Blinde Wahrheit
Erkenntnis gelassen hin.
Sie wollte nicht sterben, hatte aber genug davon, was dieses Schwein auszuteilen imstande war.
Seit sie versucht hatte zu fliehen – und das beinahe mit Erfolg – , war er … anders. Wenn ein Ungeheuer noch ungeheuerlicher werden konnte, dann war genau das geschehen. Er rührte sie nicht mehr an – nicht, seit sie von ihm in sein Versteck, ihre persönliche, private Hölle, gezerrt worden war, während sie um sich getreten, sich gewehrt und versucht hatte zu schreien. Nach dieser letzten, brutalen Vergewaltigung hatte er die Finger von ihr gelassen, aber er jagte ihr immer noch eine Heidenangst ein.
Weder näherte er sich ihr, noch drängte er sie zu essen. Ein oder zwei Mal am Tag zwang er ihr Wasser die Kehle hinunter, das war alles. Als wollte er sie lediglich gerade so am Leben halten.
Sie war inzwischen ziemlich schwach, konnte ihn bloß noch kraftlos wegstoßen, als er ihre Fesseln löste und sie von der kleinen Liege herunterzog, auf der sie seit einer Woche lag.
Das Teil stank höllisch, denn er hatte sie nicht ein einziges Mal freigelassen. Also hatte sie in ihren eigenen Ausscheidungen gelegen. Rücksichtslos zerrte er sie in den kleinen, selbst gebauten Waschbereich, den sie schon zuvor benutzt hatte. Während er sie mit kaltem Wasser übergoss, gaben ihre Knie nach.
Er sagte nichts, zog sie nicht wieder auf die Beine.
Anscheinend betrachtete er sie nicht einmal mehr als atmendes Lebewesen – nicht einmal als Spielzeug.
Ja, irgendwie war er noch ungeheuerlicher geworden … Für ihn war sie nicht mehr auch nur im Entferntesten lebendig, und irgendwie ängstigte sie das mehr als all seine vorherigen Gewalttaten.
Doch gleichzeitig war es auch eine Erleichterung. Wenn sie in seinen Augen nicht mehr am Leben war, dann würde er dafür sorgen, dass sie es auch nicht mehr lange blieb.
Und Jolene – bitte, Gott, vergib mir – konnte so auch nicht mehr lange leben.
Sie wollte den Tod, brauchte ihn, sehnte ihn sich herbei, und bald würde er ihn ihr zugestehen.
Es artete in Arbeit aus, musste er angewidert feststellen.
Wie ein schlaffer Putzlappen lag sie unter ihm, kraftlos und flach atmend. Die verheilenden Prellungen hoben sich von ihrer schneeweißen Haut ab. Ihre Pupillen waren kaum größer als Stecknadelköpfe, und in ihren haselnussbraunen Augen lag kaum noch Leben.
Als er die Hand hob und ihr harte Schläge versetzte … änderte sich das natürlich.
Für einen kurzen Augenblick.
Der blanke Schmerz flackerte in ihren Augen auf.
Wieder einmal gellten ihre Schreie durch die Luft.
Doch auch der Ausdruck des Schmerzes in ihren Augen verging, ihre Schreie verstummten nur allzu bald. Er schloss eine behandschuhte Hand um ihre Kehle, drückte zu, drückte fester, bis sie sich zurück ins Bewusstsein keuchte und stöhnte und wimmerte.
Immer noch schaute sie ihn aus geschwollenen, blau unterlaufenen Augen an … leeren Augen.
Er presste die Zähne aufeinander, ignorierte den Gestank und holte eine durchsichtige Tube aus einer Truhe. Sein Mädchen war matt und schlapp – als wollte er versuchen, mit einer Leiche zu schlafen. Zwar konnte er sich immer noch dagegen entscheiden, doch er tat es nicht.
Er benutzte nicht gern das Gleitmittel, wenn er die Mädchen nicht gerade von hinten nahm. Aber er wollte auch kein trockenes Stück Holz vögeln. Manchmal reichte ihm allein schon der Gewaltakt, aber sie musste sich wehren, musste ihm … etwas geben.
Jetzt hatte sie ihm nichts mehr zu geben. Es steckte kaum noch Leben in ihr.
Doch davon ließ er sich nicht die Laune verderben.
Er fuhr sich über den nackten Schädel, während er sich ihr wieder zuwandte, und kniete sich neben sie. »Du warst wirklich eine der Besten … für eine Weile«, sagte er.
Es hätte ein besseres Ende nehmen sollen. Ein viel besseres.
Mit dumpfem Blick starrte sie nach oben, zuckte nicht einmal zusammen, als er sich über sie beugte.
Innerlich driftete Joely bereits ab. Sie wusste, was er tat. Schmerz brandete in ihr auf, aber sie nahm ihn kaum noch wahr.
Er würde sie wieder vergewaltigen. Sie hatte gedacht, er hätte genug davon. Aber nein. Er würde es wieder tun, und sie wollte nicht dabei sein.
Lass ihn doch.
Stumm schrie sie nach Bryson … ihrem Verlobten, dem Mann, den sie liebte. Innerlich weinte sie um ihn.
Und in ihrem Herzen trauerte sie um das Leben, von dem sie bereits spürte, wie es dem Ende entgegenging.
Zu Lebzeiten war sie sehr hübsch gewesen – ihre gelassene,
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