Blinde Wahrheit
Polizeiwagen hörte. »Hope … ? Hope, ich heiße Lena. Law hat mich angerufen und mich gebeten, hierherzukommen. Er dachte, du könntest vielleicht ein bisschen Beistand gebrauchen … «
Die Tür wurde einen Spaltbreit geöffnet.
Lena wartete schweigend, Puck an ihrer Seite, Ezra hinter sich.
»Law hat die Polizei gerufen.« Eine leise, zittrige Stimme erklang von drinnen.
Großer Gott. In dieser Stimme lag so große Furcht, dachte Lena. Fünf Worte … und in ihnen schwang eine Panik mit, wie Lena selbst sie in ihrem ganzen Leben noch nie verspürt hatte.
Was war diesem Mädchen angetan worden, dass sie solche Angst vor Polizisten hatte?
»Ja. Er hat sich Sorgen um dich gemacht … Er meinte, du habest draußen jemanden rumlaufen sehen, da will er dafür sorgen, dass du in Sicherheit bist.«
Hope ließ ein angestrengtes Lachen hören. »In Sicherheit.«
Die Tür wurde ein kleines Stück weiter geöffnet. Lena streckte eine Hand aus und legte sie an die Tür. Dann wandte sie sich zu Ezra. »Würdest du ganz kurz hier warten? Nur eine Minute.«
Er seufzte. »In Ordnung.« Am Arm zog er sie zu sich und murmelte ihr ins Ohr: »Das wird aber nicht viel nützen. Sie werden mit ihr reden müssen. Und Law hat recht. Sie hat so eine Scheißangst, die kriegt einen Nervenzusammenbruch, wenn jemand sie auch nur falsch anguckt.«
Der Letzte, den Ezra aus dem Streifenwagen steigen sehen wollte, war Earl Prather.
Während das Auto vor dem Haus zum Stehen kam, schloss er die Augen. »Bitte mach, dass es nicht Prather ist. Bitte. Ich bin auch brav. Ich werde zur Kirche gehen und neben Miss Lucy sitzen. Ich werf nächsten Sonntag einen Fünfziger – nein, einen Hunderter in die Kollekte, versprochen«, brummte er.
Doch Prather stieg aus, woraufhin Ezra böse zum Himmel hinaufsah. »Bist wohl unbestechlich, wie?«
Dann setzte er eine unbekümmerte Miene auf. Als Prather auf ihn zutrat, lehnte Ezra mit vor dem Bauch gefalteten Händen gegen das Verandageländer. Nur eine Flasche Bier hätte noch gefehlt, um den Eindruck völliger Gelassenheit abzurunden. Auch wenn er es nicht gern zugab, manchmal kam es lediglich auf den äußeren Anschein an.
»Angenehme Nacht, was, Deputy?«
Prather blickte ihn höchst unerfreut an. »Was machen Sie hier?«
»Lena hat einen Anruf gekriegt, sie solle hierherkommen. Da sie schlecht selbst fahren kann, habe ich sie gebracht.«
»So, so, hat sie mal wieder einen Dummen gebraucht?«, fragte Prather mit zusammengekniffenen Augen.
Ezra schenkte ihm ein müdes Lächeln. »Tja, dazu sag ich nichts weiter. Meine Mama hat mich gut erzogen, wissen Sie, sie würde mir das Fell über die Ohren ziehen, wenn ich so über eine Dame sprechen würde.«
»Hmpf. Und warum zum Geier ruft Reilly mitten in der Nacht Lena Riddle und die Polizei auf sein Grundstück?«
»Hey, ich bin hier nicht der Cop.« Er zuckte mit den Schultern und stellte sich blöd. »Ich bin beurlaubt, schon vergessen? Und außerdem ist das hier gar nicht mein Zuständigkeitsbereich. Heute Abend spiele ich lediglich den Chauffeur. Hab allerdings gehört, dass sich jemand hinterm Haus rumgetrieben haben soll.« Er zog die Brauen hoch und fügte hinzu: »Vielleicht ist er ja immer noch dort … und versteckt sich. Sie sollten ihn fassen und verhaften.«
Daraufhin watschelte Prather von dannen. Ezra verdrehte die Augen und stand auf. Idiot. Dann schlüpfte er ins Haus. Er jagte dem hübschen Mädchen da drinnen nur äußerst ungern Angst ein, aber sie würde mit Prather reden müssen, und vielleicht, ganz vielleicht konnte er sie ein bisschen darauf vorbereiten.
Hoffte er.
Er hatte die typischen Augen eines Polizisten.
Das war das Erste, was Hope auffiel, als er mit einem leichten Humpeln das Zimmer betrat.
Das Zweite war die Art, wie er sich neben die gut aussehende rothaarige Frau stellte, ihr übers Haar strich und sie an der Schulter berührte, woraufhin Lena seine Hand mit ihrer bedeckte.
Bei dieser simplen, zärtlichen Geste bekam Hope einen Kloß im Hals.
Solche Berührungen erinnerten sie an ihre Kindheit – ihre Eltern waren ebenso liebevoll miteinander umgegangen, die ganze Zeit. Himmel, was würden sie heute wohl zu all dem sagen, was sie in den letzten Jahren durchlebt hatte – wenn sie nicht damals bei dem Autounfall gestorben wären?
Sie errötete und wandte den Blick ab.
Doch es war nicht nur Schamgefühl. Sie verspürte Neid, und das bestürzte sie. Eigentlich hatte sie geglaubt, nach der Zeit mit Joey
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