geblieben zu sein«, erwiderte Law und zuckte mit den Schultern.
    Dann beugte er sich vor, nahm ihre Hände und unterbrach ihre nervöse Spielerei mit der Brille. »Lass dich nicht so von ihm verrückt machen, Lena. Du weißt, was du gehört hast, und du hast getan, was du konntest. Mehr steht nicht in deiner Macht«, sagte er ruhig.
    »Aber wenn ich sehen könnte … « Sie versuchte ihre Hände wegzuziehen und wandte das Gesicht ab. Einer ihrer Kiefermuskeln begann zu zucken.
    »Wenn du sehen könntest und rausgegangen wärst, ohne zu wissen, was los war, dann würde ich mir ernsthaft Sorgen um deinen Geisteszustand machen, Süße. Man stürzt sich nicht einfach kopfüber in eine unbekannte Situation. Das weiß doch jedes Kind. Das ist einfach nicht klug, Lena. Wenn man nicht genau weiß, ob man Herr der Lage ist, dann macht man am besten genau das, was du getan hast: Man holt Hilfe.«
    Sie verzog das Gesicht.
    Law lachte. »Ehrlich wahr. Wenn du dich in eine Situation begibst, mit der du überfordert bist, dann gibt es am Ende statt einem Opfer womöglich sogar zwei – und wem soll das bitte nützen?«
    »Du hast ja recht.« Sie seufzte, lehnte den Kopf gegen die gepolsterte Banklehne und schloss die Augen. Ihre langen, dichten Wimpern bildeten einen schönen Kontrast zu ihrer elfenbeinfarbenen Haut. »Ich weiß ja, dass es richtig ist, was du sagst. Ich wünschte bloß … Ich weiß auch nicht. Ich hab einfach ein schlechtes Gefühl bei der Sache, Law. Und zwar ein richtig schlechtes.«
    Die ganze Stadt wusste Bescheid – verdammt noch mal. An jeder Ecke sprachen sie über nichts anderes mehr.
    Wie hatte sie es bloß geschafft, solch einen Aufruhr zu verursachen?
    Verdammt, es war

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