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Blinde Wut

Blinde Wut

Titel: Blinde Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Scheibler
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davon zu verraten. Sie hatte ihn sogar schwören lassen. Auf das Leben seines Sohnes!
    Auf Christians Leben, das er mit seiner sinnlosen, unbegreiflichen Tat auslöschen wollte! Damit war er wieder an dem Punkt angelangt, um den sich alles drehte. Warum hatte er das nur getan? Er wußte es nicht, da konnte er sein Hirn anstrengen, wie er wollte: die furchtbaren Geschehnisse blieben im dunkeln, sein Gedächtnis gab das Geheimnis jener Unglücksnacht immer noch nicht preis. Er liebte Christian, das wußte er, und immer wenn er an ihn dachte, peinigten ihn die schlimmsten Schuldgefühle. Und weil sie so unerträglich waren, hatte er die Gedanken an seinen Sohn verdrängt, sobald sie sich einstellen wollten. Vielleicht war das falsch, vielleicht sollte er sich ganz bewußt auf Christian konzentrieren?
    Plötzlich wurde der Wunsch, Christian zu sehen, mit ihm zu reden und ihn zu berühren, so groß, daß Däubler am liebsten aufgestanden und auf der Stelle zu ihm hinauf zur Kinderstation gegangen wäre. Würde ihm das nicht schaden? Christian war auf dem Weg der Besserung, hieß es. Mußte eine Begegnung mit ihm, seinem Vater, der ihm nach dem Leben getrachtet hatte, nicht zwangsläufig bei Christian einen Schock auslösen, der alle Heilungschancen zunichte machte?
    Däubler beschloß, gleich morgen früh mit Doktor Kröll darüber zu reden und ihn zu bitten, eine Begegnung zu ermöglichen. Allein die Tatsache, einen Entschluß gefaßt zu haben, ließ ihn ruhiger werden. Er versuchte sogar, sich die Begegnung mit Christian im Geist schon einmal auszumalen, unterdrückte diese Gedanken aber sofort wieder, weil sich nur die schlimmsten aller denkbaren Bilder abzeichnen wollten. Um sich abzulenken, zwang er sich, erneut an Lorenz Kleinhanns zu denken. Bevor er endlich in einen unruhigen Schlaf fiel, rätselte er eine Weile, wieso sein Schwager sich so sicher war, daß er die Pistole gegen sich und nicht gegen andere richten würde.
     
     
    Den ersten Schluck hatten Wagner und Gaby in jenem Lokal zu sich genommen, in dem man Wagner kürzlich zu verstehen gegeben hatte, daß Gaby für ihn eine Nummer zu groß sei und Krüger sowieso der tollste Hecht.
    Die anerkennenden Blicke, mit denen sein Auftritt in Begleitung dieser Superfrau quittiert wurde, stärkten sein Selbstbewußtsein und veranlaßten ihn, das weltmännische Gehabe von Krüger anzunehmen. Das wirkte wie die Kopie einer Kopie, was es in Wahrheit ja auch war, denn Krüger hatte selbst Vorbilder, auf die er sich bezog, um die unterschiedlichsten Situationen zu meistern. In Lokalen wie diesem nahm Krüger gern die Attitüde von Humphrey Bogart ein, und die nachzumachen mußte Wagner schon allein deshalb mißlingen, weil er Nichtraucher war und ohne Zigaretten in diesem Fall nichts ging. Diese Erkenntnis veranlaßte Wagner, die Rolle zu spielen, die ihm am meisten lag, nämlich die des etwas unbeholfen wirkenden Kriminalassistenten Wagner, der jetzt mit einer Superfrau am Tresen stand und nicht wußte, über was er mit ihr reden sollte. Sie nippte an ihrem Martini, er an seinem Bourbon, sie lächelte ihn an und er lächelte zurück, wobei er sich bemühte, das Säuerliche zu unterdrücken, was sich vom Ergebnis her als eine etwas verkrampft wirkende Grimasse darstellte.
    »Benno meint, Sie sind ein Streber«, sagte Gaby unvermittelt, »und tun bloß so dämlich, um die anderen einzulullen, damit niemand Sie als Konkurrenten erkennt.«
    Interessant! Man hielt ihn also für einen dämlichen Streber, denn darauf liefen ihre Worte ja hinaus. Wagner wunderte sich. Nicht so sehr über die wenig schmeichelhafte Charakterisierung, als vielmehr über Gabys naive Offenheit und ihren fast bewundernden Tonfall. »Meinen Sie das auch?« wollte er wissen.
    »Ich weiß nicht«, gab Gaby zurück. »Benno sagt immer…«
    »Verdammt noch mal!« unterbrach Wagner sie heftig.
    »Es ist mir völlig wurscht, was Ihr Benno immer sagt und meint!« Wenn er auch nicht wußte, über was er mit Gaby reden sollte, war Wagner nicht bereit, Krüger als Gesprächsthema zuzulassen.
    »Sie können ganz schön zornig werden«, stellte Gaby fest, »das ist mir neulich im Atlantis schon aufgefallen.« Und mit einem fast bewundernden Augenaufschlag fügte sie hinzu: »Ich mag Männer, die wissen, was sie wollen.«
    Zu denen zählte Wagner sich im Augenblick zwar nicht, fühlte sich aber trotzdem geschmeichelt. Er nahm sein Glas und prostete Gaby zu. Beide nahmen wieder einen Schluck. Dann rückte Gaby

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