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Blinde Wut

Blinde Wut

Titel: Blinde Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Scheibler
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nachher an nichts mehr erinnern.«
    »Vielleicht simuliert er auch nur«, gab Wagner zu bedenken.
    »Nein, das glaube ich nicht. Trotzdem…« Er schüttelte den Kopf. Vielleicht wollte er auf diese Weise seine Gedanken verscheuchen. »Was machen wir jetzt?«
    Wagner sah ihn mißtrauisch an. War das eine echte Frage, oder nur so dahergesagt? Nun, eine Antwort hatte er parat: »Wir schreiben den Bericht und lassen den Fall ruhen, bis Däubler wieder ansprechbar ist«, leierte er gelangweilt herunter und wurde, als er bemerkte, wie Lutz den Kopf schüttelte, plötzlich heftig: »Wen wollen Sie denn noch alles befragen? Den Kettenraucher vielleicht?«
    »Wie wollen Sie den Bericht schreiben«, gab Lutz im gleichen Tonfall zurück, »wenn Sie das Tatmotiv nicht einmal andeutungsweise kennen?«
    »Das werden Sie nur von Däubler selbst erfahren«, warf Wagner patzig ein und fügte besserwisserisch hinzu: »Wenn überhaupt.«
    »Und was ist mit seiner geschiedenen Frau?« trumpfte Lutz auf.
    Wagner verdrehte die Augen und setzte zu einer Gegenfrage an, als Lutz ihn mit einer Geste auf etwas aufmerksam machte, was sich hinter seinem Rücken abspielte. Wagner drehte sich um und erkannte Lorenz Kleinhanns, der, ohne die Kriminalbeamten bemerkt zu haben, auf den Eingang des Krankenhauses zuging.
    »Was will der denn hier?« wunderte sich Lutz und schnauzte Wagner, der gleichgültig die Schultern hochgezogen hatte, an: »Los, finden Sie das heraus!«
    Wagners Allergie auf diesen Kasernenton manifestierte sich diesmal in einer Überreaktion. Wie von der Tarantel gestochen raste er los, sprang, um eine Abkürzung zu nehmen, mit einem gewaltigen Satz über ein Blumenbeet, wobei er fast das Gleichgewicht verloren hätte, erwischte Kleinhanns am Fuß der Treppe und packte den völlig konsternierten jungen Mann am Ärmel.
    »Moment bitte!« herrschte ihn Wagner, der leicht außer Atem gekommen war, an.
    »Was soll das?« gab Kleinhanns empört zurück und befreite sich mit einem Ruck aus Wagners Griff.
    »Was wollen Sie hier?« fragte Wagner seinem Auftrag entsprechend nach.
    Kleinhanns musterte ihn indigniert. »Das geht Sie nichts an, oder?«
    Lutz war inzwischen herangekommen. Nachdem er Wagner einen mißbilligenden Blick zugeworfen hatte, wandte er sich konziliant lächelnd an Kleinhanns. »Entschuldigen Sie, mein Assistent ist manchmal etwas impulsiv. Darf ich fragen, was Sie hier wollen?«
    »Ich möchte mich nach Christian erkundigen«, gab Kleinhanns widerstrebend Auskunft. »Meine Mutter macht sich große Sorgen um ihn.«
    »Ja, verstehe«, räumte Lutz ein. »Christian geht es soweit ganz gut. Er schwebt nicht mehr in Lebensgefahr. Mit Ihrem Schwager habe ich mich auch kurz unterhalten können…«
    »Der interessiert mich nicht!« unterbrach Kleinhanns ihn schnell. »Und was Christian betrifft, da erkundige ich mich lieber bei dem behandelnden Arzt.«
    »Natürlich«, bestätigte Lutz ihm, »das ist Ihr gutes Recht. Schließlich sind Sie ein Angehöriger.«
    Kleinhanns nickte ihm zu und wollte weitergehen, aber Wagner versperrte ihm noch immer Weg.
    »Würden Sie mich gefälligst vorbeilassen?« zischte Kleinhanns ihn an.
    Wagner gab den Weg frei, und Kleinhanns stolzierte mit einem ironischen »Danke!« an ihm vorbei.
    Lutz sah ihm gedankenverloren nach. Plötzlich stutzte er. Irgend etwas stimmte nicht mit der Körperhaltung des jungen Mannes. Warum wirkte er so verklemmt, als er jetzt die Treppenstufen hinaufstieg? Hatte er womöglich etwas anderes im Sinn, als sich nach dem Zustand seines kleinen Neffen zu erkundigen?
    »Übrigens, Herr Kleinhanns…!« rief er und wartete, bis dieser sich zu ihm umgedreht hatte. »Zu Herrn Däubler wird man Sie nicht vorlassen, auch wenn Sie ein Angehöriger sind. Ich habe entsprechende Anordnungen gegeben.«
    »Sie scheinen sich ja mächtige Sorgen um diesen Mörder zu machen«, brachte Kleinhanns verächtlich hervor. »Wenn Sie nur halb soviel Interesse für die Opfer zeigen würden…« Was dann wäre, ließ Kleinhanns offen. Er drehte sich um und ging, ohne sich noch einmal umzusehen, die restlichen Stufen hinauf und verschwand durch die gläserne Eingangstür in den Fluchten des Krankenhauses.
    Lutz war irgendwie beunruhigt und hatte plötzlich ein ausgesprochen ungutes Gefühl. Dieser Lorenz Kleinhanns schien mehr zu wissen, als er vorgab, und seine Absichten waren undurchschaubar. Spielte er vielleicht doch eine größere und aktivere Rolle in dieser Familientragödie? Lutz

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