Blinde Zeugen: Thriller
aufhängen und in den Zeitungen bringen … vielleicht auch im Fernsehen. Aber diesmal?« Sie rauchte und zog die Stirn in Falten. »Mit verdeckten Fahndungen hab ich null Erfahrung.«
Die nächsten zwanzig Minuten verbrachten sie damit, sich zu überlegen, wie sie die Ermittlung ohne Ressourcen, ohne Personal und ohne Verstärkung durchführen konnten, und auch noch so, dass niemand etwas davon mitbekam. »Es ist schlicht unmöglich«, meinte Steel, die Füße auf den Schreibtisch gelegt, während Logan Stichworte an die Weißwandtafel schrieb. »Wir brauchen mindestens einen Uniformierten. Wer soll denn sonst Tee kochen?«
»Wir könnten wahrscheinlich Rennie bekommen. Er weiß sowieso schon Bescheid über Rory.«
» Und «, sagte Steel, »Detective Inspector Bartgesicht Beattie wird stinksauer sein, wenn wir ihm sein Spielzeug wegnehmen – es hat also nur Vorteile!«
Logan warf ihr einen finsteren Blick zu und schrieb ein sehr unanständiges Wort an die Tafel.
Sie seufzte. »Ist ja nicht so, als hätte ich’s nicht versucht. Okay? Abgesehen von allem anderen hätte ich ein Vermögen gewonnen, wenn du befördert worden wärst.«
»Beattie. Die haben Beattie befördert. Der kann ja nicht mal mit einer Rolle Klopapier in seinem eigenen Arsch ermitteln!«
»Ich habe mir bei Bain den Mund fusslig geredet – und Froschgesicht Finnie übrigens auch – aber …« Sie zuckte mit den Achseln.
»Wer hat Gilchrist geschnappt? Wer hat Rory Simpson gefunden? Wer hat die Typen identifiziert, die Simon McLeod geblendet haben? Und was ist mit diesen Amateur-Pornofilmern? Wer hat die erwischt?« Logan hieb regelrecht mit dem Stift auf die Tafel ein und unterstrich das unanständige Wort wieder und wieder. »Was hat Beattie je geleistet? Hm? Was hat er –?«
»Es reicht, okay? Ich hab’s kapiert – Beattie ist eine totale Niete. Geschenkt. Aber du …« Sie wandte sich ab. »Diese ganze Scheiße mit dem Fleischer letztes Jahr, und die Pechsträhne von sieben Monaten, und die ganze Sache mit deiner … Einstellung. «
»Aber Beattie –«
»Du bist ein guter Polizist, Laz, wirklich, aber im Verhältnis zu deinen Geniestreichen baust du ganz schön oft Scheiße. Und Bain …« Sie hielt inne. Runzelte die Stirn. Zog ein Gesicht, als hätte sie sich gerade in die Hose gemacht. »O Gott, wie spät ist es?«
Logan drückte die Kappe heftig auf den Marker. »Lenk nicht ab.«
Steel suchte hektisch nach ihrer Armbanduhr. »Aaaaah!«
Sie schnappte ihre Jacke und sprintete zur Tür, bremste schlitternd auf der Schwelle ab und packte Logan am Ärmel. »Wir müssen zurück zu mir!«
»Was? Aber –«
»Rory Simpson! Was wird Susan sagen, wenn sie nach Hause kommt und ein Pädoschwein im Wohnzimmer findet?«
»Was kann ich denn dafür, dass halb Aberdeen eine Baustelle ist?« Logan folgte Steel über den Gartenpfad zu ihrem Haus.
»Ich hab doch gesagt, du sollst die Sirene einschalten!«
Hoch über ihnen zog ein Flugzeug einen weißen Kondensstreifen wie die Schleimspur einer Schnecke über den blauen Himmel. Von den Nachbargrundstücken kam Rasenmäherlärm und der Duft von frisch geschnittenem Gras. Und von DI Steel kam ein langer Schwall halblaut gemurmelter Obszönitäten, während sie ihre Taschen nach dem Schlüssel durchwühlte.
»Wenn er mit abgerissenen Klöten im Bad liegt, geht das auf deine Kappe, verstanden?«
Sie schloss die Haustür auf und eilte hinein. »Susan? Susan, ich kann alles erklären!«
Durch den Flur, vorbei an Wohn- und Esszimmer, vorbei an der Treppe und am unteren Bad und hinein in die Küche …
Rory Simpson saß mit DI Steels Frau an der Frühstückstheke bei einer Kanne Tee. Sie trug noch ihr Arbeitskostüm, Rory steckte immer noch in seinem gelb-rosa Ensemble und zog anscheinend immer noch seine Tunten-Nummer ab.
Er breitete die Arme aus und rief: »Inspector Steel, meine Liebste , wie schön, Sie wiederzusehen!«
Susan lächelte nur. »Erklären – was denn erklären?«
»Ich … Wir …«
»Ist schon in Ordnung.« Rory zwinkerte ihr zu. »Ich hab ihr alles erzählt.«
»Tatsächlich?«
Susan schüttelte den Kopf und goss Tee in drei frische Becher. »Du immer mit deiner Heimlichtuerei – ich würde doch niemals weitererzählen, dass wir einen Hauptbelastungszeugen in einem großen Londoner Unterweltprozess bei uns aufgenommen haben.«
»Es … London?«
»Ich finde das wirklich sehr mutig von Rory: Es gehört schon was dazu, gegen die Leute auszusagen, die
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