Blinde Zeugen: Thriller
Toast herum und suhlte sich in seinem Kater. DI Steel hatte das Haus längst verlassen, als er aus dem Gästebett gekrochen war und sich in die Dusche geschleppt hatte. Jetzt zeigte die Uhr am Mikrowellenherd 7:30 – vor einer halben Stunde hätte er seinen Dienst antreten sollen, aber Rennie war noch immer nicht aufgetaucht, um auf Rory aufzupassen. Und Logan konnte ja einen gesuchten Pädophilen schlecht sich selbst überlassen.
»Ich …« Susan stellte ihre Tasse ab. »Es tut mir leid wegen gestern Abend. Es ist nur … Wir … Na ja, wir machen gerade eine etwas schwierige Phase durch.«
Er schüttelte den Kopf. »Ist schon in Ordnung.«
»Ich weiß nicht, was ich sonst machen soll. Sie will das Haus nicht verkaufen. Blöd, nicht wahr? In einem Haus wie dem hier sollten eigentlich Kinder herumlaufen.« Susan wischte sich mit dem Handrücken über die Augen und verschmierte ihre Wimperntusche. »Es ist so ungerecht.«
Logan nahm ihre Hand. Die Radionachrichten waren zu Ende. »Sie liebt dich wirklich.«
»Ich weiß, es ist nur … Wir wünschen uns das so sehr.« Sie starrte ihn an, mit einem flehenden Ausdruck in ihren geröteten Augen. Es war der gleiche Blick, den er schon Tausende Male gesehen hatte, meistens von ausgemergelten Junkies, die ihm am Vernehmungstisch gegenübersaßen und nach dem nächsten Schuss gierten.
Er ließ ihre Hand los.
Der DJ sagte etwas von einem Konzert in der Music Hall heute Abend, und dann legte er eine Platte auf: Walking on Sunshine von Katrina and the Waves.
Schwindel. Mund voller Bienen. Herzklopfen. Übelkeit.
Logan wankte von der Frühstückstheke zurück; der Hocker ging polternd zu Boden. »Mir ist ein bisschen komisch …« Er machte kehrt und rannte ins Bad, schloss sich ein und hängte sich über die Schüssel, als auch schon ein Schwall von Tee und Toast aus seinem Mund hervorschoss. Würgend und zitternd gab er seinen gesamten Mageninhalt von sich, bis nur noch ein bitterer Geschmack übrig war.
Gott, wie viel hatte er gestern Abend eigentlich getrunken?
Er lag auf dem Badezimmerboden und wartete darauf, dass das Zittern aufhörte.
Sicher war mit dem Wodka etwas nicht in Ordnung gewesen.
Er schloss die Augen und ließ sich mit der Wange auf die kühlen Fliesen sinken. Bestimmt der Wodka …
Der ganze Raum bebt, schwere Betonbrocken krachen gegen die Wanne, dass sie dröhnt wie eine Glocke. Es riecht nach brennendem Plunder und abgeplatzter Farbe. Nach angesengten Haaren. Das ohrenbetäubende Getöse, das einfach kein Ende nehmen will, und –
Er fuhr auf und knallte mit dem Kopf gegen die Unterseite der Toilettenschüssel. Dann rollte er sich auf den Rücken, hielt sich den schmerzenden Kopf und fluchte.
Vom Flur kam eine Stimme. »Logan? Logan, ist alles in Ordnung?«
Er lag da, und die Tränen quollen ihm aus den Augenwinkeln. »Alles klar, mir fehlt nichts.«
Susan war einen Moment still. »Ich muss jetzt in die Arbeit … kommst du auch klar?«
Er biss die Zähne zusammen. »Alles bestens.«
»… Okay, wenn du ganz sicher bist.«
Logan klopfte an die Schlafzimmertür. Er wartete einen Moment und versuchte es dann noch einmal. »Rory?«
Es hatte fast eine Viertelstunde gedauert, bis das Zittern und das Heulen sich gelegt hatten. Fünfzehn Minuten, die er auf dem Badezimmerboden gelegen hatte und sich wie ein Idiot vorgekommen war.
»Rory? Bist du wach?«
Die Antwort war ein gedämpftes »Lassen Sie mich in Ruhe«.
Logan machte die Tür auf und tauchte in einen plüschigen rosa Kokon ein. Alles war rosa: Wände, Decke, Bettzeug, Schrank, Vorhänge, Tisch, Sessel. Selbst der Teppich war rosa. Es war irgendwie unheimlich – als wäre man im Körper eines anderen Menschen, aber auf eine eher unschöne Weise. Das Einzige, was nicht rosa war, war ein verblasstes Poster der Bay City Rollers mit ihrem Popstar-Zahnpastalächeln, den Siebzigerjahre-Föhnfrisuren und den tartanverbrämten Outfits.
Rory Simpson war nur als Gebirge unter der Bettdecke zu erkennen, kein Teil seiner Anatomie ragte in die rosa Landschaft hinaus.
Logan setzte sich ans Fußende des Betts. »Ich hab dir eine Tasse Tee gebracht.«
Schweigen.
»Rory, es tut mir leid … Ich hätte das nicht tun sollen.«
»Sie haben mich geschlagen.«
»Ich weiß. Es tut mir leid, es war –«
»Sie sind genau wie all die anderen.«
»Du hast einen Katalog mit kleinen Mädchen als Wichsvorlage benutzt!«
Rorys Kopf lugte unter der Decke hervor. Sein linkes Auge war fast
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