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Blinder Eifer

Blinder Eifer

Titel: Blinder Eifer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Stahlregal mit steinharten Scones und trockenen Brötchen hübsch sym-
    metrisch angeordnet waren, führten ihn nicht in Versuchung. Ach, wenn es an den Autobahnen doch nur Happy Eaters gäbe. Er teilte Sergeant Wiggins' Vorliebe für die hellorangefarbenen Restaurants, das blitzsaubere Ambiente, die fröhlichen Kellnerinnen, die gebackenen Bohnen auf Toast. Er gab seine Tasse ab und verließ die Örtlichkeit eilends.
    Auf dem Weg zur Tür wurde sein Blick von einem Automaten gefesselt. So etwas hatte er noch nie gesehen: Ein Schild teilte ihm mit, daß er hier nach eigenem Entwurf Visitenkarten drucken lassen konnte. Die Anweisungen faszinierten ihn. Zwei verschieden große Formate und ein Dutzend unterschiedlicher Schrifttypen standen zur Auswahl. Wunderbar! Für nur drei Pfund bekam er fünfundzwanzig Karten. Brauchte er nicht Ersatz für die alten, auf denen noch das Familienwappen und seine Titel prangten? Eigentlich nicht. Er benutzte sie ja fast nie. Er lernte ja nur alle zwei Jahre jemand Neuen kennen. (Es sei denn, er fuhr in Städte wie Baltimore, aber die Leute, die er dort getroffen hatte - den Taxifahrer, die Obdachlosen - interessierten sich keinen Deut für Visitenkarten.) Trotzdem wäre es lustig, die eleganten, altmodischen Karten durch neue billige, flapsige zu ersetzen, mit Faxnummer womöglich! Wollte True-blood sich nicht gerade ein Fax anschaffen? Die tiefere Ursache des Vergnügens war, daß Agatha ausflippen würde, wenn sie sah, daß sie nicht mehr mit einem Grafengeschlecht verwandt war, das schwere, cremefarbene Karten mit Kupferdruck auf silberne Tabletts fallen ließ, sondern mit einem jener Taugenichtse, die auf weiße, maschinengedruckte Karten heruntergekommen waren, die so durchsichtig und dünn waren, daß man die Times durch sie lesen konnte.
    Melrose stopfte Münzen in den Schlitz und überlegte, welche Schriftart er nehmen sollte. Als er überdies begriff, daß er auf diese Karten alles, was er wollte, drucken lassen konnte, hatte er einen absolut einmaligen Einfall. Auf die größere paßten sogar bis zu sechs verschiedene Zeilen.
    Er ließ die Finger spielen, stach auf Buchstaben ein und hielt nur einmal kurz inne, um nachzudenken (das Gerät gab einem allerdings wenig Zeit dazu) und zu begreifen, daß er wirklich so viele verschiedene Karten machen lassen konnte, wie er Münzen hatte, um die Maschine zu füttern. Als der erste Versuch allerdings gleich zu seiner vollen Zufriedenheit ausfiel, sammelte er seine fünfundzwanzig Exemplare ein und begab sich zum Parkplatz.
37/II
    Diesmal achtete er darauf, daß er sich nicht ohne ein Blumengebinde in der Hand zu Sergeant Wiggins' Krankenlager aufmachte. Wenn auch sein Arrangement nicht direkt aus Blumen bestand. Die große flache Keramikschale enthielt eine Auswahl an Kräutern sowie ein, zwei häßliche wurzelähnliche Gebilde, für die er schon unglaubliche Heilkräfte ersonnen hatte.
    Das würde der Sergeant zu schätzen wissen. Tat er prompt: »Das entschädigt mich dafür, daß ich meine eigenen Medikamente hier nicht nehmen darf.« Sergeant Wiggins wähnte sich immer gern in dem Glauben, daß seine eigenen Gläschen und Flaschen Medizin enthielten, die freudestrahlende Ärzte für ihn und nur für ihn ersannen und die für gewöhnliche (leidende) Sterbliche zu teuer und exotisch war. Er inspizierte die Kräuterschale, seufzte zufrieden und fragte Melrose nach einem Kraut, das er noch nie gesehen hatte.
    Auch Melrose hatte sie samt und sonders noch nie gesehen. Das fragliche stachelige Gewächs nun hielt er für eine Kaktusart oder einfach nur für abgestorben. Doch dann erinnerte er sich an etwas, das er in einem Sportmagazin gelesen hatte, wahrscheinlich in The Field, und antwortete im Brustton der Überzeugung: »Große oder gewöhnliche Klette. Wirkt Wunder als Nierenreinigungstee.« Ja, das hatte er irgendwo gelesen, denn er erinnerte sich, wie seltsam er es gefunden hatte, daß Sportsfreunde Wert darauf legten, ihre Nieren zu reinigen.
    »Ach, wirklich? Das habe ich auch schon einmal gehört«, sagte Wiggins. »Hab es aber noch nie probiert.«
    Melrose zog einen Stuhl heran und machte es sich gemütlich (soweit das in einem Krankenhaus möglich war). Er bemerkte das Lesezeichen in Alibi für einen König. Wiggins hatte es fast zu Ende gelesen. »Sie verdienen es aber auch, Sergeant Wiggins, nachdem Sie sich so viele Gedanken über den Fall gemacht haben. Ich bin jedenfalls mit meinem Latein am Ende.«
    Wiggins nahm das

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